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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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anschwollen und sie in ihrem langärmeligen, hochgeschlossenen Reisekleid zum Gotterbarmen schwitzte. Eine Freundin von Mrs. Far- rington hatte zwar in den vergangenen drei Tagen in fliegender Hast ihr ausgebleichtes, hellblaues Kattunkleid gewendet, das nun wieder einigermaßen manierlich aussah, aber als Herrin von Inqaba konnte sie doch unmöglich derartig unpassend gekleidet ihre Reise antreten. Schon spürte sie die Nässe unter ihren Armen und fürchtete, bald genauso scharf zu riechen wie die meisten hier.
    Eine ganze Kanne Wasser hatte sie abends aufgebraucht, um sich zu reinigen, hatte sich heute Morgen ein wenig Mehl von Mrs. Farrington erbeten und ihre Achselhöhlen damit gepudert. Es war normales Weizenmehl. Reismehl, das dafür besonders geeignet war, gab es in diesem jämmerlichen Ort natürlich nicht.
    Sie hob die Zügel, und Caligula setzte sich gemächlich in Bewegung und folgte Johanns Wallach Shakespeare. Vor ihrem inneren Auge flimmerte wie eine Fata Morgana die weiße Stadt am Meer, die sie erwartet hatte, die feudale Kutsche der Steinachs, von der sie geglaubt hatte, an der Pier abgeholt zu werden. Sie warf einen verächtlichen Blick über die Schulter zurück. Es gab nicht einmal eine Pier. Die Fata Morgana löste sich auf. Ihr Blick richtete sich in die Zukunft, auf das weiße Haus auf dem Hügel, sah sich auf der prächtige Auffahrt ihren Einzug auf Inqaba halten. Sofort regte sich das Argwohngeschwür. »Unser Haus auf Inqaba - ist es weiß?«, tastete sie sich vorsichtig an die Wahrheit heran.
    »Nein, es hat die Farbe der afrikanischen Erde, aus der seine Ziegel gebrannt wurden, ein wunderschönes, goldgelbes Ocker. Warum fragst du?
    Hättest du es lieber weiß? Wir könnten es kalken, das wäre kein großes Problem. Weiß sieht vielleicht auch noch freundlicher aus«, setzte er hinzu.
    Seine prompte Antwort und die Begeisterung für ihren Vorschlag zerstreute alle Zweifel. Was interessierte sie Durban? Ihr Zuhause würde Inqaba sein. »Ich kann die Auffahrt vor mir sehen«, sagte sie listig und beobachtete ihn mit Luchsaugen auf
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    jede Regung, »sie ist weit und rechts und links von Bäumen gesäumt. Ist das Bild richtig, das ich da male?«
    Er strahlte. »Vollkommen richtig. Und du kannst das Haus schon von ferne auf seinem Hügel thronen sehen.«
    Sie sah das Haus, wie es stolz von seiner Anhöhe übers Land schaute, und schmolz dahin. »Herrlich«, seufzte sie inbrünstig. »Wären wir doch nur schon zu Hause.« Was zählten da schon ein paar unbequeme Tage?
    Nach lautstarkem Abschied von allen, die sie seit ihrer Ankunft getroffen hatten, lenkte Johann sein Pferd aus Durban hinaus gen Osten, vorbei am Commercial Hotel, dessen Gäste ihnen grölend Lebewohl zuriefen, an Dick Kings frischen, von Fliegen umschwärmten Schweinehälften und Catos Laden, vor dem eben von den Drakensbergen heruntergekommene Trekburen ihre Ochsen ausspannten. Auf dem großen, buschbewachsenem Platz in der Mitte Durbans hatten mehrere lärmende Familien bunt gestreifte Zelte aufgestellt und bereits die ersten Feuer für das Gril fest angezündet. Zwei junge Schweine, eben aus dem Spanferkelalter, hingen frisch geschlachtet an einem der Planwagen. Zwischen den Zelten packten Frauen Kochutensilien aus, Bettdecken wurden gelüftet, Kinder spielten mit kläffenden Hunden im niedrigen Dünenbusch. Durban bereitete sich auf das Hinrichtungsspektakel vor. Die Galgen, die auf einem Brettergerüst errichtet waren, erhoben sich schwarz und drohend in den durchsichtig blauen Frühlingshimmel. Catherine ritt mit gesenktem Kopf vorbei.
    »Die Aussicht vom Berea hinunter auf Durban, die Bucht und das Meer zeige ich dir das nächste Mal. Wir müssen so schnell wie möglich heim«, rief ihr Mann ihr über die Schulter zu und trieb sein Pferd an.
    Der breite Weg wurde schmaler, und irgendwann nahm Johann eine Abzweigung. »Das kürzt den Weg zum Umgeni um über eine Stunde ab.
    Auch wenn er etwas beschwerlicher ist, wirst du mir heute Abend noch dankbar sein.«
    Nach zehn Meilen, die sie auf einem Pfad durch Gestrüpp, sumpfiges Land und Sanddünen geritten waren, musste sie ab-287
    steigen, weil ihr Hinterteil derart brannte, dass es ihr unmöglich war, auch nur noch eine Sekunde länger im Sattel zu sitzen. Verschämt betastete sie die schmerzenden Stellen und fühlte rohes Fleisch. »Ich hab mich durchgeritten«, rief sie empört aus. »Was soll ich nur tun?«
    Es zuckte verdächtig um seine Mundwinkel, aber er brachte

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