0997 - Blut für den Götzen
geworden.
Was lief hier ab?
Nachdem sie in die Stöckelschuhe geschlüpft war, lief sie zum Fenster und schaute hinaus. Sie wollte alles so gut wie möglich sehen, aber ihr Blick streifte nur durch den dunklen Park an der Rückseite des Geländes. Dort brannten vereinzelt Lampen, und die auch nur in der Nähe des Parkplatzes.
Dort stellten die Gäste ihre Wagen ab. Da waren sie von der Straße aus nicht zu sehen, und es konnte sich auch niemand irgendwelche Nummern notieren.
Es war nichts Auffälliges zu sehen. Der Park lag eingebettet in der Dunkelheit des noch recht frühen Abends. Durch ihn huschte mal ein Tier, das war auch alles, und um diese Zeit trafen auch die Gäste ein, wie jetzt wieder, denn Scheinwerferlicht durchbrach die Dunkelheit, fuhr gespenstisch über Buschwerk hinweg und leuchtete es bleich an.
Sie trat wieder zurück. Gedankenverloren, die Stirn in Falten gelegt, denn mit ihren Überlegungen war sie noch längst nicht am Ende. Hinter ihrer Stirn spürte sie das leichte Tuckern, ein erster Anflug von Kopfschmerzen.
Laura überlegte, ob sie nicht eine Tablette nehmen sollte, denn sie mußte in den folgenden Stunden top sein. Sie befand sich bereits auf dem Weg zum Bad, als sie nach wenigen Schritten abrupt stehenblieb.
Etwas hatte sich verändert!
Sie schaute sich um.
Es war alles gleichgeblieben. Die Möbel standen da, wo sie hingehörten, trotzdem glaubte sie an die Veränderung, hatte aber jetzt große Mühe, danach zu forschen.
Da war etwas…
Sie wartete und hielt dabei den Atem an. Da war der fremde Geruch plötzlich vorhanden. Sicherlich kein Geruch, der in diese schwülstige Umgebung paßte.
Laura Keller schnupperte wieder.
Plötzlich wußte sie Bescheid.
So roch nur eine Flüssigkeit - nämlich Blut!
Laura rührte sich nicht von der Stelle. Der Gedanke daran, Blut zu riechen, hatte bei ihr für einen heftigen Adrenalinstoß gesorgt und ihr die Hitze ins Gesicht getrieben.
Wieso Blut? Und wieso derartig intensiv?
Sie saugte die veränderte Luft durch die Nase ein. Kein Zweifel, es roch nach Blut.
Plötzlich war sie aufgeregt. Sie wußte nicht, woher dieser Geruch stammte. Auf der Stelle stehend drehte sie sich um. Auch ihre Augen befanden sich in ständiger Bewegung. Sie blickte über den Boden hinweg mit den dicken Teppichen, und sie schaute auch an den Wänden entlang, selbst die Decke ließ Laura nicht aus.
Da war nichts.
Dennoch blieb der Geruch. Er verschwand auch nicht. Sie ging einige Schritte zur Seite, bis sie einen Stuhl erreicht hatte und sich mit ihrer Hand an der Kante der Rückenlehne abstützte.
Was stimmte hier nicht?
Daß etwas nicht stimmte, wußte Laura, sonst wäre sie nicht hier. Aber es war plötzlich und unerwartet so anders geworden. Diese Blutgeruch hatte sich ihrer Meinung nach wie ein unsichtbarer Nebel in dem Zimmer ausgebreitet.
Ihr kam eine Idee, die Laura sofort in die Tat umsetzte. Sie lief auf die Badezimmertür zu und verschwand in dem kleinen Raum dahinter, der mit grünen Kacheln gefliest war. Ein häßliches Grün, wie sie meinte, es stand in keinem Vergleich zu der plüschigen Einrichtung des Zimmers. Wer von dort in das kleine Bad mit der Dusche und dem Waschbecken ging, mußte Sich schon etwas desillusioniert vorkommen.
Aber das war ihr jetzt auch egal.
Zwischen dem Waschbecken mit dem Spiegel darüber und der Wanne blieb sie stehen.
Auch hier schaute sich Laura um wie zuvor in dem anderen Zimmer, aber eine Quelle war nicht zu entdecken, und dennoch nahm sie auch hier den Blutgeruch wahr.
Dann stimmten die Geschichten also doch…
Als Laura Keller sich mit diesem Gedanken beschäftigte, bekam sie weiche Knie. Sie mußte sich gegen die Wand lehnen und atmete trotz des Blutgeruchs tief durch. Sie wollte einfach wieder zu ihrem äußeren und inneren Gleichgewicht zurückfinden, was gar nicht so einfach war. Sie hatte diesen Job übernommen, ihr waren gewisse Dinge zu Ohren gekommen, die sie zunächst als unwahrscheinlich angesehen und jetzt doch als sicher festgestellt hatte, und sie wußte auch, daß die Zeit des Wartens vorbei war.
Laura verließ das Bad. Es ging ihr nicht besser. Daß sie trotzdem lächelte, lag an einem Mann, der sicherlich unten an der Bar auf sie wartete. Nicht grundlos hatte sie sich mit Bill an den letzten Abenden getroffen. Da allerdings war nichts passiert. Doch jetzt schien sich der furchtbare Verdacht zu verdichten: Der Blutgeruch ließ sich nicht mehr vertreiben. Es war ein böses Omen, und er
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