0993 - Das Rätsel der Schattenfrau
Sie waren um dieses Loch herumgetanzt. Die Erscheinung hatte es demnach nur auf wenige Personen abgesehen, zu denen auch wir uns zählen mußten.
Der Weg zu unseren Plätzen war nicht weit. Wir ließen uns trotzdem genügend Zeit und wunderten uns dabei, daß Frogg noch immer auf seinem Sessel blieb.
Das war nicht normal, denn Frogg hätte eigentlich neugieriger sein müssen.
Er war es nicht.
Wir näherten uns ihm von der Seite. Da auch die Rückenlehnen seitlich in der Höhe etwas vorstanden, war von ihm nicht viel zu erkennen, nur die Beine, die starr und ausgestreckt von der Sitzfläche wegragten, als sollten sie als Stütze benutzt werden.
In meinem Kopf schlugen plötzlich die Alarmglocken an. Es schrillte und prasselte, und durch meine Adern jagte der Adrenalinschub. Ich ging schneller, dann lief ich sogar, Suko im Schlepptau, der links von Frogg stehenblieb. Ich hielt rechts von ihm an.
Wir starrten auf die bewegungslose Gestalt, und wir hatten schon zu viele Tote gesehen, um genau zu wissen, was mit dem Besitzer des Lokals passiert war.
Er lebte nicht mehr!
***
Eine Stunde später kamen wir uns beide wie durch die Mangel gedreht vor. Was aber nicht an irgendwelchen Auseinandersetzungen lag, sondern einzig und allein daran, keine Panik auszulösen. Wir hatten es geschafft, daß die Gäste die Disco einigermaßen gesittet verließen, und wir hatten ihnen auch nicht den genauen Grund mitgeteilt, sondern sie mit einer schwammigen Ausrede mehr oder weniger abgespeist.
Andere Menschen waren statt dessen eingetroffen. Unter ihnen befanden sich ein Arzt und auch die Spezialisten der Mordkommission.
Sie hatten nicht viel zu tun, und ich hatte sie sicherheitshalber dazugeholt, falls der Arzt eine andere Todesursache feststellte, als wir angenommen hatten.
Der Mann war blau gewesen. Er hatte ausgesehen, als wäre er erstickt.
Seine Lippen hatten bläulich geschimmert, so daß die Diagnose Herzschlag für uns eigentlich feststand. Die Probleme waren damit nicht vom Tisch. So schnell starb man auch nicht an einem Herzschlag. Okay, das mochte es geben, aber ich glaubte in diesem Fall nicht daran. Meiner Ansicht nach mußte irgend etwas dazu geführt haben, daß Frogg gestorben war, daß sein Herz nicht mehr mitspielte. Aber was?
Wir machten uns beide Vorwürfe, ihn allein gelassen zu haben. Suko mehr als ich, da er auf der Tanzfläche nichts erreicht hatte. Da hätte er auch am Tisch bei Frogg bleiben können.
Wir hatten uns abseits hingesetzt. Obwohl ich im Dienst war, trank ich ein Bier und hatte auch einen Gin zu mir genommen. Beide waren wir in Gedanken versunken und wenig glücklich. Das änderte sich auch nicht, als der Arzt auf uns zukam. Seinem Gesicht war anzusehen, daß er ein Ergebnis hatte.
»Nun?« fragte Suko.
Der Mann holte sich einen Sessel heran, nahm Platz, strich über sein blondes Stoppelhaar und nickte uns zu. »Sie haben ja eine bestimmte Theorie vertreten, meine Herren, und ich muß Ihnen sagen, daß Sie damit nicht falsch gelegen haben.«
»Also Herzschlag?«
»Ja, Mr. Sinclair.«
Ich atmete tief ein und wieder aus, als wollte ich meine Lungenfunktion prüfen. »Das macht mich zwar nicht froher, aber es bringt uns auch nicht weiter.«
»Wie meinen Sie das?« Der Arzt sah meine Bierflasche, nahm sie und trank einen Schluck.
»Wir suchen natürlich nach den Gründen für dieses plötzliche Herzversagen.«
»Dann viel Spaß.«
»Wieso?«
»Ganz einfach, Mr. Sinclair. Um die Gründe zu finden, müßten Sie über den Gesundheitszustand des Mannes Bescheid wissen. Wie mir scheint, ist das bei Ihnen nicht der Fall.«
»Da kann ich nicht widersprechen.«
»Was wissen Sie überhaupt über ihn?«
Ich hob die Schultern. »Wenig, Doktor, eigentlich zu wenig. Wir haben nie damit gerechnet, daß Mr. Frogg in dieser Nacht sterben würde. Obwohl er…« Ich dachte an das Versprechen, das ihm die Totenfrau gegeben hatte, winkte aber ab und murmelte: »Lassen wir das. Es wird bestimmt nichts bringen.«
»Noch einmal.« Der Arzt schaute uns beide an. »Der Mann ist einwandfrei an einem Herzschlag gestorben. Ich kenne die Gründe nicht, aber polizeilich ist hier nichts mehr zu untersuchen. Die Kollegen der Mordkommission sind falsch. Das habe ich ihnen auch gesagt.«
Sie hatten sich tatsächlich schon wieder zurückgezogen. Nur zwei Helfer standen noch nahe der Leiche. Sie würden den Toten in die »Wanne« legen und ihn dann abtransportieren. Mehr konnten wir für ihn beim besten Willen
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