Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
099 - Das Hochhaus der Vampire

099 - Das Hochhaus der Vampire

Titel: 099 - Das Hochhaus der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas B. Davies
Vom Netzwerk:
Enzephalographen zustande? Eigentlich war das noch das einzige Phänomen, das er nicht erklären konnte.
    Verwundert bemerkte er, daß es im Zimmer schon dämmerig wurde. Es war noch früher Nachmittag, und den kalten Winterhimmel hatte den ganzen Tag über kein Wölkchen getrübt. Er reckte sich, um aus dem Fenster zu sehen. Draußen war alles bleiern grau, als wären die Farben plötzlich verblaßt. Eine innere Unruhe packte ihn.
    Er wollte schon zur Klingel greifen, um die Schwester herbeizurufen, als die Dunkelheit auf einmal noch schneller zunahm. Schon konnte er nichts mehr in den Ecken des Zimmers erkennen. Er rieb sich die Augen. Auf dem Nachttisch lagen Streichhölzer. Er mußte eines entzünden, um zu sehen, ob er nicht vielleicht plötzlich erblindet war.
    Das Hölzchen sprühte Funken und flammte auf. Aber die Flamme stand still und bläulich mit gelbem Rand in der Finsternis und warf nicht den mindesten Lichtschein. Erstarrt hielt er es zwischen den Fingern, bis es ihm die Haut versengte. Dann blies er es automatisch aus und ließ es kopfschüttelnd zu Boden fallen. Was konnte das bedeuten?
    Draußen auf dem Flur hörte er einen erstickten Laut und dann einen schweren Fall. Im Haus, aber weiter entfernt, rief eine Frauenstimme um Hilfe.
    Die Tür zu seinem Zimmer wurde aufgestoßen. Ein eiskalter Luftzug fuhr herein, aber sehen konnte Jerry nichts. Er rückte eng an die Wand. Fast körperlich spürte er die Gefahr auf sich zukommen. Hände griffen nach ihm. Er wollte sich in die Decke rollen, aber sie wurde ihm fortgezogen. Man packte seine Arme und Beine, eine Faust faßte ihn bei den Haaren und zog ihn schmerzhaft hoch.
    Dann fühlte er sich auf den Boden geworfen und herumgedreht. Die Arme wurden ihm eng an den Körper gepreßt, und mit einemmal wußte er, daß sie ihn in einen Teppich wickelten. Schreien konnte er nicht, denn der Atem wurde ihm knapp.
    Der Teppich stank bestialisch nach den Ausdünstungen eines unbekannten Tieres.
    Er wurde hochgehoben. Alles geschah in tiefster Dunkelheit. Auch als man ihn in den Flur hinaustrug, traf kein Lichtstrahl seine Augen. Das Unerklärliche machte ihm Angst, Jerry zitterte in der engen Umschnürung und konnte nichts dagegen tun.
    Eine Wagentür knarrte. Er fiel auf harten Boden. Die Tür knallte hinter ihm zu, und dann fuhr der Wagen mit einem Ruck an.
    Plötzlich war es hinter den Milchglasscheiben wieder taghell. Er sah sich um und fand sich in einem Ambulanzwagen, der mit rascher Fahrt anscheinend stadteinwärts raste.
    Mit aller Kraft seines Glaubens konzentrierte er sich auf das Bild Davidsons, des alten Mannes. Er wußte nicht, warum er gerade an ihn denken mußte. Von Minute zu Minute erwartete er, seine Nähe zu spüren, aber das Gefühl stellte sich nicht ein. In den Kurven wurde er herum geworfen, vielleicht störte das seine Bemühungen.
    Dann gab er es auf. Erschöpft rollte er sich herum und stemmte die Füße gegen die Seitenwand, damit er die gröbsten Stöße abfangen konnte. Er wußte nicht, wie lange die Fahrt noch dauern würde.
     

     
    „Die lieben Kleinen sind schon zu hören“, bemerkte Davidson, als sie in den Flur einbogen. Tatsächlich hörte man das fröhliche Lärmen von Kindern aus den offenen Türen am Ende des langen Ganges. An den Wänden hingen bunte Bilder, die sie gemalt hatten, es waren immer die Wohntürme von Woodcroft Mansions.
    „Erkennen Sie, ob ein Kind normal ist?“ fragte Ann. „Ich meine nicht im medizinischen Sinn, sondern…“
    „Ob es nachts als kleiner Vampir durch die Schächte steigt?“ ergänzte Davidson. „Nicht ohne weiteres. Sie sind gewiß auch schon auf der Straße einem Vampir begegnet, ohne ihn zu erkennen. Daß er mit vorstehenden Eckzähnen herumläuft, ist genau so ein Unsinn wie die landläufige Ansicht, daß ein Alkoholiker verwahrlost umher torkelt.“
    „Aber wie wollen Sie diese Kinder entdecken?“
    „Sie haben gewisse Empfindlichkeiten. Vielleicht gelingt es mir, sie zu erregen.“
    Sie waren in einem Vorraum angekommen, in dem eine junge Frau an einem Tisch saß und eine Liste ausfüllte. Sie grüßte freundlich.
    „Ich bin Dr. Davidson“, sagte der alte Wissenschaftler und ließ dabei wohlweislich offen, ob sich das auf einen medizinischen Doktortitel bezog. „Dies ist meine Assistentin, Miß Marley. Dieser Kindergarten ist uns als vorbildlich in vielerlei Hinsicht geschildert worden, und wir hätten ihn gern einmal kennengelernt.“
    Die junge Frau stand auf.
    „Ich bin

Weitere Kostenlose Bücher