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099 - Das Hochhaus der Vampire

099 - Das Hochhaus der Vampire

Titel: 099 - Das Hochhaus der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas B. Davies
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sagte er. Als sie das Zimmer verlassen hatte, kam er auf Jerry zu und sah ihm in die Augen. Er prüfte den Puls, tastete über seine Stirn und prüfte die Reflexe der Pupillen.
    „Seltsam“, murmelte er.
    „Was ist denn, Doktor?“ fragte Jerry.
    Zögernd nahm der Arzt den breiten Papierstreifen zur Hand.
    „Irgend etwas ist mit der Maschine nicht in Ordnung“, sagte er. „Sehen Sie selbst!“
    Die mäßig gezackten Linien zeigten an einem bestimmten Punkt starke, fast wilde Ausschläge. Zugleich schien der Apparat seine Geschwindigkeit verändert zu haben, auf dem Papier waren Dreiecke entstanden und schräg verlaufende Linien.
    Jerry griff wie unter Zwang nach dem Papier. Er sah seine Hände den Streifen zusammenfalten, die Kanten aneinanderlegen, und plötzlich entstand aus den wirren Linien eine Figur. Jerry und der Arzt starrten gleichermaßen fassungslos darauf, dann sahen sie sich sprachlos an.
    „Was haben Sie da gemacht?“
    „Ich kann es nicht sagen, mir war so, als müßte ich das tun. Es ergibt eine Zeichnung, nicht wahr?“
    „Ein Zeichen“, nickte er Arzt. „Einen Drudenfuß!“
    „Drudenfuß? Ist das etwas aus der Hexerei?“
    Der Arzt nickte stumm. Sie konnten den Blick nicht von der gezackten, jetzt in sich geschlossenen Linie lösen.
    „Aber das ist technisch unmöglich!“ rief der Arzt aus. Jerry stimmte ihm zu.
    „Vollkommen unmöglich. Man könnte einen Computer darauf programmieren, so ein Ding zu zeichnen, aber nicht dieses simple Schreibgerät.“
    Der Arzt ging zu einem Wandschrank, holte schweigend zwei Gläser und eine Flasche Cognac und schenkte sie voll.
    Sie tranken ohne ein Wort. Sinnend hielt der Arzt sein Glas in der Hand, dann setzte er es hart auf die Glasplatte des Tisches.
    „Lassen wir für einen Moment das Verhältnis Arzt und Patient beiseite“, schlug er leise und vorsichtig vor. „Ich bin Mediziner. Sie wissen einiges aus der Physik. Was ist hier geschehen?“
    „Wenn wir uns nicht beide täuschen, dürfte das so etwas wie der Bankrott unserer Wissenschaften sein“, sagte Jerry bitter. „Sie haben einen Patienten vor sich, der anscheinend übernatürlich reagiert, und ich stehe vor einem Apparat, der technisch Unmögliches vollbringt. Vielleicht sollten wir besser einen Theologen befragen.“
    „Der würde behaupten, daß Sie besessen sind und der Teufel in meinen Enzephalographen gefahren ist. Das bringt uns nicht viel weiter. Eine Frage der Definition, nicht mehr.“
    „Gewiß. Näherliegend scheint mir das Problem, was wir jetzt tun.“
    „Allerdings. Ich bin einigermaßen ratlos, offengestanden. Was für einen Untersuchungsbefund soll ich der Schwester diktieren?“
    Er goß die Gläser noch einmal voll.
    „Wissen Sie, daß mich das hier vermutlich bis ans Ende meiner wissenschaftlichen Laufbahn beschäftigen wird?“
    Sie tranken.
    „Und wie stellen Sie sich meine Existenz als Physiker vor?“ fragte Jerry zurück.
    „Vielleicht müssen wir Zeitgewinnen.“
    „Wird das beste sein. Schreiben Sie einfach, daß der Apparat defekt wurde und die Untersuchung abgebrochen werden mußte.“
    Der Arzt blickte Jerry wie ein Verschwörer an.
    „Und was mache ich mit Ihnen? Klinisch sind Sie gesund. Aber ich muß Sie wenigstens drei Tage unter Beobachtung halten, das ist üblich.“
    „Dann bleibe ich eben noch die drei Tage bei Ihnen“, sagte Jerry. „Möglicherweise haben wir ja auch noch einiges zu bereden.“
    „Das fürchte ich auch“, nickte der Arzt.
     

     
    Sie waren mit dem Lift hinaufgefahren, und Davidson hatte sich Jerrys Zimmer angesehen.
    „Auf den ersten Blick sieht es ganz normal aus, nicht wahr?“ sagte Ann.
    Davidson stimmte ihr zu.
    „Auf den ersten Blick, ja. Ich möchte gern einen Bauplan dieses Hauses haben, denn ich bin sicher, daß die Pentagramm-Struktur im Innern wiederkehrt. Wer das hier geplant hat, wußte sehr viel, glaube ich. Aber kümmern wir uns zunächst um die Nachbarin. Mrs. Kant heißt sie, nicht wahr?“
    „Mrs. Hilda Kant. Sie wohnt nebenan.“
    „Dann hat sie wohl auch einen Anschluß an den gleichen Luftschacht.“
    „Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ist sie in Gefahr?“
    Davidson lachte.
    „Zumindest gestern nacht war sie es nicht. Der Vampir, wenn es einer war, hat sich da lieber an ein junges, hübsches Mädchen gehalten, als an die alte Frau.“
    Er musterte sie wohlgefällig. „Aber das wollen wir bald herausfinden.“
    „Ob sie eine Hexe ist?“
    „Im landläufigen Sprachgebrauch, ja.

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