0988 - Die Magnetfrau
er die Stirn, trank anschließend Kaffee und schüttelte den Kopf.
»Heißt das nein?« fragte ich. Der Neurologe hob die Schultern. »Nicht direkt, würde ich sagen. Aber Sie müssen an die schon wahnsinnige Verantwortung denken, die mein Kollege und ich damit auf uns nehmen. Eine Tiefenhypnose und gleichzeitige Rückführung ist nicht so einfach. Man muß einen Menschen darauf vorbereiten. Es bedarf bestimmter Voruntersuchungen. Das wird Ihnen auch mein Kollege bestätigen.«
»Wir haben es hier mit einem Notfall zu tun, Doktor!«
Und Suko stach in dieselbe Wunde. »Celia Wayne hat sich bereits zu sehr verändert. Sie ist zu einem menschlichen Magneten geworden. Oder würden Sie ihr raten, daß sie ihr ganzes Leben lang in diesem Zustand verbringt?«
»Das wäre nicht zu wünschen.«
»Eben. Deshalb müssen wir etwas tun. Fragen Sie Ihren Kollegen, oder sollen wir uns darum kümmern? Ich habe volle Rückendeckung beim Yard. Dieser Fall hat, so wie ich das betrachte, Vorrang. Wir müssen unbedingt herausfinden, welcher Grund hinter der Veränderung steckt.«
Der Neurologe überlegte. Dem Gesichtsausdruck war zu entnehmen, daß er sich einer gewissen Kompromißbereitschaft näherte. Er fragte: »Wann hatten Sie sich das Experiment denn vorgestellt?«
»So rasch wie möglich.«
»Heute noch?«
Ich nickte.
Dr. Gordon seufzte. »Ich möchte Sie nur noch einmal an die Vorbereitungen erinnern, die nötig sind.«
»Vergessen Sie die, Doktor. Celia hat schon genug gelitten. Es muß jetzt wirklich so rasch wie möglich eine Lösung gefunden werden. Schlimmer kann es kaum kommen. Diese junge Frau kann doch nicht bis zum Lebensende mit diesen extremen Fähigkeiten umherlaufen. Das ist schon unmenschlich, Mr. Gordon.«
»Ja, da haben Sie recht. Man kann auch etwas zerstören.«
»Die Chancen einer Heilung und der damit verbundenen Aufklärung schätze ich für höher ein.«
Dr. Gordon atmete tief aus. »Wie Sie wünschen, Gentlemen. Ich werde mich mit einem Kollegen in Verbindung setzen und hoffe, daß wir am späten Nachmittag oder frühen Abend dann zu einer Lösung kommen werden. Am besten natürlich hier.«
»Das hört sich gut an«, sagte Suko. »Sie können uns im Büro erreichen, wo wir auf Ihre Nachricht warten.« Suko gab ihm eine Karte, die der Neurologe auf seinen Schreibtisch legte.
Er stand auf und begleitete uns zur Tür. Auf dem Weg dorthin schärfte ihm Suko noch einmal ein, auf die junge Frau gut achtzugeben. »Wir möchten nämlich nicht, daß noch etwas passiert.«
»Was sollte denn geschehen? Celia ist bei mir sicher.« Dr. Gordon öffnete uns die Tür.
»Manchmal kommt es eben knüppeldick.«
»Ach, hören Sie auf. Sie ist bei mir sicher, und sie ist auch nicht mein erster Patient, den ich unter Beobachtung halte. Ich rufe Sie dann an, meine Herren.«
Die Hände reichten wir uns nicht, als wir Dr. Gordon stehenließen. Er war ziemlich pikiert gewesen und hatte uns dies auch zu verstehen gegeben. Freunde würden wir nicht werden. Wahrscheinlich würde er noch Nachforschungen starten, um sich selbst den Rücken freizuhalten.
Im Wagen erst sprachen wir. Ich saß hinter dem Steuer und trommelte auf das Lenkrad.
»Was hast du?« fragte Suko.
»Eine große Hilfe war dieser Neurologe nicht gerade.«
»Was willst du machen? Er traut uns nicht. Er traut nur seiner Kunst.«
»Möglich.« Ich warf noch einen Blick auf die Fassade des alten Hauses.
Ich sah das Mauerwerk, die Fenster, das Dach und dachte daran, daß sich hinter dieser Fassade ein Mensch aufhielt, der zu einem Magneten geworden war.
Für mich stellte Celia Wayne durchaus eine Gefahr dar. Nicht nur für andere, auch für sich selbst. Deshalb mußten wir letztendlich andere Menschen vor ihr schützen und sie auch vor sich selbst.
Sukos Frage unterbrach meine Gedanken. Da befanden wir uns schon auf dem Weg zurück. »Bist du jetzt besser darüber informiert, wie es möglich ist, daß ein Mensch zu einem Magneten wurde?«
»Nein.«
»Ich auch nicht.«
»Ich hoffe nur auf die Hypnose. Irgend etwas ist dieser Frau als Kleinkind widerfahren, und zwar vor der Adoption.«
»Bist du denn sicher, John?«
Ich hob nur die Schultern. Sicher war ich nicht. Aber irgendwo mußten wir ja anfangen. Am liebsten hätte ich Celia die Zeit über nicht aus den Augen gelassen, das wäre bei Dr. Gordon wohl auf keine Gegenliebe gestoßen. So mußten wir darauf warten, daß er auch mit seinem Kollegen zurechtkam und ihn von einer Hypnose
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