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1 Fatale Bilanz - Ein Hamburg-Krimi

1 Fatale Bilanz - Ein Hamburg-Krimi

Titel: 1 Fatale Bilanz - Ein Hamburg-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Ross
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und blieb viel zu dicht vor ihm stehen.
    »Steigen Sie ab und drehen Sie sich um.«
    Aus der Nähe war ihre Nervosität noch deutlicher zu spüren. Anscheinend lernte man auf deutschen Polizeischulen nicht, was zu tun war, wenn kein Fahrzeug zur Verfügung stand, gegen das sich der Verdächtige lehnen konnte. Ohne hastige Bewegungen befolgte er ihre Anweisung.
    Sie tastete über seine Lederjacke und griff nach dem Reißverschluss, um ihm die Pistole abzunehmen. Innerlich schüttelte er den Kopf. Deutsche Polizisten lernen anscheinend nicht einmal die grundlegendsten Dinge. Er wirbelte herum und schlug noch in der Drehbewegung ihren Arm zur Seite. Ein Schuss löste sich. Allmählich wurde er ernsthaft sauer. Mühelos nahm er der überraschten Polizistin die Pistole aus der Hand und kickte sie unter ein parkendes Auto. Sie wehrte sich nicht, als er sie unsanft zum Zaun zerrte und sie dort mit ihren Handschellen ankettete.
    Kranz kauerte immer noch hinter seinem Wagen. Der ungezielte Schuss hatte die Lampe über der Haustür zerstört und den Kopf seiner Frau nur um Zentimeter verfehlt. Das Verhalten der Polizistin war unverantwortlich.
    »Wenn man mit einer Waffe nicht umgehen kann, sollte man keine tragen.«
    Die Polizistin sah ihn stumm an. Nur das durchdrehende Hinterrad verriet das Ausmaß seiner Wut, als er losfuhr.
    Die Fahrt nach Wandsbek dauerte mit dem Motorrad keine fünfzehn Minuten, und auch das Wechseln der Kennzeichen auf dem menschenleeren Parkplatz eines Baumarktes war eine Sachevon wenigen Minuten. Die Zeit reichte, um seinen Ärger in den Griff zu bekommen. Allmählich liefen ihm die Dinge aus dem Ruder, und das konnte er sich nicht erlauben. Die Haustür der Altbauvilla war nicht verschlossen, aber ehe er bei der entsprechenden Wohnung klingeln konnte, wurde die Tür schwungvoll aufgerissen.
    »Wie schön, dass du gekommen bist. Komm rein und geh ins Wohnzimmer. Die letzte Tür. Rechts. Du kannst bestimmt ein spätes Frühstück vertragen.«
    Bevor er auch nur ein einziges Wort gesagt hatte, lag sein Helm auf einem zierlichen Tisch im Flur und seine Jacke auf einem filigranen weißen Korbsessel, der aussah, als ob er unter der Last zusammenbrechen würde. Ehe er sich versah, fand er sich im Wohnzimmer in einem der bequemen Sessel wieder und fragte sich, wie er da eigentlich hingekommen war.
    Die Frau war unglaublich. Im Gegensatz zu ihr war er keineswegs sicher gewesen, ob er ihre Einladung annehmen sollte, aber den Namen seiner Schwester hatte er nicht ignorieren können. Die etwas absonderliche Einrichtung des Zimmers passte zu der Bewohnerin. Unzählige Drachenfiguren waren im Raum verteilt, in einem Messinggestell lag eine Kristallkugel, daneben ein Stapel Tarotkarten. Abgelenkt durch das bunte Durcheinander, bemerkte er erst mit Verspätung das Foto in einem der hellen Holzregale.
    Er stand auf und lehnte sich mit der Hüfte gegen das Regal. Zum ersten Mal hatte er einen Eindruck, wie seine Schwester gewesen war. Shara lachte übermütig in die Kamera, die Haare vom Wind zerzaust.
    Emilie Winter kehrte mit einem vollbeladenen Tablett zurück ins Wohnzimmer.
    »Das ist mein Lieblingsbild von ihr. So unbeschwert war sie nur selten. Eigentlich nur, wenn sie mit ihrer Tochter zusammen war. Du bist doch Marek?«
    »Und was ist, wenn ich es nicht bin?«
    Die ältere Frau schnaubte nur, so dass er nachgab.
    »Marek ist zwar mein Geburtsname, aber den kennt kaum einer. Ich wurde immer Mark genannt, und so steht es auch in meinem Ausweis.«
    »Darauf kommt es nicht an. Sie hat gedacht, du seist tot.«
    »Und ich habe dasselbe von ihr gedacht. Ich habe viel zu spät erfahren, dass sie in Hamburg gelebt hat. Wie war sie?«
    »Wir sind doch praktisch verwandt, also kannst du mich duzen. Ich heiße Em.« Sie schenkte Kaffee ein und schob ihm einen Teller mit belegten Brötchen hin. »Iss und trink, während ich dir alles erzähle, was ich weiß.«
    Für seinen Geschmack war Em viel zu schnell am Ende ihres Berichts angelangt. Die meisten Fakten kannte er schon, dennoch war es ihr gelungen, ihm einen Eindruck von Shara zu vermitteln, und ihre Ähnlichkeit war unverkennbar. Shara besaß die gleiche Zielstrebigkeit, manche nannten es auch Sturheit, für die er berühmt war.
    »Wie bist du auf die Idee gekommen, dass ich ihr Bruder sein könnte?«
    »Es sind die Augen. Da hat dir gestern auch keine Sonnenbrille geholfen. Alte Frauen sehen durch solche Kleinigkeiten hindurch.« Em wirkte wesentlich jünger, so

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