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1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

Titel: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra van Laak
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Priorität.
    Am Weißen Sonntag sah Frieda wunderschön aus. Ich hatte ihr einen Kranz aus frischen weißen Freesien ins Haar geflochten, der tuffige Glockenrock rauschte seidig um ihre Beine, der Oberkörper war von der weißen Strickjacke, die sie bis oben zugeknöpft trug, bedeckt. Von weitem konnte man nicht erkennen, dass das Kleid beherzt halbiert worden war, sondern musste das originale Oberteil unter der Strickjacke vermuten.
    Die Kinder schritten in Pärchen den Mittelgang der Kirche entlang, alle Verwandten reckten die Hälse, um den besten Blick auf ihr Kind zu erhaschen. Als Frieda direkt an unserer Bank vorbeizog, die Augen konzentriert auf die zuckende Flamme ihrer Taufkerze gerichtet, fiel mir ein älteres Paar auf, das in der Bank neben mir besonders intensiv auf Frieda zu schauen schien. Die alte Dame stupste ihren Mann an und flüsterte etwas in sein Ohr. Dieser nickte und zeigte vage in Friedas Richtung.
    Ich war zu aufgeregt, um mir die Gesichter zu merken.
    Es war ein herrlicher Tag. Abends saß ich an Friedas Bettkante und fragte sie nach dem doofsten und dem besten Erlebnis des Tages. Das machen wir immer so, dadurch erfährt man als Mutter jede Menge Interessantes. Wichtig ist die Reihenfolge: erst das Blöde, und abschließen mit dem Guten, denn das bleibt in Erinnerung.
    »Mama, das Blödeste war, dass meine Blumen im Haar am Nachmittag welk geworden sind. Das Schönste war, dass die anderen Mädchen mein Outfit so toll fanden. Obwohl, die Janine, die hat mich so komisch angeguckt, und dann hat sie gesagt, dass sie der Rock an was erinnert. Ihre Oma hat ihr zum Geburtstag ein Kommunionkleid geschenkt, das ist aber so grauenvoll gewesen, dass es die Oma wieder mitgenommen hat. Aber meins, hat Janine gesagt, meins sieht ganz toll aus.«
    Mama, meine Lehrerin hat gesagt, dass der Förderverein uns was zur Klassenfahrt dazutut.
    Super! Da freue ich mich!
    Und dann hat sie mich beiseitegenommen und mir gesagt, dass ich mich dafür nicht schämen brauche. Das fand ich doof.
    Sie hat es doch nur nett gemeint.
    Kann ja sein, aber als sie es gesagt hat, da habe ich eigentlich erst angefangen, mich zu schämen.

Privatsekretärin gesucht
    D er zweite Sommer als Alleinerziehende war vergangen. Wo stand ich eigentlich? Was hatte ich erreicht? Einerseits viel. Ich war dem Irrsinn entkommen, der sich zuletzt in der Villa am See abgespielt hatte. Die Kinder schienen alles einigermaßen schadlos überstanden zu haben. Sie fühlten sich von Vater und Mutter geliebt. Es gab regelmäßige Besuchszeiten beim Vater, auf die ich mich – bei vielen anderen Scheidungspaaren keineswegs selbstverständlich – verlassen konnte. Andererseits musste ich statt Kindesunterhalt mit den Ersatzzahlungen vom Jugendamt vorliebnehmen, und die reichten nicht wirklich aus. Ich hatte jede Menge kleiner Jobs übernommen, meine Zeit minutiös eingeteilt, um mehrere Aufträge parallel erledigen zu können – wo befand ich mich jetzt? Immer noch keine feste Stelle, die mir Ruhe garantiert hätte. Stattdessen immer wieder Versuche, etwas Dauerhaftes zu bekommen. Es war zermürbend. Aber ich wollte die Hoffnung partout nicht aufgeben und meldete mich weiter auf Stellenangebote.

    Es sind spezielle Persönlichkeiten, die sich eines Privatsekretärs oder einer Privatsekretärin bedienen. Es geht weniger um die Erledigung alltäglicher Büroarbeiten als darum, ein spleeniges Anliegen voranzutreiben. Dazu versichert man sich gerne der bezahlten – und damit nicht authentischen – Komplizenschaft eines persönlichen Assistenten.
    Meine erste Begegnung mit jemandem, der eine Privatsekretärin suchte, endete bereits mit dem ersten telefonischen Kontakt.
    »Sie hatten inseriert, dass Sie eine persönliche Assistentin für Büroarbeit benötigen. Mein Name ist Petra van Laak, guten Tag.«
    Am anderen Ende der Leitung fragte der Mann in den Hörer: »Ja, meine Dame, beschreiben Sie mir bitte Ihre Fähigkeiten?«
    Die Stimme war klebrig, und zwar im Sinne von distanzlos, als lauerte der Mann auf eine besondere, mir noch unbekannte Gelegenheit. Er nannte seinen Namen nicht, ich schätzte ihn auf Ende sechzig, keine Dialektfärbung, akzentfreies Deutsch. Im Hintergrund perlten die Klänge einer Klaviersonate (Schubert?), sehr präzise gespielt, kein Zeug von irgendeinem Klassik-Sampler.
    »Ich schreibe zehn Finger blind, bin mit den gängigen Office-Programmen auf dem PC und Mac vertraut, Englisch fließend in Wort und Schrift,

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