1 Fatale Bilanz - Ein Hamburg-Krimi
zweimal auf sie geschossen worden. Einmal auf der Autobahn und dann auf einem Rastplatz. Ihr ist zum Glück nichts passiert, nur der Wagen hat was abbekommen. Die Täter sind festgenommen worden.«
Mark schwieg geraume Zeit, ehe er leicht den Kopf schüttelte. »Bist du sicher, dass du nicht nach Hause fahren willst? Du brauchst wegen der Sache mit den Überweisungen nicht zu warten.«
Diesmal musste Dirk nicht überlegen. »Ich habe es dir eben schon gesagt. Dein Plan ist gut, aber ohne Rückendeckung bin ich damit nicht einverstanden.«
Ein undefinierbarer Ausdruck huschte über Marks Gesicht, aber ehe er etwas sagen konnte, durchbrach ein Rocksong die Stille.
Mark griff nach seinem Handy. »Das wurde aber auch Zeit«, begrüßte er den Anrufer. »Seit wann interessiert es mich, wie spät es bei euch ist? Jetzt sag mir, wie ich herausbekomme, wo der verdammte PC steht.«
Mark ging zu seinem Notebook und nach einigen Tastenklicken blickte er zufrieden auf den Monitor und signalisierte Dirk, zu ihm zu kommen. Auf dem Display wurde der Grundriss der Etage angezeigt, in der die Geschäftsführung der Reederei residierte. Im Büro am Ende des Gangs blinkte ein Quadrat. Dirk hätte den erklärenden Text nicht gebraucht, sondern erkannte das Büro von Springer auch so. »Jetzt wissen wir, wem du heute Abend einen Besuch abstatten wirst.« Er pfiff leise durch die Zähne.
»Besonders erstaunt siehst du nicht aus.«
»Was soll mich heute noch überraschen? Außerdem waren wir uns einig, dass Typen mit Gelfrisuren grundsätzlich verdächtig sind.«
Erst als aus dem Handy ein leises Lachen zu hören war, fiel Dirk ein, dass Mark das Telefonat noch nicht beendet hatte. Da er automatisch zur englischen Sprache übergegangen war, hatte der Anrufer seinen Kommentar nicht nur gehört, sondern auch verstanden.
»Nein, wir haben außer der Frisur noch andere Hinweise. Das war Dirk, der deutsche Wirtschaftsprüfer, mit dem ich zusammenarbeite. Danke für deine Hilfe und grüß Lisa von mir.« Mark trennte schmunzelnd die Verbindung.
»Entschuldige, ich wollte dir nicht in dein Telefonat reinreden.«
»Kein Problem, sonst hätte ich dich kaum gebeten, dir das anzusehen. Dein Englisch ist wirklich gut.«
»Danke, aber nicht so gut wie dein Deutsch. Du sprichst praktisch akzentfrei.«
»Ich bin elf Jahre lang in Deutschland zur Schule gegangen und habe darauf geachtet, dass ich das nicht verlerne.«
»War dein Vater beim Militär?«
»Ja, wir haben in der Nähe von Rammstein gewohnt, und statt der amerikanischen Schule auf der Base haben meine Schwester und ich eine deutsche Schule besucht.«
»Dann hast du eben mit dem Freund telefoniert, der mit deiner Schwester verheiratet ist, oder?«
Mark stutzte. »Stimmt, ich hatte dir ja erzählt, dass es bei ihm und Lisa nach Shelleys Geburt heiß herging. Jake ist ein begnadeter Hacker.« Er verzog das Gesicht. »Und er hat es genossen, dass ich den Standort des PCs nicht alleine herausgefunden habe.«
»Vielleicht kannst du ihn noch mal um Hilfe bitten. Mir ist da was eingefallen.«
»Schieß los.«
»Kannst du das bitte anders formulieren? Auf Schüsse reagiere ich heute allergisch.« Sie mussten beide lachen. »Ich kenne die Software der Bank. Die lässt sich theoretisch so manipulieren, dass Buchungen im Rechnungswesen nicht auftauchen. Allerdings würde dieser Eingriff zu einer auffälligen Schieflage im Controlling führen. Es gab da einen ganz bekannten Fall, bei dem der Finanzchef, der sowohl fürs Rechnungswesen als auch fürs Controlling zuständig war, zusammen mit dem EDV-Leiter eine ordentliche Summe unterschlagen hat. Das würde auch hier passen. Ich kenne einen der Prüfer, der das damals aufgedeckt hat. Der soll mir den Teil des Berichts schicken, aus dem hervorgeht, wie das technisch funktioniert. Das wäre dann dein Job oder der deines Schwagers. Bei der Technik muss ich passen.«
»Das geht in Ordnung. Was meinst du damit, dass es hier auch passt?«
»Wir wären dann tatsächlich bei Alex’ Ex-Chef. Der hat vor etwa zwei Jahren die Software eingeführt und ist sowohl für das Rechnungswesen als auch das Controlling zuständig, und die Größenordnung passt auch. Bei knapp acht Milliarden Bilanzsumme und Reserven in Höhe von ungefähr fünfhundert Millionen Euro fallen zwölf Millionen im Jahr nicht weiter auf.«
»Zwei Jahre wären aber eine ziemlich lange Vorbereitungszeit.« Nachdenklich klopfte Mark mit seinem Kugelschreiber auf den
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