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1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

Titel: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra van Laak
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Hintertreppe waren mattweiß lackiert, ich stieg vorsichtig die enge Windung hinauf, bis ich nach etwa zwei Stockwerken vor einer Holztür stand. Sie war angelehnt, ich klopfte vorsichtshalber und hörte kurz darauf ein kräftiges »Herein!«.
    Der Raum hinter der Holztür war inklusive der alten Dielung ganz in mattem Weiß gehalten und von großer Schlichtheit. Vor den alten Fenstern bauschten sich lange Leinenvorhänge, an der Decke gab es nur eine einfache, mattierte Glühbirne, die ein nüchternes, aber angenehmes Licht erzeugte. Die Atmosphäre war der des Inneren einer alten protestantischen Dorfkirche nicht unähnlich. Ein großer Schreibtisch stand in der Mitte des Raumes. Er bestand aus einer riesigen, weißen Holzplatte, die auf zwei filigranen Böcken aus Metall aufsetzte. Auf der Tischplatte befanden sich verschiedene Blätter und ein Buch – sogar der Buchumschlag war ganz in Weiß.
    Es gab nur eine einzige Farbe in dem Raum, und das war der dunkelrote Anzug des groß gewachsenen Herrn, der hinter dem Schreibtisch von seinem – weißen – Holzstuhl aufstand. Er sah aus wie eine Mischung aus David Bowie und Alain Delon, vom Alter her kam das auch ungefähr hin. Herr M. streckte mir seine große Hand über den weißen Tisch hinweg entgegen. Die fleckige Haut der Hand erinnerte mich an die Rinde der Platanenbäume. Dies war der einzige Makel, den ich an diesem gutaussehenden, in Würde gealterten Mann entdecken konnte.
    »Guten Tag, schön, dass Sie gekommen sind, Frau … äh?«
    »Van Laak«, ergänzte ich eilfertig, immer noch etwas perplex, welch überwältigend ästhetische Wirkung der rotbefrackte Mann in den weißen Wänden entfaltete. »Petra van Laak.«
    Herr M. bot mir den zweiten Stuhl an, der ihm gegenüber vor dem Tisch stand. Ich setzte mich, er war ausgesprochen bequem, obwohl diese Holzstühle optisch den Gemütlichkeitseindruck von Büßerbänkchen machten.
    »Frau van Laak – van Laak, van Laak …« Herr M. lauschte ein wenig dem Klang des Namens nach. »Sagen Sie, wie die Hemden, die ich trage?«
    »Leider nein«, erklärte ich. »Die Hemdenfirma van Laack schreibt sich mit ck. Ich bin nicht mit denen verwandt. Leider.«
    Er lächelte ein wenig und schaute mich interessiert an. Er schien Zeit gewinnen zu wollen. Sein Blick blieb einige Male an meinen Hosenbeinen hängen, aber nur unmerklich, kaum wahrzunehmen. War meine Hose doch in die Speichen gekommen? Hatte ich einen Fleck übersehen? Ich zwang mich, nicht hinunterzuschauen.
    »Gut, Frau van Laak, van Laak ohne ck«, fing Herr M. wieder an. »Sie hatten ja schon einige Angaben zu Ihrer Person im Sekretariat gemacht.« Er zog eines der weißen Blätter hervor und warf einen kurzen prüfenden Blick darauf.
    Ich nickte. »Ja, ich habe mit einer Dame gesprochen und ihr auch eine Kurzvita geschickt.«
    »Ich weiß. Unser Sekretariat funktioniert einwandfrei. Endlich.« Herr M. legte das Blatt beiseite und nahm das Buch in dem weißen Umschlag zur Hand. »Van Laak – wo kommt der Name eigentlich her?«
    »Aus dem Niederländischen«, antwortete ich, überrascht, dass Herr M. dies genau wissen wollte. »Es hieß ursprünglich ›van der laake‹, also ins Deutsche übertragen ›vom See‹.«
    Herr M. nickte zufrieden. »Frau vom See, ja, das ist gut.« Er sann seinen eigenen Worten ein wenig nach, wie ein Schauspieler, der auf der Bühne eine Kunstpause macht. Mit seinem roten Anzug inmitten des weiß, weiß, weißen Raumes mit seiner knarrenden Dielung nahm er sich tatsächlich ein wenig wie ein Mime aus der Royal Shakespeare Company aus.
    Ich wartete. Herr M. schlug das weiße Buch auf und blätterte versunken darin. Ich konnte erkennen, dass es lauter handschriftliche Notizen waren, dazwischen kleine Bilder, offenbar eingeklebt. Das Buch war demnach ein Blindband, vielleicht so etwas wie ein Tagebuch. Herr M. sah, dass ich das Buch genauer betrachtete.
    »Frau van Laak vom See, wissen Sie, das hier ist mein Hassbuch.«
    »Wie bitte?«
    »Richtig gehört. Mein Hassbuch. Ich sammle darin alle Menschen, die ich hasse.« Er hielt das aufgeschlagene Buch hoch, drehte es um und zeigte mir von weitem eine Doppelseite, auf der ich Gekritzel und zwei aus Zeitungen ausgeschnittene Porträts sehen konnte. Ich konnte die Menschen auf den Fotos allerdings nicht erkennen, auch konnte ich Herrn M.s Schrift nicht entziffern. Er legte das Buch wieder ab, blätterte einige Seiten vor und blieb an einer Stelle hängen. Er strich die Seite

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