0988 - Die Magnetfrau
daran erinnert, ich hätte sie tatsächlich mit zu Sir James genommen.
So drückte ich sie Glenda in die Hand und flüsterte: »Du weißt wirklich nicht, um was es geht?«
»Nein, mein Lieber.«
»Schade.«
»Laß dich doch überraschen. Männer lieben Überraschungen, habe ich mir sagen lassen.«
»Nur manchmal, aber auch nur dann, wenn sie weiblich sind.«
»Wie Jane Collins, nicht?«
»Ja, wie sie!« bestätigte ich.
Glenda warf mir noch einen funkelnden Abschiedsblick zu, dann war ich entlassen.
Suko wartete im Flur auf mich. Er stand nahe des Getränkeautomaten und schaute ihn wie hypnotisierend an.
Er tat ihm trotzdem nicht den Gefallen, eines der Getränke auszuspeien.
Wenig später betraten wir das Büro unseres Chefs. Kaum hatte ich einen Schritt in das Zimmer gesetzt, schaute ich mir Sir James sehr genau an.
Ich wollte an seinem Gesichtsausdruck herausfinden, welche Probleme ihn bedrückten. Wir kannten uns lange genug. Wenn es irgendwelchen Ärger schon im Vorfeld gab, dann war das unserem Chef auch anzusehen. An diesem Morgen allerdings wirkte er nur ein wenig nachdenklich, ansonsten bot er uns mit aufgeräumt klingender Stimme zwei Plätze an, und wir setzten uns hin.
»Über den Urlaub, John, brauchen wir ja nicht zu sprechen, den haben Sie ja genossen.«
»Ich hatte ihn mir auch verdient. Außerdem waren es gerade mal drei freie Tage.«
»Niemand beschwert sich.«
Suko grinste, weil er wußte, daß sich Glenda indirekt beschwert hatte, aber darüber sprachen wir nicht. Statt dessen kehrte Sir James auf den Boden der Tatsachen zurück. Das hieß, daß er sich den neuen Fall betrachten wollte.
»Ich weiß nicht, was ich von diesen Dingen halten soll, von denen ich erfahren habe, das mehr inoffiziell, aber dieser Informant ist schon glaubwürdig. Ein Neurologe namens Dr. Gordon, eine Kapazität, hoch angesehen und wirklich kein Spinner. Das mal zur Einleitung.«
»Und weiter?« fragte ich.
Sir James runzelte die Stirn. »Ich habe Ihnen zwar von Dr. Gordon berichtet, aber um ihn geht es nicht primär. Er hatte Probleme mit einer Patientin. Sie heißt Celia Wayne, ist eine sehr junge Frau um die Zwanzig, glaube ich, und sie, die aussieht wie ein Mensch und auch einer ist, ist in Wirklichkeit jedoch ein Phänomen. Sie ist eine magnetische Frau.«
Wir sagten nichts und schauten uns nur an.
»Noch mal, Sir«, murmelte Suko.
»Sie ist ein menschlicher Magnet. Ich habe sie selbst nicht gesehen und sie mir von Dr. Gordon beschreiben lassen. Aber wenn sie vor Ihnen steht, werden Sie eine hübsche junge Frau sehen und bestimmt nicht an ihre besonderen Fähigkeiten denken.«
»Was bedeutet das genau, Sir?«
Der Superintendent schaute mich an. »Das bedeutet, daß sie in der Lage ist, Metallgegenstände an sich zu ziehen. Zwar nicht immer, aber in ihren bestimmten Phasen.«
Jetzt wußten wir die Lösung, konnten aber nicht zufrieden sein. Suko fragte leise: »Wie äußert sich das denn im einzelnen?«
»Das ist ganz einfach. Wenn Sie einen Nagel oder ein Stück Metall in die Luft werfen und sich Celia Wayne in der Nähe befindet, so wird dieses Metallstück von ihr angezogen. Es rast praktisch auf ihren Körper zu und klebt daran fest. Wie ich Ihnen schon sagte, sie ist ein Magnet.«
»Verletzt sie sich dabei?«
»Nein, John. Zumindest ist mir darüber nichts gesagt worden. Es hat keine Verletzungen gegeben. Sie hat nicht geblutet. Ihr Gesicht sieht normal aus. Da muß ich dem Neurologen schon glauben. Und ich glaube ihm auch, daß er vor einem Rätsel steht. Als er mir im Club darüber berichtete, da stand er noch unter einem leichten Schock, jedenfalls hat er so etwas in seiner gesamten Tätigkeit als Arzt noch nicht erlebt.«
Suko wollte wissen, ob er sich über die Gründe Gedanken gemacht hatte.
»Bestimmt, nur war er mit seinem Wissen am Ende. Er hat diese junge Frau eben für ein Phänomen gehalten, das ist alles.«
»Und wir sollen uns diese junge Dame anschauen.«
»Sicher, John.«
»Was ist Ihnen denn bekannt, Sir?«
Der Superintendent hob die Schultern. »Sehr viel ist es nicht, da bin ich ehrlich.« Er schlug einen flachen Schnellhefter auf und las vor. Wir hörten zu und erfuhren, wo sie lebte, wie die Eltern hießen, aber es waren nicht ihre leiblichen Eltern, denn die Familie Wayne hatte Celia im Alter von zwei Jahren adoptiert, und dieses letzte Wort wiederholte Sir James noch einmal.
»Hat das Phänomen etwas mit dieser Adoption zu tun?« hakte ich sofort
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