1. Die Rinucci Brüder: Wenn golden die Sonne im Meer versinkt
nachdenklich den Raum.
Justin Dane saß im Wohnzimmer, er hatte die Tür auf gelassen, und Evie gesellte sich zu ihm. „Ist alles in Ordnung mit Mark?“, fragte er.
„Nein, nicht wirklich. Er hat sich jedoch beruhigt und geht ins Bett. Ich habe versprochen, ihm nachher noch Gute Nacht zu sagen, und bin der Meinung, Sie sollten auch mit ihm reden.“
„Das hat keinen Sinn“, entgegnete er resigniert. „E r hasst mich und spricht nicht mit mir.“ „O nein, er hasst Sie nicht.“
„Wieso sind Sie sich so sicher?“ Er blickte sie sch arf an. „Was hat er Ihnen gesagt?“ „Das kann ich Ihnen nicht verraten, es wäre ein Ver trauensbruch …“
„Unsinn“, unterbrach er sie nun ungeduldig. „Ich bi n sein Vater …“
„Und Sie haben mich gebeten, Ihnen zu helfen“, fiel sie ihm ins Wort. „Mit mir redet Ihr Sohn, aber er hat mir noch längst nicht alles anvertraut. Doch eins kann ich Ihnen versichern: Er hasst Sie nicht. Mehr erfahren Sie nicht von mir, und ich bitte um Verständnis.“
„Verdammt, so können Sie mit mir nicht umgehen!“
„Wenn es Ihnen nicht passt, können Sie mich ja hina uswerfen.“
„Dazu hätte ich wirklich Lust.“
Evie holte ihr Handy hervor und wählte eine Nummer. „Andrew?“
Justin nahm ihre Hand und drückte sie so fest, dass es schmerzte. „Es ist besser, Sie bleiben noch hier.“
Sie löste sich aus seinem Griff. „Gut, dass Sie ein e Entscheidung getroffen haben. Ich kann unschlüssige Männer nicht ausstehen.“
Er atmete tief ein. „Andrew fragt sich sicher jetzt, was los ist. Am besten erklären Sie es ihm.“ „Das ist nicht nötig, denn ich habe nur so getan, a ls wollte ich ihn anrufen.“
„Spielen Sie irgendein Spielchen?“
„Nein, es war nur eine Warnung. Ich tanze nicht nach Ihrer Pfeife. Ihrem Sohn zuliebe, der mir sehr leid tut, helfe ich, so gut ich kann, aber nur zu meinen Bedingungen, anders kann es nicht funktionieren.“
„Dasselbe gilt auch für mich“, stellte er mit verbi ssener Miene fest.
„Dann muss einer von uns beiden nachgeben.“ Erst in dem Moment wurde ihr bewusst, wie weit sie sich vorgewagt hatte. Eigentlich hatte sie ihn nicht verärgern wollen, um Mark nicht zu schaden. Doch ihr war klar geworden, dass Justin Dane nur die Menschen respektierte, die sich nicht alles gefallen ließen. Wenn sie klein be igab, was ihr sowieso nicht lag, würde sie nichts erreichen.
Nach seinem Schweigen zu urteilen, denkt er darüber nach, wie er reagieren soll, sagte sie sich. Dass er kaum eine andere Wahl hatte, als mit ihr zusammenzuarbeiten, wusste er wahrscheinlich selbst. Es würde ihm jedoch schwerfa llen, es zuzugeben.
„Wollten Sie mir nicht etwas erklären?“, fragte sie schließlich. „Warum geht Mark auf den Friedhof? Er ist der Meinung, seine Mutter sollte dort begraben sein. Wie kommt er darauf?“ „Meine Frau hat uns vor einigen Jahren verlassen, weil sie einen anderen Mann kennengelernt hat und mit ihm in die Schweiz gegangen ist.“
„Und sie hat Mark einfach zurückgelassen?“ Evie kon nte es kaum glauben. „Oder haben Sie nicht zugelassen, dass sie ihn mitnahm?“
„Wenn sie es unbedingt gewollt hätte, wäre ich dami t einverstanden gewesen. Aber ich nehme an, daran hat sie überhaupt nicht gedacht“, antwort ete er ruhig.
„Wie eine Mutter so handeln kann, verstehe ich nicht. Wenn eine Ehe oder Beziehung nicht mehr in Ordnung ist, dann ist es sicher besser, dass man sich trennt. Doch ein Kind im Stich zu lassen, das sich nicht wehren kann, ist …“
„Geradezu ein Verbrechen“, beendete er den Satz für sie. „Es ist unverzeihlich,
unverständlich und …“ In seiner Stimme schwang nich t nur Zorn, sondern auch Hass. „Der arme Junge. Ist sie wenigstens mit ihm in Verbindung geblieben?“
„Manchmal hat sie ihn angerufen und ihm geschrieben. Zu Weihnachten und zum Geburtstag bekam er Geschenke, doch er erhielt nie eine Einladung, seine Mutter zu besuchen. Ihr neuer Freund wollte es nicht, und der Mann war ihr wichtiger als ihr Sohn“, antwortete er verbittert und schmerzerfüllt zugleich.
„Das hat ihn bestimmt sehr verletzt. Wie ist er damit zurechtgekommen?“
„Mark ist ein starker, mutiger und unerschrockener Junge. Jetzt weiß er, wie es in der Welt zugeht.“
„Es ist sehr schade, dass er in dem Alter schon so schlechte Erfahrungen machen musste.“ Er lachte freudlos auf. „In jedem Alter ist es für ein Kind schlimm, wenn die Mutter es nicht mehr haben
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