1. Die Rinucci Brüder: Wenn golden die Sonne im Meer versinkt
fuhr davon.
Erst jetzt brach sie zusammen. Sie bebte am ganzen Körper und setzte sich auf die unterste Treppenstufe. Was hatte sie sich dabei gedacht, das Geschenk zurückzuweisen? Es war ihr sehnlichster Wunsch gewesen, das Cottage behalten zu können. Er hätte in Erfüllung gehen können, wenn sie bereit gewesen wäre, ihren Stolz z u vergessen.
Aber keine Macht der Welt konnte sie dazu bewegen, sich wegen dieses Mannes zu verbiegen. Sein arroganter Ton, als er ihr seine Vorgehensweisen erklärt hatte, die Art, wie er alle Einwände vom Tisch gefegt hatte, und die Tatsache, dass er praktisch mit Geld um sich geworfen hatte, sagten ihr alles, was sie über ihn und seine Beweggründe wissen musste.
Die ganze Sache war umso schlimmer, weil Evie angefangen hatte, sich zu ihm hingezogen zu fühlen. Wenn er ihr in aller Freundschaft angebo ten hätte, ihr zu helfen, hätte sie es vielleicht angenommen. Doch Justin Dane handelte nicht aus reiner Freundschaft.
Sie ging in ihr Zimmer und legte sich wieder ins Bett. Der Streit hatte sie so erschöpft, dass sie sogleich einschlief. Als sie wach wurde, stand die Sonne schon hoch am Himmel. Evie sprang auf und blickte aus dem Fenster. Justins Wagen war nirgends zu sehen.
Plötzlich entdeckte sie Mark auf einem der Felsen. Rasch zog sie sich an und lief zu ihm, entschlossen, ihm Vorwürfe zu machen wegen seines e igenmächtigen Verhaltens. Beim Anblick seiner unglücklichen Miene überlegte sie es sich jedoch anders. Er wirkte wieder so bedrückt wie am Anfang.
„Hallo“, begrüßte sie ihn fröhlich. „Du bist früh u nterwegs. Gibt es irgendetwas
Interessantes?“
„Einige Krabben, sonst nichts. Ich wollte nur in aller Ruhe nachdenken.“
„Ja, das kann man hier gut. Hat es geholfen?“
Er schüttelte den Kopf. „Nachdenken hilft sowieso n icht“, antwortete er. „Dadurch ändert sich nichts.“
„Ach, weißt du was? Man kann leichter nachdenken, w enn man etwas gegessen hat.“ Etwas Besseres fiel ihr nicht ein. „Möchtest du frühstück en?“
Der Junge nickte. „Gehen wir anschließend wieder an den Strand?“
„Ja, wir können den ganzen Tag hier verbringen.“
Seinen Vater erwähnte er seltsamerweise nicht.
Nach dem Frühstück wanderten sie am Strand entlang und kletterten zwischen den Felsen herum, bis Mark am Nachmittag auf einmal ausrief: „Da ist mein Vater!“
Justin kam ihnen entgegen und lächelte seinen Sohn an, während er Evie nur einen kurzen Blick zuwarf.
Mark begrüßte seinen Vater freundlich, aber zurückh altend und stellte keine Fragen. Obwohl alle drei dann höflich und zivilisiert mitei nander umgingen, herrschte eine gespannte Atmosphäre. Zum Abendessen lud Justin sie in ein exklusives Restaurant ein.
Warum macht er das? überlegte Evie, während sie sic h umzog. Später wurde ihr klar, weshalb er hatte ausgehen wollen: Inmitten der anderen Gäste und der vielen Ober fiel es kaum auf, wie gedrückt die Stimmung war.
Sie nahm sich vor, nicht mehr über ihn und seine Be weggründe nachzudenken und ihn aus den Gedanken zu verdrängen.
Das erwies sich jedoch als recht schwierig, denn er fesselte offenbar die Aufmerksamkeit der Leute an den Nachbartischen. Zwei junge Frauen himmelten ihn geradezu an. Immer wieder sahen sie ihn bewundernd an und versuchten, seinen Blick auf sich zu ziehen. Jeder Mann hätte sich über das Interesse dieser schönen Frauen gefreut, aber Justin beachtete sie gar nicht. Er kümmerte sich ausschließlich um Evie und seinen Sohn. Natürlich nur aus Höflichkeit, wie sie sich einredete.
Dass er sehr attraktiv und charismatisch war, ließ sich nicht leugnen, und ihr fielen Dinge ein, die sie lieber vergessen hätte. An die Tage mit ihm am Strand, als er sich halb nackt neben ihr ausgestreckt hatte oder sich in die Brandung gestür zt hatte, und den Morgen, als er sie an sich gepresst und geküsst hatte, würde sie sich immer er innern. Sie gestand sich ein, dass sie sich sogar gewünscht hatte, er würde sie küssen.
Auch dass er sich neben das Sofa gekniet, sie sanft geweckt und ihr Trost zugesprochen hatte, als sie so traurig gewesen war, wusste sie zu schätzen. Seine überraschende Freundlichkeit hatte sie sehr berührt. Doch er benutzte sie nur fü r seine Zwecke.
„Geht es dir gut?“, fragte Mark sie plötzlich.
„Ja, natürlich.“
„Du siehst so traurig aus.“
„Nein, das meinst du nur“, erwiderte sie.
Als sie nach Hause kamen, fielen Mark beinah die Augen zu. Er
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