1 Fatale Bilanz - Ein Hamburg-Krimi
wurde es interessant. Alles war besser als das langweilige Routineprogramm am Boden. Hinter ihm liefen bereits die die Rotoren der Bell warm, obwohl er ihren eigentlichen Auftrag noch nicht kannte.
Knapp außerhalb der Reichweite der Rotoren blieb der Standortkommandant stehen und gab Andi und dem Piloten der Bell, Hauptmann Thomas Jäger, ein Zeichen, näherzutreten.
»Einige Amerikaner sind im Rahmen der Terrorbekämpfung seit einigen Tagen mit einem Spezialauftrag in Norddeutschland unterwegs. Wir wurden eben um logistische Unterstützung gebeten. Am Zielort erwartet Sie Captain Mark Rawlins, US Navy. Bis auf weiteres unterstehen Sie seinem Befehl. Zeigen Sie den Amis, dass wir ordentliche Arbeit abliefern, und passen Sie auf sich auf«, brüllte er ihnen über den Rotorenlärm hinweg zu.
Oberst Gruber reichte Andi einen Zettel. »Das sind eure Koordinaten. Ein Wohngebiet in Ahrensburg. Mehr weiß ich auch nicht. Los, ab mit euch.«
Während Jäger die Bell langsam hochzog, gab Andi die Zieladresse in das GPS-System ein und stimmte sich mit der Luftsicherung ab. Zum ersten Mal in seiner Laufbahn nutzte er militärische Vorrechte und bestand auf einem freien Luftkorridor. Der zivile Fluglotse fragte zweimal nach, ehe er den Flug freigab.
Aus der Seitentasche seines Sitzes zog er einen Stadtplan des Hamburger Umlands.
»Spezialauftrag? Auf den Typen bin ich gespannt.«
Jäger verzog das Gesicht. »Vielleicht hat der Alte das extra für dich eingefädelt. Sieh dir die Typen an, und dann wirst du hoffentlich endlich wissen, ob du den Mist losschickst oder nicht.«
Andi ignorierte den Kommentar, da er wusste, dass sein Partner überhaupt nichts davon hielt, dass er über eine Bewerbung beim KSK nachdachte.
»Stimmt, danach bin ich vielleicht schlauer.« Auf der Karte suchte er nach dem Zielort. Das GPS-Gerät war zwar praktisch, aber ein Stadtplan vermittelte ein wesentlich genaueres Bild davon, was sie erwartete. »Das ist tatsächlich ein reines Wohngebiet. Hoffentlich weist der Typ uns ordentlich ein. Wir dürften einige Zuschauer anlocken.«
Sven wünschte sich, er säße anstelle von Jake auf dem Motorrad und wäre an den Terroristen dran. Aber derartige Überlegungen brachten ihn nicht weiter. Die Warterei vor einem Einsatz war noch nie seine Stärke gewesen, und jetzt kam die Angst um Britta hinzu. Er beneidete Mark, der scheinbar entspannt auf einem Stuhl saß. Den Kopf in den Nacken gelegt, blickte er ruhig an die Decke. Alex beschäftigte im Kinderzimmer Tim, der im denkbar ungünstigsten Moment wach geworden war.
Unwillkürlich fragte er sich, wie oft Mark wohl schon in einer solchen Situation gewesen war. Der Amerikaner musste unzählige Einsätze hinter sich haben, wenn er mit Ende dreißig bereits Captain war. Die Warterei machte ihn wahnsinnig, und eine Frage ging ihm nicht mehr aus dem Kopf.
»Wieso weiß die Bundeswehr, dass ihr hier seid, und warum springen die sofort, wenn du was sagst, während das LKA verarscht wird?« Sein Ton war entschieden zu scharf gewesen, aber ehe er das korrigieren konnte, sah Mark ihn bereits durchdringend an.
»Ich würde auch einiges dafür geben, mit Jake zu tauschen. Oder mit Dirk.« Mark verschränkte die Hände hinterm Kopf und starrte wieder auf die Holzdecke. »Beschwer dich nicht beimir, sondern bei deiner Regierung, und was das LKA angeht, klär das mit deinem Vorgesetzten. Gegenüber militärischen Institutionen bin ich durch meinen Rang im Rahmen der Nato-Anti-Terror-Aufträge autorisiert, und in diesem Fall sind sie informiert worden, dass sie uns bei Bedarf zu unterstützen haben. Natürlich nur mit Logistik, keine unmittelbare Beteiligung an Kampfeinsätzen.«
»Beeindruckend, aber bilde dir nicht ein, dass ich salutiere.«
Mark stieß ein raues Lachen aus. »Genau das war auch Dirks Kommentar.«
»Es tut mir leid. Ich wollte nicht …« Reichlich spät war ihm eingefallen, dass die beiden mittlerweile Freunde waren.
»Schon gut, Sven. Der Hubschrauber ist im Anflug. Hol Alex. Ich weise ihn ein.«
Obwohl er angespannt horchte, hörte er nichts. Auch als er die Treppe wieder hinunterkam, war nichts von einem Hubschrauber zu hören. Stattdessen stand Natascha in der Haustür.
»Was ist denn los?« Sichtlich besorgt wanderte ihr Blick zwischen Sven und Alex hin und her. »Eben ist Mark an mir vorbei gerannt, aber ich verstehe nicht, was hier los ist.«
Alex war kreidebleich, wirkte aber gefasst. Sie wollte etwas sagen, brachte aber kein
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