099 - Im Reich der Satansaffen
dieser schon stolze zwei Meter maß. In der Dunkelheit war die Größe der Gestalt schlecht abzuschätzen. Yul oder nicht Yul, das ist hier die Frage, dachte ich, während mein Herz einige Takte schneller klopfte. Der andere kam näher, und meine Waffe wies auf eine breite Brust, doch im nächsten Moment erkannte ich Mr. Silver, ließ die Kanone sinken und entspannte mich. Auf meiner Stirn glänzten ein paar Schweißtropfen mehr. Ich wischte sie weg und wandte mich der Tür zu, durch die der Ex-Dämon gleich kommen mußte.
Mr. Silver trat ein.
Cruv musterte ihn neugierig. »Nun?«
Der Hüne hob die Schultern. »Weder Yul noch Professor Kull. Du kannst das Knieschlottern abstellen.«
Cruv setzte sich auf eine roh gezimmerte Holzbank. Ich ließ meinen Colt Diamondback verschwinden. Wir befanden uns nicht länger in Alarmbereitschaft.
Wieder klang das Lachen der Hyäne auf – und diesmal war es ganz nahe. Cruv sprang auf. »Jetzt verjage ich das lästige Vieh aber!«
Er wollte an Mr. Silver vorbei aus der Hütte stürmen, da trieb die Hyäne die Frechheit auf die Spitze, indem sie in der Tür erschien. Irgend etwas konnte mit dem Tier nicht stimmen. Normalerweise waren Hyänen nicht so mutig.
»Das Biest muß die Tollwut haben!« stieß Cruv entrüstet hervor. Er drehte seinen Stock um und wollte mit dem schweren Silberknauf zuschlagen.
»Oder es ist besessen!« rief Mr. Silver, packte den Gnom und riß ihn sicherheitshalber hinter sich.
Und im selben Moment passierte es!
Eine unirdische Kraft zerriß den Schädel der Hyäne. Rotes Feuer schoß aus einer faustgroßen Öffnung. Innerhalb von Sekundenbruchteilen stand das ganze Tier in Flammen. Es raste durch die Bambushütte, stieß sich vom Boden ab, flog knapp an mir vorbei und prallte gegen die Hüttenwand.
Und verging im gleichen Augenblick. Die Hyäne war von einer dämonischen Kraft geschaffen worden, um die Hütte, in der wir uns befanden, in Brand zu setzen.
Als der brennende Körper gegen die Wand prallte, verwandelte er sich in eine Feuerkugel, die sich nach allen Seiten ausbreitete. Die Feuerlohe explodierte förmlich. Ehe wir richtig begreifen konnten, was passierte, waren wir von diesem sengenden Höllenfeuer umgeben.
Gefahr für Boram! schoß es mir durch den Kopf.
Natürlich war das Feuer auch für uns gefährlich, aber nicht so sehr wie für den weißen Vampir, der nur aus grauem Dampf bestand. Die Hitze konnte ihn zum Verdampfen bringen, konnte ihn auflösen. Hitze konnte er nicht vertragen. Er hatte nur diesen einen wunden Punkt.
»Tu was für Boram, Silver!« schrie ich dem Ex-Dämon zu.
»Unmöglich«, gab der Hüne zurück. »Boram!« brüllte er. »Bring dich in Sicherheit!«
Das war bestimmt leichter gebrüllt als getan.
Ringsherum prasselte das Höllenfeuer. Es verschlang die Bambushütte. Die Hitze war entsetzlich, und die Flammen fraßen uns den Sauerstoff weg, den wir zum Atmen brauchten.
Cruv hustete. Im Schein des Feuers schien sein Gesicht rot zu glühen. Ich griff nach seinem Arm. Wo die Tür war, konnte ich nicht mehr sehen, aber wenn kein Zauber sie geschlossen hatte, wußte ich, wo sie sich befand.
Die Hütte knackte und krachte. Sie würde in Kürze zusammenbrechen. Mr. Silver versuchte, dem Brand mit seiner Silbermagie beizukommen. Ich nahm aus den Augenwinkeln wahr, wie sich Borams Gestalt ausdehnte. Ja, das war die einzige Chance, die er hatte. Das Dach war nicht vollkommen dicht. Wenn Borams Gestalt sich ausdehnte, konnte sie durch die dünnsten Ritzen entweichen. Ich hoffte, daß der Nessel-Vampir es schaffte. Doch ausgedehnt bot Boram der Hitze auch eine größere Angriffsfläche, das war der Haken.
Ich stürmte in Richtung Tür. Cruv nahm ich mit. Wir näherten uns der roten Feuerwand und katapultierten uns durch. Und landeten draußen im Dreck.
Auf dem Boden liegend drehte ich mich um. Einem Torpedo gleich kam Mr. Silver durch die Tür geschossen.
Und Boram? Hatte er es auch geschafft?
***
Es verbreitete sich wie ein Lauffeuer: Die Weissagung hatte sich erfüllt!
Man hatte vor Generationen eine Dagoba mitten im Dschungel errichtet, weil ein Prophet, dessen Namen heute niemand mehr kannte, es so verlangt hatte.
Die Dagoba – ein in halbkugelförmiger Auswölbung aus Steinen errichteter Kuppelturm – wurde dem weißen Dämon geweiht, der eines Tages hier erscheinen sollte.
Nun hieß es, der weiße Dämon sei endlich gekommen, das lange, geduldige Warten, das unermüdliche Beten habe sich gelohnt. Die
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