0993 - Das Rätsel der Schattenfrau
Fleisch aufgerissen.
Die kleinen Wunden hatten das Blut ausgespien, das sich aber nur an zwei bestimmten Plätzen hielt und nicht weiter nach unten gelaufen war.
Die Farbe der Augen war nicht zu sehen. Blaß, vielleicht waren sie blau oder grau.
Bevor ich noch etwas unternehmen konnte, verzerrte sich ihr Gesicht.
Sie starrte mich noch einmal mit einem bösen, schon haßerfüllten und auch wissenden Ausdruck an, bevor sie von einem Moment zum anderen verschwand.
Auch die Kälte war weg, und ich kam mir ziemlich deplaziert vor, denn ich hielt noch mein Kreuz in der Hand, und das paßte nicht in diese Umgebung hinein.
Plötzlich gab es auch keine Lücke mehr. Die freie Fläche wurde von den Tänzern genutzt. Es sah für mich jetzt so aus, als hätte jemand eine Mauer eingerissen, und ich war auf dieser Tanzfläche ein Störenfried, wie man mir auch deutlich genug zu verstehen gab.
Man rempelte mich nicht unbewußt an, aber diese Berührungen zeigten mir, wie unerwünscht ich war. So sah ich zu, so rasch wie möglich zu verschwinden, um die anderen nicht zu stören. Außerhalb der Tanzfläche atmete ich durch. Dann sah ich Suko, der auf mich zukam, und ich wunderte mich über seinen etwas verstörten Gesichtsausdruck.
***
Da war es wieder!
Das verdammte Messer in der Brust. Frogg spürte die Klinge, die nicht existent war, die er sich nur einbildete, die ihn aber getroffen hatte und tief in ihn eingedrungen war. Er kannte den Schmerz, denn er hatte ihn in der letzten Zeit schon des öfteren aushalten müssen. Es war dieses böse Gefühl, wenn das Herz von mehreren Seiten attackiert wurde und er sich plötzlich nicht mehr fühlte wie ein normaler Mensch, sondern wie jemand, der krank war.
Es war die Angst!
Hinzu kam das »Versprechen«, das man ihm gegeben hatte. Er würde den nächsten Morgen nicht erleben. Er würde sterben, noch in dieser Nacht, und deshalb hatte er sich die Hilfe der beiden Yard-Männer geholt.
Frogg stand noch immer. Er hatte es in der sitzenden Position einfach nicht ausgehalten. Außerdem lag dieser Platz ein wenig erhöht. Von hier aus hatte er einen guten Überblick und konnte die Tanzfläche unter Kontrolle halten.
Im ersten Augenblick war er überrascht, weil er John Sinclair nicht mehr zu Gesicht bekam. Er mußte sich zwischen den tanzenden Paaren befinden, aber die Menschen blieben nicht nur auf einer Stelle stehen.
Sie bewegten sich, und so entstanden immer wieder Lücken, durch die der Besitzer schauen konnte.
Er sah die Erscheinung, er sah auch Sinclair, aber sein Augenmerk galt einzig und allein der Schattenfrau, die sich dort zeigte und komischerweise von den übrigen Paaren nicht wahrgenommen wurde.
Die Tänzer bewegten sich völlig normal. Es gab keine Störung. Sie tanzten, aber sie tanzten um diese Geisterfrau herum.
Frogg schüttelten den Kopf. Er hatte sich wieder etwas beruhigt, auch deshalb, weil sich John Sinclair jetzt auf der Tanzfläche befand und sich sein Partner und Kollege ebenfalls in der Nähe aufhielt, ihm gegenüber.
Froggs Lippen waren trocken geworden. Er leckte sich darüber. Die Zunge sah breit aus, der Speichel klebte dick und sichtbar daran, und er spürte das Zittern.
Diesmal nicht nur äußerlich, auch in seinem Innern. Das Herz schlug viel schneller als sonst. Er setzte seine Hoffnungen in die beiden Männer.
Sie kannten sich aus, und plötzlich war er froh, daß sich die Schattenfrau schon so früh gezeigt hatte, denn die Ungewißheit über weitere Stunden hindurch hätte er nicht ausgehalten.
Er dachte auch daran, später in sein Büro zu gehen, um die Aufzeichnungen zu verstecken. Das war nur ein kurzer Gedanke, denn die Aufmerksamkeit wurde wieder voll und ganz in Anspruch genommen, weil Sinclair vorging.
Frogg zwinkerte, weil er unbedingt erkennen wollte, was der Mann in der Hand hielt. Es war etwas Silbriges, Helles, auf dem sich das Licht als Reflex niederschlug.
Dann war alles vorbei!
Mit offenem Mund starrte Frogg auf die Tanzfläche und dachte darüber nach, was er erlebt hatte. Das konnte und durfte einfach nicht wahr sein, das war unmöglich gewesen, denn er hatte so etwas wie eine Verwandlung mitbekommen, die ihm persönlich nicht fremd sein durfte, da er diese Gestalt auch in der Nacht an seinem Bett als traumatisches Erlebnis durchlitten hatte.
Und nun?
Sie war weg!
Er sah die Totenfrau nicht mehr und auch nicht die zweite Gestalt, in die sich die spukhafte Erscheinung verwandelt hatte. Nur Sinclair bekam er noch zu
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