0995 - Die Rache der Toten
längst fest.
Sie öffnete die Tür. Sarah stieg nicht auf der Fahrerseite in den Rover.
Die des Beifahrers war besser für sie. Da hatte sie mehr Bewegungsfreiheit und wurde von keinem Lenkrad eingeengt.
Bevor sie dort ihren Platz fand, warf sie einen letzten Blick in die Runde.
Sie tat es nicht nur rein gefühlsmäßig, denn sie dachte auch an diesen Zombie namens Sackett. Bisher war er ihnen nicht über den Weg gelaufen. Rein vom Gefühl her konnte sie sich vorstellen, daß er sich noch in der Umgebung aufhielt und nur auf eine günstige Situation wartete.
Er kam nicht.
Das Dunkel hielt ihn zurück. Vielleicht irrte er auch schon durch den Ort, um dort seine Opfer zu finden.
Die Horror-Oma wünschte es keinem der Bewohner, an eine solche Bestie zu geraten.
Sie zog die Tür auf. Im Fahrzeug war es noch warm. Sie roch das Parfüm, das Jane Collins benutzte. Ein wenig herb, aber durchaus passend für sie. Sarah konnte sich das Lächeln nicht verkneifen. Es gefiel ihr, diesen Geruch aufzunehmen. Für sie war er ein Teil der anderen, der normalen Welt, die es ja auch noch gab, obwohl Sarah Goldwyn das manchmal vergaß.
Sie kletterte in den Wagen und schloß die Tür. Eigentlich hätte sie sich jetzt wohl fühlen müssen, dachte sie und wunderte sich darüber, daß es bei ihr nicht der Fall war.
Das Auto war ein kaltes Gefängnis. Es war zudem dunkel, seit sie die Tür wieder verschlossen hatte.
Hätte sie ein Handy besessen, dann hätte sie zum Telefonieren nicht erst in den Rover gemußt. Vorgehabt hatte sie den Kauf schon längst, aber wie das so ist, man schiebt vieles vor sich her, und da bildete auch Lady Sarah keine Ausnahme.
Sie saß auf der linken Seite. Rechts von ihr stand das Telefon. Es war betriebsbereit. Die kleine rote Leuchte glühte wie ein schwaches Auge.
Es war beinahe ein irrwitziger Gedanke, mit dem sich Sarah beschäftigte. Sie zuckte zusammen, konzentrierte sich und stellte plötzlich fest, daß sie sich bewegte, ohne es zu wollen.
So forsch die Horror-Oma auch sein konnte, im ersten Augenblick war sie irritiert. Sie kam mit dem Schütteln nicht zurecht, doch mit ihrem Willen konnte sie es nicht beeinflussen.
Der Anruf war vergessen. Sie mußte jetzt an sich denken. Starr hockte sie auf dem Sitz. Dennoch blieb das Schütteln und Schwanken. Es gab nur einen Grund.
Jemand mußte sich an dem Wagen zu schaffen machen.
Dann sah sie den Schatten!
Bisher hatte sich die Gestalt verborgen gehabt. Sie hatte auf dem Boden vor der Kühlerhaube ihr Versteck gehabt, nun richtete sie sich auf.
Ein Mensch.
Ein Mann.
Trotz der Dunkelheit erkannte Sarah Goldwyn die Gestalt, die sie schon einmal gesehen hatte, als sie dem Sarg entstiegen war.
Es war der Zombie Albert!
***
Ja, er war es tatsächlich.
Weiter dachte Lady Sarah nicht. Sie nahm es seltsamerweise hin, sie dachte nicht länger darüber nach, sie akzeptierte den Freund ihres letzten Mannes als lebenden Toten. Er existierte auf seine Art und Weise und war dabei ein Befehlsempfänger irgendeiner bösen Macht, die im Hintergrund lauerte.
Warum sitze ich? Warum schreie ich nicht? Warum renne ich nicht einfach weg? Ich brauche nur die Wagentür zu öffnen und zu fliehen. Ins Haus oder sonstwohin…
Aber sie wußte auch, daß das nicht klappen konnte. Auf so etwas lauerte der Untote. Er war zwar nicht schnell, aber auch Sarah konnte sich nicht mehr so bewegen wie früher. Leicht würde ein Entkommen nicht sein, jetzt sowieso nicht, wo er bereits den Wagen erreicht hatte, vor der Kühlerhaube stand, sie allerdings berührte, sich dann zurückdrängte und die Arme anhob wie jemand, der einen Götzen um Hilfe anflehte. Wegen der nicht eben positiven Lichtverhältnisse sah sie den Unhold nur schwach, dennoch gab es keine andere Möglichkeit für sie. Das war Albert Sackett, der sich jetzt nach vorn drückte und mit der rechten Hand einige Male auf die Motorhaube schlug. Nicht unbedingt hart, denn Sarah hörte die Schläge kaum, bekam auch das Vibrieren mit.
Dann stemmte er sich ab.
Die Horror-Oma nahm jede seiner Bewegungen genau wahr. Er handelte nicht wie ein normaler Mensch. Seine Arme befanden sich zwar in Bewegung, waren aber nicht unbedingt auf ein Ziel gerichtet, sondern durchfuhren die Luft wie Schläuche.
Er machte einen orientierungslosen Eindruck. Allein Sarah wußte, daß es nicht so war. Sackett würde sich keine Blöße geben. Er hatte den Menschen gerochen, sein Fleisch, das warme Blut, das Leben, das es zu zerstören
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