0985 - Luzifers Gesandte
Ich bin ja erst durch Lisa Pernells Tod mit euch in Verbindung geraten. Ich weiß auch nicht, warum dies geschehen ist, aber sie mußt irgend etwas mit diesem Fall zu tun gehabt haben, sonst wäre ich ja nicht aufmerksam geworden.«
»Kann es eine Botschaft aus dem Jenseits gewesen sein?«
»Nein. Nicht aus dem Jenseits, wie wir es kennen. Es war etwas anderes, das müßt ihr mir glauben.«
»Sie?« fragte ich. »Die Herrin des Feuers?«
»Ja.«
Wir waren ziemlich ratlos. Was wir jetzt auch taten, wir mußten einfach das Gefühl haben, etwas Falsches zu tun. Auch Barry war noch nicht in Ordnung. Er ging im Zimmer auf und ab. Hin und wieder rieb er über seine Hände, wie wir es nicht von ihm gewohnt waren. Dann stöhnte er leise auf. Ein Mensch, der unter Schmerzen litt, gab diese Laute von sich. Im nächsten Augenblick verhielt er sich wieder anders. Neben dem kleinen Kleiderschrank mit der etwas schief hängenden Tür stellte er sich hin und lehnte sich an die Wand.
Dabei atmete er schwer und keuchend. Er wirkte wie ein Mensch, der unter einer irrsinnigen Furcht litt. Sein Mund zitterte, die Augen waren weit aufgerissen.
»Es kommt zurück!« keuchte er. »Verdammt, es kommt zurück.«
»Was?« rief ich.
Barry F. Bracht hatte die Augen verdreht. »Die Hitze. Ich spüre sie genau…«
»Das Feuer?« rief ich.
»Ja!« brüllte er und riß zugleich die Schultern hoch. Er stand noch immer an der Wand, aber er wirkte plötzlich wie ein kleines Kind, das jemand in die Ecke gedrückt hat, um es mit seiner Angst allein zu lassen. »Feuer«, hauchte er. »Sie hat es geschickt. Ich spüre es. Sie will mich nicht. Sie haßt mich. Sie will mich töten!«
Ich ging schnell auf ihn zu, hatte ihn aber noch nicht erreicht, als das leider wahr wurde, von dem Barry gesprochen hatte. Auf seinen Handflächen, den Armen, den Beinen, auf der Kleidung tanzten plötzlich kleine Feuerzungen. Sie hüllten Barry wie einen Vorhang ein, der ihn verbrennen sollte…
***
Der Raum war groß und hoch. Der Boden bestand aus rotbraunen Fliesen, und die Wände sahen so glatt aus, als bestünden sie aus grauen Eis.
Es gab kein Möbelstück in diesem Raum, und durch die verhältnismäßig kleinen Fenster drang nur wenig Licht.
Aber der Raum war nicht leer.
Eine Frau bewohnte ihn.
Sie hockte auf einem hohen »Stuhl«, der aus Steinen bestand und einfach deplaziert war. Ein Denkmal irt der Raummitte, das die Frau ganz ausfüllte.
Sie trug Lederkleidung, die nur mehr aus Fetzen bestand. Das Gesicht zeigte einen katzenhaften Ausdruck. Die Augen der Frau waren zu Schlitzen verengt, aber auch sie konnten den bösen Blick nicht mildern.
In den Pupillen lag die Kälte der Arktis, kein Funke Gefühl, glatt und wie scharf geschliffen. Lange, schmale und dennoch kräftige Hände umfaßten die Lehnen des Stuhls, als könnten sie der Person den letzten Halt geben.
Haß - sie spürte ihn. Er steckte in ihr. Sie merkte, wie er anfing zu kochen, denn das Ziel ihres Haßausbruchs hatte sie sehr genau aufgespürt.
Es befand sich nicht weit entfernt. Es war näher an sie herangekommen, und die Frau spürte, wie er zu einer Gefahr wurde. Das Ziel hatte sie schon einmal kontaktiert, doch da war es ihr nicht möglich gewesen, es zu töten.
Jetzt spürte sie es wieder.
Härter und schärfer als zuvor.
Sie blieb auf ihrem Stuhl sitzen. In ihrem Innern kochte es. Die Person wußte, wer sie war. Sie entstammte einer Zeit, über die man nicht einmal sprach, und man hatte ihr nicht umsonst die Fähigkeit des Feuers mitgegeben.
Sie kannte nicht seinen Namen, aber die Nähe gefiel ihr immer weniger.
Er war auch nicht allein gekommen, es befand sich noch jemand in seiner Nähe, der störend wirkte, aber zunächst war dieser Mann wichtiger. Er sollte sie nicht finden. Er sollte ihr nicht gegenüberstehen, sie brauchte Zeit. Sie würde für weitere Untaten sorgen, doch dazu brauchte sie freie Bahn und keine Störung.
Die sitzende Frau schloß die Augen. Sie blieb jetzt allein und rief keine Helfer. Sie mußte den Kampf mit der anderen Person über eine gewisse Distanz austragen und den Menschen vernichten, bevor er ihr zu nahe trat.
In ihrem Gesicht arbeitete es. Die Haut zuckte. Sie zog sich immer straffer.
Je mehr sie sich der Stirn näherte, um so dünner wurde sie, und plötzlich erschienen die ersten Falten.
Nein, Risse!
Dann platzte die Haut weg. Genau auf der breiten Stirn sah es aus, als wäre ein breites Gummiband gerissen.
Aus dem Loch, das
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