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0998 - Die Welt der verlorenen Kinder

0998 - Die Welt der verlorenen Kinder

Titel: 0998 - Die Welt der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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genug außerhalb von Paxton gelebt hatte, um gewisse Dinge neutral beurteilen zu können.
    Ich konnte auf der Hauptstraße bleiben. Geschäfte sah ich in dieser Gegend nicht mehr. Nur Wohnhäuser, die relativ niedrig waren und große Dächer hatten, als sollten dort die Sorgen und die Angst der Bewohner abrutschen.
    Vor einem Pub sah ich einen Mann, der sich nur schwankend auf den Beinen hielt. Im aus dem Fenster fallenden Lichtschein sah er aus wie ein gelbes Gespenst.
    Um die Kirche zu erreichen, mußte ich nach links ab, wo der Weg dann anstieg und nicht mehr von Häusern begleitet wurde, sondern eine freie, ackerartige Fläche durchschnitt. Der Blick auf die Kirche war frei, ebenso der auf den kleinen Friedhof. Die Gräber sah ich nicht, denn eine Mauer nahm mir den Blick.
    McCormick hatte mir erklärt, daß ich rechts an der Kirche vorbeifahren mußte, um das Pfarrhaus zu erreichen, das ungewöhnlich groß war. Ich sollte mich nicht darüber wundern. Weshalb es in dieser Größe errichtet worden war, darüber hatte er sich nicht näher ausgelassen.
    Kein Licht strahlte gegen die Mauern der Kirche. Sie lag dunkel und abweisend an der linken Seite, als ich langsam an ihr vorbeirollte. Ich wunderte mich nicht mehr darüber, daß es hier auch keinen Weihnachtsbaum gab, dessen Lichter ein Zeichen der Hoffnung setzten.
    In der Umgebung vieler Kirchen leuchteten diese Bäume, hier allerdings nicht. Als wollte man der tiefen Dunkelheit Vorschub leisten.
    Unter den Reifen war der Boden hart gefroren. Manchmal schaukelte der Rover auch über irgendwelche Unebenheiten hinweg. Im Scheinwerferlicht erschien an der linken Seite der Kirche eine nicht sehr hohe Mauer, die allerdings das Grundstück umgab, das zum Pfarrhaus gehörte. Dort endlich sah ich Licht. Ich fuhr so weit, bis ich den Durchbruch in der Mauer sah. Es war ein Tor, aber es war schon seltsam, denn es war so gebaut wie die Brücke am Ortseingang. Der geschwungene Bogen wirkte wie ein Dach oder wie der Aufbau einer Brücke, nur daß dieser hier aus Stein bestand.
    Ich fuhr den Rover auf den Innenhof. Dort stand ein kleines Auto. Ein zweisitziger Fiat, feuerrot.
    Sicherlich gehörte der Wagen Grace Felder. Ich parkte meinen Rover nicht weit davon entfernt, stieg aus und nickte dabei, denn jetzt konnte ich das Pfarrhaus zum erstenmal in voller Breitseite sehen, und das war wörtlich zu nehmen.
    Brett McCormick hatte nicht übertrieben. Dieses Pfarrhaus war schon übergroß. Aber es war beinahe so düster wie das Gotteshaus, was an den dunklen Außenmauern lag.
    Und doch gab es Licht.
    Nicht in der ersten Etage. Dort wirkten die Fenster nach wie vor wie düstere, gefrorene Teiche. Unter ihnen und nicht weit von der Eingangstür entfernt, zu der auch eine breite Treppe mit drei Stufen hochführte.
    Ich behielt die hellen Fenster im Auge. Eine Bewegung sah ich nicht.
    Das mochte an den Vorhängen liegen, die von innen zugezogen waren.
    Die Treppe war mit Moos bewachsen, in das sich Eis hineingedrückt hatte. So waren die Stufen glatt geworden.
    Ich konnte mich zwischen einer normalen Klingel und einem altmodischen Klopfer entscheiden. Bevor ich mich entschieden hatte, wurde die Tür geöffnet.
    Grace Felder hatte sie aufgezogen, schaute mich an und nickte mir zu.
    »Kommen Sie bitte herein.«
    »Gern. Das hört sich an, als hätten Sie mich erwartet.«
    »Das habe ich auch.«
    Sie gab mir den Weg frei. Ich trat mir die Schuhe ab und stellte fest, daß sich Grace umgezogen hatte. Sie war jetzt ganz in Schwarz gekleidet.
    Von geschnürten Schuhen über die Hose bis hin zum Pullover.
    Im Haus war es nicht sehr warm. Grace und ich standen in einer sehr großen Diele, die schon einer Halle glich. Dunkle Stühle mit hohen Lehnen gruppierten sich um einen ovalen Tisch, der im Licht mehrerer Lampen stand.
    Es war kahl in dieser Umgebung. Keine Blumen schauten aus irgendwelchen Vasen hervor. Die Konsolen waren ebenfalls leer. Nicht eine Kerze stand dort, und auch einen weihnachtlichen Tannenschmuck suchte ich vergebens.
    Grace Felder war aufgefallen, wie erstaunt ich mich umgeschaut hatte.
    Mit leiser Stimme sprach sie mich an. »Sie haben etwas anderes erwartet, nicht wahr?«
    Ich hatte meinen Blick von der breiten Treppe genommen und nickte ihr zu. »Ja, das hatte ich. Es ist nicht das erste Pfarrhaus, das ich betrete, aber es ist zumindest das größte, das ich kenne. Und auch seine Einrichtung überrascht mich.«
    Sie hob die Schultern. »Hier hat sich nichts geändert.

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