1 - Schatten im Wasser
Reiterin.« Das Pferd kratzte zu diesen Worten mit dem Vorderhuf im Sand, schlug heftig mit dem Kopf und schielte nach etwas Essbarem.
»Mir wird schwindelig da oben.« Ihre Stimmung wurde schwärzer, ihr Ton bissiger. Sie hasste es, eine Schwäche zugeben zu müssen.
»Dann hefte deinen Blick auf das, was kommt, und schau nicht hinunter.
Was du sehen wirst, ist so wunderbar und gran 281
dios, dir wird der Schwindel schleunigst vergehen.« Eine winzige Spur von Ungeduld stahl sich in seinen Ton. Er fühlte sich fiebrig und schlapp und bemühte sich, seine Frau davon nichts merken zu lassen. Außerdem ging ihm die Sache mit dem Elfenbeindiebstahl nicht aus dem Kopf. Neben den Rindern waren Stoßzähne das höchste Gut der Zulus. Sie zu stehlen war Wahnwitz. Er hatte keine Lust, die Konsequenzen für irgendeinen le-bensmüden Dummkopf zu tragen. Er würde Sicelo bitten, sich umzuhören.
Sorgfältig prüfte er noch einmal den Sattelgurt und bot ihr dann seine gefalteten Hände als Steigbügel. »Halte die Zügel fest und lasse sie unter keinen Umständen los, egal, was passiert.«
Voller Widerwil en ergriff sie die Zügel, setzte einen Fuß auf seine Hände und fand sich gleich darauf im Damensitz im Sattel. Sie hakte ihr Knie über den Knauf und ordnete ihr Kleid. Es war abscheulich unbequem. Neidvoll sah sie zu, wie mühelos Johann sich auf sein Pferd schwang und gemütlich zurechtsetzte. Die Zügel locker haltend, zog sie den Kinnriemen ihres breitkrempigen Strohhutes fest, den ihr Dan de Vil iers nachträglich zur Hochzeit verehrt hatte. Die prächtige Straußenfeder, die er eigenhändig ausgewählt hatte, wehte wie ein stolzes Banner im kräftigen Seewind, und die breite Krempe schützte sie gegen die Sonne. Dafür war sie ihm sehr dankbar, denn Hüte, so hatte sie zu ihrer außerordentlichen Befremdung von Dolly Farrington erfahren, machte man sich hier selbst.
»Man schneidet einen großen Kreis aus einem hübschen Kattun oder auch aus Steifleinen, aber das ist hier so gut wie nie zu bekommen. Man kann den dünneren Stoff stattdessen doppelt legen und umsäumt ihn dann mit kleinen Stichen. Den Hinterkopfteil fältelt man und heftet die Falten an, um sie dann mit festem Garn einzureihen. Sehen Sie, so sieht das dann aus.« Dolly Farrington stülpte sich eine Haube auf den Kopf und schielte unter der schlappen Krempe hervor. »Natürlich kann man die Krempe mit Draht versteifen, aber der rostet innerhalb von Stunden in dieser Feuchtigkeit, auch Karton, mit dem man den Rand fester machen könnte, löst sich bald auf.«
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Dan de Vil iers hatte sie bei diesem Gespräch beobachtet, in sich hineingegluckst bei der Vorstellung, was die junge Frau Steinach noch alles zu lernen hatte, und war ein wenig später mit diesem Straußenfederhut bei ihr erschienen. Sie setzte ihn sofort auf, rückte ihn verwegen über die Stirn und lachte ihn aus strahlend blauen Augen an, worauf der Schlangenfänger weiche Knie bekam und sich energisch zurechtweisen musste. Immerhin war sie die Frau seines Freundes.
Caligula, der keinen Zug an der Trense fühlte, entdeckte Mrs.
Farringtons saftige Salatblätter, verspürte große Lust, sie abzuknabbern, und zog den Kopf nach vorn und seine Reiterin aus dem Sattel. Sie hing an seinem Hals und lief tiefrot an, verwünschte den verdammten Gaul, verwünschte ihren grienenden Ehemann und die amüsierten Zuschauer und hoffte inständig, dass sich die Erde auftun und sie verschlucken würde.
Stattdessen rutschte sie an dem fettigen Pferdehals ab und landete auf ihrem Hinterteil im Sand. Eine erneute Welle von Gelächter lief durch die Umstehenden, besonders die anwesenden Zulus freuten sich schenkelschlagend über ihre Kapriolen. Am lautesten lachte Sicelo und fing sich prompt einen Knuff und eine zornige Salve auf Zulu von Johann ein, der sofort aus dem Sattel geglitten war, um ihr zu helfen.
»Mach dir nichts draus«, sagte er leise, während er sie hinaufhob, »das ergeht al en Anfangern so. Du musst mit den Zügeln immer Verbindung zum Pferdemaul halten, lass sie nie locker schleifen. Du brauchst nichts weiter zu tun, als im Sattel zu bleiben. Caligula wird seinem Stallgenossen folgen. Und nun lass uns aufbrechen, sonst wird der Tag zu kurz.« Und ich fall vom Pferd, weil das Fieber ständig steigt. Aber das dachte er nur.
Verdrossen blinzelte Catherine in die Sonne, die eben über dem Meer aufgegangen war. Seit zwei Stunden war sie schon auf den Beinen, und vor ihr lagen noch gute
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