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1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

Titel: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra van Laak
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Prioritäten genau sechs Monate lang durch. Dann haben sie sich woanders eine Wohnung gesucht.
    Mama, in unserem Haus früher hat es mir besser gefallen als hier.

    Kann ich verstehen.
    Wenn ich groß bin, werde ich Beamterin.
    Warum denn?
    Dann bekommt man immer Geld und kann in seinem Haus wohnen bleiben.

Mit drei Buchstaben zum Glück
    E igentlich spürt man das ja, wenn etwas nicht ganz seriös rüberkommt. Kleine mulmige Gefühle werden jedoch schnell ignoriert, wenn man die Chance, das Geldproblem zu lösen, als größer empfindet als das Risiko, neue Probleme zu bekommen.
    Welche Chancen hatte ich schon? Ganz egal wie viele Drehbücher ich übersetzen würde, wie viele kleine Jobs ich an Land ziehen würde – es würde nie für uns fünf reichen. Trotz Kindergeld, trotz Unterhaltsvorschuss, aus dem die Kinder mit dem Erreichen des zwölften Lebensjahres sukzessive herausfallen würden. Nur ein richtig gutbezahlter Fulltimejob böte eine vernünftige Perspektive. Ich brauchte einen solchen Job, und zwar sofort.

    Menschen mit Charisma gesucht. Ausbildung und Vorkenntnisse spielen keine Rolle. Teamgeist, Begeisterungsfähigkeit, Flexibilität sind gefragt für exzellent bezahlte Arbeit im Bereich der Finanzberatung.
    Mich störte eigentlich nur das Wort Finanzberatung. Auf der anderen Seite: Jede der in der Anzeige genannten Eigenschaften brachte ich mit. Bei »Flexibilität« würde ich wieder ein wenig lügen müssen, aber das war ich mittlerweile gewohnt. Aus vier wurde maximal ein Kind, dazu wurde stets eine Großtante mit Dutt erfunden, die mir den Haushalt machte und auf mein Schulkind aufpasste.
    Ich rief die Berliner Nummer an und meldete mich selbstbewusst als die Person, die sie suchten, und gestand sogleich, dass ich von Finanzen keine Ahnung hatte.
    Der Typ am anderen Ende lachte herzlich. Das sei gar nicht schlimm, es ginge um Menschen, die eine Ausstrahlung hätten, und offensichtlich sei ich da schon mal richtig bei ihnen. Er machte sogleich einen Termin mit mir aus, in drei Tagen sollte ich mich persönlich bei ihm vorstellen kommen, Raum Nummer 2011. Meine Frage, um was für ein Unternehmen es sich denn handle, beantwortete er mit einem genuschelten dreisilbigen Wort, das wie eine Abkürzung klang.
    Der Weg zum Vorstellungsgespräch war lang, die Adresse war in einem der Randbezirke Berlins, ich hatte das Auto meiner Schwester bekommen, eintönige Häuserzeilen sausten vorbei, dazwischen Gewerbegebiete, die Brücken der Stadtautobahn, dann wieder einsam wirkende Siedlungen, klotzige Produktionshallen wie Fremdkörper auf schäbigen Wiesen, verlassene Bürgersteige, einem Mülleimer an einem Laternenpfosten fehlte der Boden, der Müll verteilte sich auf der Straße und auf den grauen Betonplatten in einem Vorgarten. Auf meinem Beifahrersitz knitterte sich der Stadtplan, ja, ich war noch in der richtigen Richtung unterwegs, aus dem Augenwinkel nahm ich eine Leuchtreklame wahr, »Swinger 23«, dann »Car Cosmetic«, »Kita Wurzelhorde«, aber überall war es gähnend leer, und das mitten am Vormittag.
    Eine Viertelstunde später bog ich in ein weiteres Gewerbegebiet ein, es bestand aus vielen Flachbauten, nur ein Gebäude stach daraus hervor. Es war einer dieser Siebzigerjahre-Bauten, die mit viel Glas und Kunststoffverblendungen in einem aufdringlichen Blau damals etwas hermachen wollten, aber nun, dreißig Jahre später, war der Kunststoff von einer hässlichen Patina überzogen, die leicht verspiegelten Fenster verdoppelten die Monotonie der Umgebung, Unkraut wucherte dort, wo die Kiessteinplatten aneinanderstießen. Auf der Fassade prangten drei Buchstaben, die mir damals nichts sagten.
    Ein protzig gestalteter Eingangsbereich, der Empfang unbesetzt, die von dem Herrn am Telefon angegebene Raumnummer ließ vermuten, dass ich in den zweiten Stock musste. Langer Gang, die meisten Bürotüren geöffnet, aber niemand darin. Die Fenster gingen alle auf einen hellen Innenhof hinaus. Die Tür zu dem gesuchten Raum stand weit offen, und der Herr stand sogleich auf, als ich im Türrahmen erschien. Angeblich soll sich in den ersten Sekunden entscheiden, ob man einander sympathisch ist oder nicht. Dieser Mann wirkte sehr angenehm auf mich, und das erste Mal in meiner Job-Odyssee hatte ich das Gefühl – Finanzberatung hin, Finanzberatung her –, dass ich nun angekommen sei. Bei vernünftigen, netten Menschen, bei einer seriösen Arbeit, bei einem Einkommen, das den Lebensunterhalt für meine vier

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