0991 - Der Kopf des Vaters
gepackt und mit zur Seite gerissen. Beide Frauen waren einfach gelaufen, verfolgt von der Hitze. Kurz bevor der Tank explodierte, hatten sie sich zu Boden geworfen und die Arme und Hände schützend über den Kopf gelegt.
So hatten sie gewartet. Um sich herum das Chaos. Schreie peitschten durch das Camp.
Dann war der brennende Regen gefallen. Wuchtig und in zahlreichen Tropfen. Jane hatte nur für einen Moment den Kopf gehoben und entdeckt, was da vom Himmel fiel.
Die Umgebung hatte ausgesehen, als wäre eine Ankündigung des alten Testaments erfüllt worden, wo Gott Feuer vom Himmel regnen ließ, um andere zu vernichten.
Auch die Hölle dauerte nicht ewig. Sie sackte zusammen und glühte noch etwas nach. Kein brennender Gegenstand wurde mehr in die Höhe geschleudert und zu einem tödlichen Geschoß. Über dem Schauplatz des Geschehens lag eine schwarze, dichte und fettige Qualmwolke, die zu einer Beute des Sturms geworden war. Immer wieder fuhr er in sie hinein, als wollte er sie brutal zerstören.
Jane rappelte sich auf. Sie hustete, als der stinkende Rauch gegen sie geweht wurde. Dünne Schatten, die durch die Luft wirbelten und sich auf ihrem verschwitzten Gesicht festsetzten. Die Reifen des Fahrzeugs waren verbrannt und erzeugten diesen fettigen Rauch.
Auch Julia hustete. Sie hatte sich ebenfalls erhoben und stand dicht neben Jane, den Kopf schüttelnd, mit tränenden Augen, immer wieder keuchend, mit schmutzigem Gesicht, auf dem der fettige Rauch seine Spuren hinterlassen hatte.
Julia lachte plötzlich. »Wir leben noch, nicht?«
»Ja.«
»Und die anderen?«
Jane atmete tief durch. Rauch gelangte in ihre Kehle. Sie mußte wieder husten. »Ich hoffe, daß nichts passiert ist.«
An den Brandherd kamen beide Frauen nicht heran. Es hätte auch keinen Sinn gehabt, denn zu retten gab es sowieso nichts. Nur mehr glühende Trümmer waren zurückgeblieben, die eine außergewöhnliche Hitze abstrahlten.
Als Jane mehr zufällig nach rechts schaute, erwischte sie der Schreck.
Jetzt sah sie, wie groß ihr Glück gewesen war, denn nicht weit von ihnen entfernt hatte sich ein umherfliegendes Teil aus dem Verbund des Wohnwagens in den Boden gebohrt. Ein kantiges und heißes Stück Blech, das bei einem Treffer ihre Körper durchschnitten hätte.
Die Männer, die versucht hatten, den Brand zu löschen, kehrten wieder zurück. Bei der Explosion waren sie gerannt und hatten Deckung gesucht. Einige von ihnen waren leicht verletzt worden. Sie bluteten oder humpelten, aber sie nahmen ihre Arbeit bereits wieder auf.
Jane schnappte sich einen der Feuerlöscher. Er hatte in ihrer Nähe gelegen und war weggeschleudert worden.
Zusammen mit anderen Helfern kümmerte sich Jane um die kleinen Brandherde. Das chemische Zeug deckte die Flammen zu, entriß ihnen den Sauerstoff, so daß die Herde gelöscht wurden.
Auch Julia war wieder aktiv geworden. Sie hatte erfahren, daß die Feuerwehr alarmiert worden war. Auch Krankenwagen würden unterwegs sein, denn es waren einige Menschen verletzt worden.
Jane Collins ging so nahe an den Brandherd heran, wie es eben möglich war. Zwar wehte ihr die Hitze noch immer gegen Körper und Gesicht, aber sie konnte den Gluthaufen erkennen, zu dem der Wagen zusammengeschmolzen war.
Noch immer qualmten die Reifen. Eklig stinkender Rauch wehte über den Platz und zwang Jane flach durch die Nase zu atmen. Sie war von einer fixen Idee besessen, denn sie suchte nach dem Kopf. Irgendwo konnte sie sich vorstellen, daß dieser Schädel trotz der Flammen das Inferno überlebt hatte.
Sosehr sie auch schaute, sie sah ihn nicht.
War er verbrannt?
Sie hoffte es.
Aber so recht daran glauben konnte sie nicht. Die andere Seite fand immer eine Möglichkeit, einer Falle zu entkommen, und schließlich hatte der Kopf des Vaters selbst für das Inferno gesorgt.
Es würde weitergehen, das stand für die Detektivin fest.
***
Suko und ich waren so weit zurückgetreten, um die Löscharbeiten der Feuerwehr nicht zu behindern. Auch die letzten Brandherde wurden von den Männern erstickt, und die zusammengesackten und geschmolzenen Trümmer des Wohnmobils bildeten auch keine Gefahr mehr. Selbst den dunklen, fettigen Rauch sandten sie nicht mehr ab. Nur mehr dünne Fähnchen stiegen in die Höhe, kamen aber nicht weit, weil die Böen sie sofort erfaßten und zerrissen.
Wir hatten unseren Platz unter dem Vorzelt gefunden, wo wir relativ sicher waren. Denn über unseren Köpfen donnerte es. Da hieb der Wind mit
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