1 Fatale Bilanz - Ein Hamburg-Krimi
ich eine Erklärung haben, warum ihr bewaffnet in eine Bank eingebrochen seid. Da kommen einige Jahre zusammen.«
»Du spinnst ja.«
Vermutlich hätte Dirk noch mehr zu sagen gehabt, aber Mark stoppte ihn mit einer Handbewegung.
»Steck deine Waffe weg, Sven, dann können wir miteinander reden. Vorher läuft hier gar nichts, außer dass ich ernsthaft sauer werde, und ich glaube nicht, dass du das möchtest.«
Sven hob die Mündung seiner Walther höher. »Du scheinst zu übersehen, wer den Finger am Abzug hat.«
»Du übersiehst hier einiges. Ich wiederhole mich nicht gerne: Waffe weg. Jetzt.«
Marks Forderung in dieser Situation machte keinen Sinn. Entweder litt er an einer fatalen Selbstüberschätzung oder …
Der Lauf einer Waffe, die sich in Svens Seite bohrte, beantwortete seine Frage. Als er den Kopf drehen wollte, wurde der Druck sofort verstärkt. Er unterdrückte ein Stöhnen und wehrte sich nicht, als ihm die Dienstwaffe aus der Hand genommen wurde. Mit einem Stoß wurde er in den Raum hineinbefördert, die Tür geschlossen, und jemand blieb dicht hinter ihm stehen. Unauffällig hob Sven seinen Ellbogen und drehte den Kopf leicht zur Seite.
»Ganz schlechte Idee«, sagte der Mann hinter ihm auf Deutsch mit starkem amerikanischem Akzent und presste ihm die Mündung der Waffe warnend in die Nierengegend. Im Moment hatte er keine Chance, aber der richtige Zeitpunkt würde kommen.
Vergeblich versuchte Sven, die Situation einzuschätzen. Alex durchbohrte ihn mit Blicken, hielt sich aber nach einer Bemerkung ihres Mannes, die er nicht verstehen konnte, zurück. Dass er mit einer Waffe bedroht wurde, schien sie nicht zu interessieren.
Dirk und Mark ignorierten ihn komplett. Zumindest von Dirk hätte er anderes erwartet oder eher erhofft, aber der konzentrierte sich auf Marks Abfragen am PC. Sie schienen auf etwas zu warten, beide starrten wie gebannt auf den Monitor. Er hätte einiges dafür gegeben, zu erfahren, was hier los war. Da er nicht mit Antworten rechnete, verzichtete er auf Fragen. Aber vielleicht konnte er die Ablenkung nutzen. Er hatte genug von der Rolle des passiven Beobachters. Unauffällig verlagerte er sein Gewicht aufs rechte Bein. Wieder verstärkte sich der Druck der Waffe zu einer schmerzhaften Warnung. Wer immer hinter ihm stand, kannte sämtliche Tricks.
»Einen Versuch war es wert.«
Keine Reaktion.
Plötzlich schlug Alex so heftig auf die Schreibtischplatte, dass Sven zusammenzuckte.
»Du hast es, Mark! Um 6:34 Uhr vor ungefähr achtzehn Monaten hat Kranz das Konto hinzugefügt. Endlich haben wir ihn. Damit ist er fällig. Und jetzt ergibt auch der Rest einen Sinn.«
Jetzt war Sven nicht mehr der Einzige, der im Dunklen tappte.
»Was meinst du?« Ungeduldig stupste Dirk seine Frau an, als sie nicht sofort weitersprach.
»Ich weiß jetzt, warum er mich loswerden wollte. Am Tag nach dieser Aktion lief die Unterschlagung zum ersten Mal. Ich hatte an dem Morgen einen Controllingbericht auf den Tisch bekommen, den ich nicht kannte. Aber mir fiel sofort auf, dass er beim Aufwand um eine halbe Million Euro von unseren Daten aus der Buchhaltung abwich. Diese Auswertung ist eigentlich für Kranz bestimmt gewesen. Als ich ihn darauf ansprach, hat er von einem Flüchtigkeitsfehler gesprochen, und ich habe dasThema abgehakt. Jetzt ist mir klar, dass damals zum ersten Mal Geld abgezweigt worden ist.«
Ungläubig sah Dirk Alex an. »Du kannst mir nicht erzählen, dass du dich nach beinahe anderthalb Jahren noch so detailliert an ein Gespräch mit Kranz und einen Irrläufer in der Post erinnern kannst.«
Alex sah ihn beleidigt an. »In diesem Fall schon, weil ich ihm an dem Tag auch gesagt habe, dass ich schwanger bin. Und Kranz muss heilfroh gewesen sein, dass er damit einen halbwegs eleganten Weg gefunden hat, mich loszuwerden. Stell dir mal vor, ich hätte da weiter nachgeforscht.«
Mark zog den USB-Stick aus dem PC und stand auf. »Das stelle ich mir besser nicht vor. Aber das war’s.«
»Stimmt.« Alex sprang so unvermittelt auf, dass Dirk zurücktaumelte. Ohne sich um den Protest ihres Mannes zu kümmern, umarmte sie Mark und küsste ihn auf die Wange. »Du bist genial.«
Lächelnd hielt Mark sie fest. »Nein, das war echtes Teamwork, und letztlich war es deine Idee, die uns direkt zu Kranz gebracht hat.« Er zwinkerte Dirk zu. »Und natürlich deine.«
Als Mark sich an Sven wandte, war das Lächeln verschwunden. »Wir machen hier Schluss«
Das klang nicht gut, und Sven
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