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1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

Titel: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra van Laak
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hustete leise. Unten am Tisch saßen mein Mann und ich, uns gegenüber ein Herr, der sich als Unternehmensberater bezeichnete und Kredite in Aussicht stellte, um die Firmen zu retten. Winzige Pupillen, einen harten Zug um den Mund. An diesem Abend unterschrieb ich wider besseren Wissens und – noch schlimmer – wider besseren Gefühls einen Kreditvertrag, der die Insolvenz von den Unternehmen meines Ehemannes abwenden sollte. Selbstverständlich kam dann alles anders, und zwar schlimmer.
    »Frau van Laak, darf ich Ihnen kurz die Rahmenbedingungen unseres Unternehmens für Ihre persönliche Karriere bei uns erklären.« Lächelndes Zahnweiß blinkte mich an. Aber ich hatte sie gesehen, die harte Falte um seinen Mund, die kleinen, berechnenden Pupillen. Eine Millisekunde lang hatte sich mir die Kehrseite der Medaille gezeigt. Der Sorte war ich schon einmal begegnet.
    »Herr Buschkrug, vielen Dank. Ich bin nicht die Richtige für diese Firma, und diese Firma ist nicht das Richtige für mich.«
    Verfolgt man die aus gutem Grund anonym gehaltenen Beiträge ehemaliger Finanzberater dieses Unternehmens in den Aussteiger-Foren im Internet, so lag ich in dieser für mich so chaotischen Zeit mit diesem einen Satz jedenfalls goldrichtig. Das Beste: Ich hatte ihn rechtzeitig ausgesprochen und musste die elenden Folgen, über die in den Aussteiger-Foren von den Betroffenen berichtet wird, nicht am eigenen Leibe erfahren. Gewiss, ich hatte anderes durchzumachen, das auch nicht ohne war, aber es hilft auch weiter, sich vor Augen zu halten, in was man definitiv nicht hineingeschlittert ist.
    Ich sagte Herrn Buschkrug noch nicht einmal auf Wiedersehen. Ich stand auf und verließ fast in Trance den Besprechungsraum. Was mir der gutaussehende Finanzoptimierer hinterherrief, weiß ich nicht mehr. Ich schwebte betäubt die Treppe zum Foyer hinunter, war ein wenig zu schnell für das Auf-Zu der automatischen Glastür nach draußen, musste nochmals zurücktreten, bis sich diese stotternd aufschob und mich in den hellen Sommertag entließ. Nervös stocherte ich mit dem Schlüssel im Türschloss des Autos herum.
    Schneller als Jonas es mir hätte durchgehen lassen, lenkte ich den Wagen aus der Straße des Gewerbegebietes hinaus und schaltete vom zweiten sogleich in den vierten Gang. Mir tat der klagende Ton des überdrehten Motors spürbar gut.
    Die Wurzelhorde, die Autowaschanlage und das Etablissement, in dem »alles kann, nichts muss«, flitzten am Fenster vorüber und bescherten mir ein reines, ein herrliches Gefühl: Freiheit.
    Mama, ich brauche Sportschuhe.
    Warte, ich schaue nach, ob dir Friedas alte passen.
    Was, ich trag doch keine Mädchenschuhe!
    Das sind Turnschuhe, mein Sohn! Die sind für Mädchen und Jungen.
    Nee, die sind hellblau, das sind Mädchenschuhe.
    Sie passen dir, du brauchst jetzt welche, also zieh die verdammt noch mal an.
    Das kotzt mich echt an, ich will ja noch nicht mal Nike oder Adidas oder so’n Kram, ich will einfach nur männliche Turnschuhe haben.

Es geht nur um Geld
    W as ist das schon, Materie? Es ist verblüffend, wie schnell Gegenstände an Bedeutung verlieren können, wenn die eigene Existenz auf dem Spiel steht. Es hatte geradezu etwas Kathartisches, nach dem Scheitern meiner Ehe und der angekündigten Zwangsräumung des Hauses mit wenig mehr als nichts auf der Straße zu stehen.
    Zum Nichts gehörte jedoch auch ein Cello. Ich hatte es nach dem ersten Besuch des Gerichtsvollziehers in unserer Villa bei meiner Freundin Renate untergebracht, sicher ist sicher. Als Studentin hatte ich mit dem Cello-Unterricht begonnen, spielte jahrelang auf geliehenen Instrumenten, manche von ihnen klangen wie bessere Zigarrenkisten. Während des Studiums arbeitete ich im Kunsthandel und Galeriewesen, legte stets ein wenig Geld beiseite, um mir irgendwann ein eigenes Cello leisten zu können. Ich steckte noch mitten in den mündlichen Prüfungen zum Abschluss des Studiums, da arbeitete ich bereits als Angestellte in einem Unternehmen in der Medienbranche – auch hier legte ich monatlich etwas für meinen Cello-Traum beiseite, bis ich mir ein wunderbares Instrument kaufen konnte. Keine Stradivari, aber ein Violoncello mit Zertifikat aus einer alten süddeutschen Geigenbauer-Werkstatt, immerhin hundertfünfzig Jahre alt, und es war immer gespielt worden, für ein Streichinstrument ein wichtiges Kriterium.
    Die braunrot schimmernde Oberfläche des herrlichen Instruments hatte mich von Anfang an fasziniert. Man sah

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