1 Fatale Bilanz - Ein Hamburg-Krimi
musste gegen die Vorstellung ankämpfen, dass ihm jemand eine Kugel in den Rücken jagte. Stattdessen trat ein dunkelblonder Mann neben ihn und hielt ihm seine Walther entgegen. Zögernd griff er danach. Sein Blick irrte von dem Unbekannten zu Mark und weiter zu Dirk. Er begriff überhaupt nichts mehr.
Mark betrachtete ihn, den Kopf etwas seitlich gelegt, beinahe nachsichtig. »Jake war zwar hier, um uns den Rücken freizuhalten, aber dabei hatten wir nicht an dich gedacht. Nun stell schon deine Fragen.«
»Wer seid ihr?«
»Meinen Namen kennst du, und das ist mein Kollege Jake Fielding. Er versteht gut deutsch, spricht es aber kaum.«
Er hatte nicht ihre Namen gemeint, sondern ihre Funktion. Aber ehe er eine Abfuhr kassierte, verzichtete er auf eine Nachfrage. Er warf Jake einen abschätzenden Blick zu.
»Tut mir leid, aber ein freundliches ›nice to meet you‹ fällt mir im Moment noch schwer. Wohl auch vom Schatzamt?«
Marks Grinsen blitzte auf, während Sven die Informationen der letzten Minuten gedanklich sortierte. Anscheinend war Kranz in die Reedereigeschichte verwickelt, und Alex hatte den Männern geholfen.
»Wenn Kranz Verbindungen zur Reederei hat, bedeutet das Zusammentreffen mit seiner Frau heute Morgen für Dirk eine Katastrophe«, überlegte Sven laut.
»Richtig. Wenn es dich interessiert, Dirk ist ihnen buchstäblich in letzter Minute entkommen.«
»Es entschuldigt zwar nichts, aber die Frau ist zwei Stunden zu früh bei mir aufgetaucht. Aber das hätte trotzdem nicht passieren dürfen. Wir hätten uns außerhalb des Präsidiums treffen müssen. Mein Fehler.«
Mit einem knappen Nicken nahmen Mark und Dirk die Erklärung zur Kenntnis.
»Dann unterstelle ich, dass wir auf derselben Seite stehen.«
Mark war sichtlich überrascht. »Hast du daran ernsthaft gezweifelt?«
Ehe er sich eine diplomatische Antwort überlegen konnte, stürmte Alex auf ihn zu und stieß ihm wütend den Zeigefinger gegen die Brust.
»Spinnst du? Was glaubst du eigentlich, wer wir sind oder was wir tun? Wir haben deine Arbeit erledigt, weil wir im Gegensatz zu dir keine Rücksicht auf Gesetze nehmen müssen. Bis du einen Durchsuchungsbeschluss gehabt hättest, wären die Verantwortlichen vielleicht schon gewarnt worden, und nebenbei, Herr Kommissar, wieso sollte ich eigentlich nicht berechtigt sein, die Bank zu betreten? Einbruch? So ein Schwachsinn. Und so, wie du dich gegenüber Mark und Dirk verhalten hast,brauchst du dich nicht zu wundern, dass sie dir nichts gesagt haben. Wie konntest du nur glauben, dass wir mit Al-Qaida zusammenarbeiten? Oder noch schlimmer, mit Kranz? Wie kann man nur so dämlich sein?«
Sven verzichtete auf die Nachfrage, seit wann Kranz schlimmer als Al-Qaida sei, und hob entschuldigend beide Hände. »Es tut mir leid. Ich hatte eigentlich nur Mark im Verdacht und dachte, ihr würdet vielleicht aus Dankbarkeit wegen der Sache mit Tim mitmachen.«
Wieder landete Alex Zeigefinger hart auf seiner Brust. »Glaubst du ernsthaft, das hört sich für mich besser an? Dass du nur Mark im Visier hattest? Du bist doch total … und überhaupt. Woher weißt du, dass wir hier sind? Hat Britta dir was erzählt?«
»Nein, sie hat mir nur gesagt, dass ihr nicht zu Hause seid. Aber so schwer war es nicht, zu erraten, wo ihr stecken könntet, wenn du mit dabei bist. Es tut mir wirklich …«
»Deine Entschuldigung kannst du dir sonst wohin stecken. Ausgerechnet Mark. Ich hätte nie gedacht, dass du dermaßen …«
»Alex, es reicht. Wir müssen los.«
Während Mark ein Lachen sichtlich unterdrückte, amüsierte sich Dirk offen über den Auftritt seiner Frau.
Alex lehnte sich schmollend gegen den Schreibtisch. »Schade. Wollen wir ihn nicht doch erschießen?«
Auf Jakes Schmunzeln hätte er auch verzichten können. Mark bemühte sich um eine ernste Miene, doch seine Augen funkelten amüsiert.
»Ich sagte, dass es reicht, Alex. Wir müssen hier weg.«
Mit wenigen Sätzen erklärte Mark ihm die Verbindung der Reederei zur Merengo Company und die Spur, die in den Freihafen führte. »Wenn du willst, kannst du uns begleiten. Aber ich warne dich, es kann durchaus sein, dass wir ein paar Paragraphen zu unseren Gunsten auslegen müssen.«
Sven überlegte keine Sekunde. »Ich bin dabei.«
»Dann los. Wir sind sowieso schon viel zu lange hier.«
Sven schüttelte den Kopf. »Sofort, ich muss kurz telefonieren.«
Diesmal hatte er kein Glück, sondern landete auf Brittas Mailbox. »Es tut mir leid, du
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