0985 - Luzifers Gesandte
überraschen will.
Die Küche war leer.
Keine Frau stand mehr am Herd und bereitete das Abendessen zu, wie er es gesehen hatte. Sie mußte die Küche aus irgendwelchen Gründen verlassen haben. Konnte sie mißtrauisch geworden sein? Wenn ja, wie hatte sie dann reagiert? War es ihr gelungen, ein Versteck im Haus zu finden?
Der Eindringling mußte davon ausgehen. Möglicherweise hatte sie auch mit angesehen, was im Vorgarten geschehen war, und sie hatte versucht, aus dem Haus zu fliehen. Durch den Eingang im Garten, dann weg, vielleicht über die Felder oder hin zu einem Nachbarn.
Die von einem Lederhandschuh verhüllte Hand der Gestalt öffnete die Schiebetür, nachdem der Mann die Küche betreten hatte. So erhielt er einen freien Blick in den Wohnraum. Das Zimmer war leer.
Auch die Tür zum Garten war geschlossen. Hier hatte die Frau keinen Fluchtversuch unternommen. Die Flasche mit dem Bier und ein leeres Glas standen noch auf dem Tisch. Da hatte Pernell gesessen und getrunken.
Mit raschen Schritten durchmaß der Eindringling das Zimmer. Erst im Flur blieb er stehen. Eine Treppe führte hoch. Das Licht verteilte sich schwammig in der Umgebung.
Der Unhold überlegte, wohin er sich wenden sollte, als ihm die Entscheidung abgenommen wurde, denn aus der ersten Etage hörte er die schnellen Schritte.
Jemand kam die Treppe herunter.
Plötzlich geriet wieder Bewegung in die Gestalt. Sie zog sich blitzschnell in die Deckung der Dunkelheit zurück und wartete auf das Erscheinen der Frau.
Lisa Pernell ahnte nichts. Sie hatte nach den Kindern geschaut und wollte sich jetzt um das Essen kümmern. Ihr Mann hatte Hunger, auch sie brauchte einen Sattmacher, und sie wollte Ralph noch bitten, eine Flasche Wein auszusuchen.
»He, bist du wieder da, Ralph?«
Lisa erhielt keine Antwort, obgleich sie laut genug gesprochen hatte. Sie fühlte sich etwas irritiert, ging zwar noch weiter, stoppte aber auf der zweitletzten Stufe.
»Ralph?«
Schweigen.
Lisa fühlte sich unwohl. Sie merkte die Kälte, die von ihr Besitz ergriff. Es war das Gefühl der Angst und zugleich das Wissen, das sich in ihrer Umgebung etwas verändert hatte, obwohl es äußerlich nicht sichtbar für sie war.
Da lauerte was.
Sie schluckte.
Dann überwand Lisa ihre eigene Sperre und ließ die letzten beiden Stufen hinter sich. Jetzt stand sie im Flur. Links von ihr befand sich der Eingangsbereich.
Lisa stellte fest, daß die Haustür nicht ins Schloß gefallen war. So hatte sie auch vor ihrem Hochgehen in die erste Etage spaltbreit offengestanden. Demnach hielt sich Ralph noch vor dem Haus auf.
Warum? Was trieb er da? Jagte er den Unbekannten - den Schatten, der ihr aufgefallen war?
Die Erinnerung daran beschleunigte Lisas Herzschlag. Plötzlich war die Angst übermächtig. Eine gewaltige Klette, die sich an ihr festgeklammert hatte. In ihrem eigenen Haus fühlte sie sich nicht mehr sicher. Es war für sie zu einer Falle geworden.
Lisa wußte nicht, was sie tun sollte. Sie stand im Flur und traute sich auch nicht, nach draußen zu gehen. Auch den Weg nach oben schlug sie nicht ein.
Es war für sie furchtbar. Sie steckte in der Klemme. Etwas hatte sich verändert, obwohl sie nichts sah. Sie spürte das Fremde, das in ihr Haus eingedrungen war, und sie merkte zugleich, wie eine ängstliche Starre sie überkam.
Dann sah sie den Unheimlichen!
Nur kurz hatte Lisa den Kopf zu anderen Seite gedreht. Zum Licht hin geschaut. Hinter dem Schein löste sich dieser verfluchte Schatten, als hätte er zuvor mit der Wand eine Einheit gebildet.
Er kam, er war ein Riese. Er hatte kein Gesicht. Sein Kopf bestand aus einer Kugel, die an der Vorderseite glänzte, ansonsten pechschwarz war.
Lisa dachte an einen Außerirdischen, der in ihr Haus eingedrungen war.
Aber wie wußte im selben Augenblick, daß es nicht stimmte, denn die Besucher aus dem All waren sicherlich nicht mit einfachen Schußwaffen ausgerüstet. Und dieser hier trug einen Revolver, auf dessen Mündung ein Schalldämpfer aufgeschraubt war.
Das war verdammt irdisch, Lisa kannte sich da aus, sie war ja die Frau eines Polizisten.
Der Arm, die Hand und auch der Revolver wurden angehoben, und die Mündung wies auf Lisas Stirn. Sie war ein kleines, böses Auge, das jeden Moment den Tod ausspucken konnte.
Lisa bewegte sich nicht. Sie wartete auf Befehle, die in den nächsten Sekunden nicht erfolgten. Die Person schaute Lisa nur an, und sie war nicht in der Lage, das Gesicht zu erkennen. Hinter dem
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