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0998 - Die Welt der verlorenen Kinder

0998 - Die Welt der verlorenen Kinder

Titel: 0998 - Die Welt der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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eine Strickjacke über die Lehne gelegt. Der pensionierte Konstabler reichte mir einen Doppelstöckigen.
    Ich hob das Glas. »Auf Ihr Wohl.«
    »Nein, auf unser Wohl, Mr. Sinclair. Und vor allen Dingen darauf, daß wir es schaffen, dieses furchtbare Geschehen zu stoppen. Das allein zählt. Und auf die Kinder.«
    Ich stellte keine weiteren Fragen, weil ich genau wußte, daß ich die Antworten später bekommen würde. Der Whisky war wirklich ein Gedicht, da hatte McCormick etwas Feines hervorgeholt.
    Als wir die Gläser abstellten, sagte er: »Ich heiße übrigens Brett. Lassen wir die Förmlichkeiten.«
    »Einverstanden.«
    »So habe ich mir das vorgestellt, John.« Er nickte mir zu und beugte sich nach vorn. Seine klaren Augen nahmen einen etwas trüben und nachdenklichen Ausdruck an, und die Lippen verzogen sich zu einem schmerzhaften Lächeln. »Ich hätte Sie ja nicht aus der Vorweihnachtszeit weggeholt, wenn es nicht wirklich brennen würde, und wenn es nicht um die Schwächsten der Schwachen gehen würde, eben um unsere Kinder.«
    »Das hörte ich schon.«
    »Ihr Chef?«
    »Richtig.«
    »Er scheint mir ein guter Mann zu sein, einer, der einen Riecher für Menschen hat, sonst hätte er meinen Wunsch bestimmt nicht weitergeleitet. Er muß gewußt haben, daß gewisse Dinge nicht in Ordnung sind. Nein, er hat es gefühlt.«
    »Stimmt.«
    Scharf schaute mich McCormick an. »Und hier ist einiges faul, John. Das kann ich nicht deutlich genug sagen.«
    Ich nickte. »Mittlerweile kann ich das sogar bestätigen, Brett.«
    »Ach!« Er staunte mich an. »Sie waren am Teich?«
    »Nein, das nicht. Ich war eigentlich nur im Ort und bin bis in die Mitte gefahren, wo ein großer Weihnachtsbaum im Freien steht. Dort traf ich dann eine gewisse Grace Felder, die Tochter des Pfarrers, die mir erklärte, wie ich zu Ihnen komme. Aber zuvor ist mir noch etwas aufgefallen, mit dem ich nur schwer zurechtkomme. Ich hörte Kinder singen.«
    »Aha.«
    Da er nichts mehr hinzufügte und mich nur anschaute, sprach ich weiter.
    »Vor dem Treffen mit Grace Felder hatte ich meinen Wagen vor der Goldenen Gans abgestellt. Dann schaute ich mir den Tannenbaum an und hörte die Kinderstimmen. Sie sangen das Lied Christmas Day is Coming. Nur diesen einen Refrain, nichts weiter. Das wäre ja nicht schlimm gewesen. Etwas anderes störte mich jedoch entschieden mehr. Ich habe die Kinder singen gehört, sie aber selbst nicht gesehen. Sie hielten sich auch nicht versteckt, sie waren körperlich überhaupt nicht vorhanden! Nur die Stimmen habe ich vernommen. Kinderstimmen, den Gesang von Unsichtbaren. Das ist es gewesen, was mich störte. Ich kann es kaum erklären. Aber ich habe mich nicht geirrt. Sie waren da. Sie haben gesungen.«
    Brett McCormick hatte mir aufmerksam zugehört. Dann nickte er. »Sehr gut«, sagte er mit leiser Stimme. »Dann brauche ich Sie gar nicht mehr zu überzeugen, denn was Sie da vernommen haben, war wirklich gut, John.«
    »Überzeugend, meinen Sie?«
    »Ja.«
    »Inwiefern?«
    Er verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. »Ich weiß nicht, ob ich Sie jetzt schocken werde, wobei es mir im Prinzip auch egal ist, aber Sie haben die Stimmen oder Gesänge von toten Kindern gehört.« Er schaute mich beinahe beschwörend an.
    »Haben Sie mich verstanden, John? Sie hörten die Gesänge von toten Kindern. Von sehr jungen Menschen, die vor langer Zeit gestorben sind.«
    »Sie meinen Geister?«
    »Richtig, Mr. Sinclair - pardon - John. Es waren die Stimmen der toten Kinder.«
    Ich lehnte mich auf der Sitzfläche zurück, ohne allerdings entspannt zu sein. Dann griff ich nach dem Glas und trank einen kleinen Schluck.
    Zunächst einmal mußte ich mit gewissen Dingen fertig werden. So etwas Ähnliches hatte ich geahnt, aber zwischen der Ahnung und dem Wissen klaffte noch immer eine Lücke.
    Auch McCormick hatte einen Schauer bekommen. »Warum fragen Sie nichts?« flüsterte er.
    »Wissen Sie denn Bescheid?«
    »Nicht genau. Aber aus diesem Grund habe ich Sie hergebeten, und ich weiß, daß die Uhr auf fünf Minuten vor zwölf steht. Ich bin kein Schwarzmaler, bin ich mein Leben lang nicht gewesen, aber ich denke mir, daß es furchtbar werden kann. Um dies zu stoppen, habe ich mir eben Hilfe geholt, das ist alles.«
    »Dann sind die Kinder tot und trotzdem nicht tot.«
    »So ähnlich.«
    »Sie können keine Ruhe finden.«
    »Genau.«
    »Warum nicht? Was ist geschehen? Es muß einen Grund gegeben haben.«
    McCormick nickte. »Den hat es auch

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