0990 - Der Killer-Clown
die Augen zu.
Langsam und schwer wie Metallplatten.
Ich sackte weg.
Nicht sehr lange, denn es gab einen Augenblick, an dem ich regelrecht aufschreckte. Trotzdem hatte ich tief und fest geschlafen und kam mit mir selbst noch nicht zurecht, da ich im ersten Moment nicht wußte, wo ich mich befand.
Das war nach wenigen Sekunden vorbei. Ich richtete mich aus der liegenden Haltung auf und warf dabei einen Blick auf meine Uhr.
Kurz nach zwei war es.
Auf dem Bett blieb ich sitzen, die Füße auf dem Boden. In meiner Umgebung war es ruhig. Trotzdem kam es mir jetzt vor, als hätte mich jemand geweckt.
Der Killer?
Der Gedanke brachte die Erinnerung an die Untat zurück. Ich spürte das innerliche Zittern. Eine gewaltige Wut überschwemmte mich, weil man mich in die Defensive gedrängt hatte, und mir war es auch noch nicht gelungen, sie zu verlassen oder sie ins Gegenteil umzukehren.
Das Kratzen an der Wagenwand war nicht zu überhören. Aber es war nicht innen entstanden, sondern außen. Da schienen irgendwelche Krallen entlanggeglitten zu sein. Ein Tier?
Mit diesem Gedanken stand ich auf. Ich war auf der Hut, als ich mich dem Fenster näherte und abermals Geräusche hörte. Diesmal kein Kratzen, dafür mehr ein dumpf klingendes Klopfen, als wollte mir jemand eine Warnung zukommen lassen.
Neben dem Fenster blieb ich stehen. Mit der Schulter berührte ich die Innenwand.
Ich spähte hinaus.
Es war und blieb dunkel.
Keine Bewegung war festzustellen, doch geirrt hatte ich mich bestimmt nicht. Wer immer sich bei mir bemerkbar gemacht hatte, er mußte unter dem Fenster hocken, so daß ich ihn nicht sah.
Ich wartete…
Beides wiederholte sich nicht. Das Tier oder ein anderes Wesen schien sich zurückgezogen zu haben.
Das allerdings war nicht der Fall. Ein Mensch hielt sich draußen auf. Ich hörte seine Stimme.
»Sinclair!«
Jemand hatte meinen Namen gerufen. Wieder eine Überraschung, die mich zusammenschrecken ließ. Von dem Killer-Clown hatte ich bisher nur das Lachen mitbekommen, aber ich konnte mir vorstellen, daß er auch meinen Namen gerufen hatte.
Ich wollte einen größeren Ausschnitt sehen und bewegte mich dichter an die Scheibe heran.
Nein, ich sah ihn nicht.
Oder?
Wie ich schon erwähnte, es gab hier einige Lampen zwischen den Wagen wie künstliche Monde. Und im Schein einer dieser Kugeln malte sich unter ihr ein Umriß ab. Das konnte er sein. Er wartete dort auf mich, und ich würde ihm den Gefallen tun.
Die Tür war nicht weit entfernt. Ich hatte sie mit zwei Schritten erreicht.
Dort zog ich meine Waffe und öffnete sie dann sehr vorsichtig. Dem Beobachter war dies genau aufgefallen, denn als sie offenstand, sprach er mich wieder an.
»Sinclair, du verfluchter Templerfreund!«
In seiner Stimme lag der blanke Haß auf mich, auf die Templer oder auf uns beide zusammen. Ich konnte mir keinen Grund für diesen Haß vorstellen, zumindest nicht mir gegenüber. Mich hatten die Worte überrascht, denn ich hätte mir von dem Mörder eine andere Begrüßung erwartet, und wenn es eine Kugel gewesen wäre.
Ich zog die Tür ganz auf, blieb aber im toten Winkel stehen, um kein Ziel zu bieten. Schräg peilte ich nach draußen und bekam den Killer-Clown tatsächlich zu Gesicht.
Er stand in einer gewissen Entfernung. An eine Schußweite wollte ich dabei nicht denken. Tagsüber wäre es anders gewesen, aber nicht hier und nicht in der Dunkelheit. Er hob sich auch von der Umgebung ab, zumindest was seinen Kopfschmuck anging, denn der spitze Hut war heller als die übrige Kleidung, abgesehen von einem sehr breiten Latz, der seinen Hals umgab und bis zur Brust reichte.
Das Licht streifte sein Gesicht nur. Es machte es zu einer hellen, fettig wirkenden Masse. Wahrscheinlich hatte er die Haut mit weißer Schminke überzogen.
»Was willst du?« fragte ich ihn.
»Dich!« schrie er zurück. »Und ich werde dich auch kriegen, Sinclair, verlaß dich darauf!«
»Das hättest du schon längst haben können. Gratuliere, die Falle war perfekt.«
Er lachte und quietschte dabei. »Klar, das hätte ich auch so haben können. Nur wollte ich es uns nicht so leicht machen. Aber eines merk dir genau. Der Zirkus hier gehört mir. Ich habe hier zu sagen, denn ich bin der eigentliche Herrscher.«
»Und jemand, der die Templer haßt!«
»Ja, auch das.«
»Warum?«
»Du wirst versuchen, es herauszufinden. Ich habe dir den Mantel überlassen. Ein Sinnbild, etwas, das dich immer an mich erinnern soll, Sinclair. Ich weiß, wie
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