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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Berührungen der Mädchen beruhigte sie sich sogar zumindest so weit, dass sie Johann anlächeln konnte, als dieser eintrat. Mit hohen Vogellauten stoben die Mädchen davon.
    Johann warf ihre Decken auf das Bett, setzte ihre Reisetasche auf den Boden und ließ sich schwer im Schaukelstuhl nieder. Der Schweiß lief ihm aus den Haaren, doch als sie seine Wange berührte, war sie trocken und heiß. Er hatte noch immer hohes Fieber.
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    Mittlerweile hatte sie sich so weit gesammelt, dass ihr die Stimme gehorchte. »Wer sind diese Frauen? Sie sind hübsch, nicht wahr?«, presste sie hervor, nur um irgendetwas zu sagen. Johann durfte auf gar keinen Fal von Konstantins Besuch in Onetoe-Jacks Haus erfahren, und nie, unter gar keinen Umständen, durfte ihm der Brief von Wilhelm von Sattelburg in die Hände fallen.
    »Es sind Jacks Frauen. Acht, soweit ich auf dem letzten Stand bin, vielleicht aber auch neun. Bevor wir schlafen gehen, bringen sie uns etwas zu essen. Ich bin ziemlich erledigt.« Die Wahrheit war, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.

    Acht Frauen? Catherine stellte sich vor, was Männer und Frauen im Ehebett machten, und verstand nicht. »Acht?«, platzte sie heraus. »Auf einmal?«
    Johann starrte sie verständnislos an. Als er begriff, wohin ihre Gedanken liefen, konnte er gerade noch einen Lachanfall unterdrücken. Immer wieder vergaß er, wie jung sie doch war und, wie es sich für eine gesittete junge Frau gehörte, unberührt von al em Niederen der Welt. »Nacheinander«, erklärte er trocken, zog sie auf seine Knie und sah ihr forschend ins Gesicht. »Du bist sehr blass. Werde mir ja nicht krank.« Sie konnte doch unmöglich das Fieber haben, in Kapstadt trat es nicht auf, und sie hatte sich noch nicht lange genug in Natal aufgehalten. O Herr, schickte er ein schweigendes Stoßgebet zum Himmel, sei gnädig, bitte verschone sie.
    Bitte.
    Krank?, dachte Catherine. Nein, krank war sie nicht. Verrückt, verzweifelt und völlig durcheinander, aber nicht krank. »I wo, ich habe eine Pferdenatur. Es geht mir bestens. Ich bin nur müde.« Sie gähnte übertrieben, mied aber vorsichtshalber seinen Blick, um ihm nicht die Gelegenheit zu bieten, in ihren Zügen die Wahrheit zu lesen.
    Die kichernden Mädchen erschienen bald mit ihrem Essen. Sie knieten vor Johann nieder und stellten ihm eine dampfende, irdene Schüssel zu Füßen, die Fleisch, Knochen und Kürbisstücke enthielt. Zwei weitere von Onetoe-Jacks Frauen brachten eine stramm gewebte Matte mit einem großen Haufen steifen
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    Maisbreis und setzten auch die vor Johann ab. Catherine beachteten sie nicht. Mit einem leisen Lächeln in den Mundwinkeln sagte Johann etwas auf Zulu zu dem ältesten. Die sah hinüber zu Catherine, nickte und bot nun auch ihr die Speisen an, al erdings aufrecht stehend.
    »Was hast du ihnen nur gesagt? Warum rutschen sie auf Knien vor dir herum, und warum ignorieren sie mich?«, fragte Catherine leise, aber aufgebracht von dieser Missachtung ihr gegenüber.
    »Yabonga ghakulu«, murmelte ihr Mann und nahm ein bauchiges, tiefschwarz poliertes Tongefäß aus der Hand von Jacks ältester Frau entgegen. Es enthielt schäumendes Bier, das so kühl war, dass kleine Wassertropfen auf der Außenseite kondensierten. Er trank einen tiefen Schluck, bevor er seiner Frau antwortete. »Sie bringen ihrem Mann und seinen Gästen stets das Essen auf Knien dar, um ihren Respekt zu zeigen.
    Ich habe ihr nur gesagt, dass auch du ein geschätzter Gast von Jack bist.
    Als Frau hättest du sonst das, was von meinem Mahl übrig bleibt, draußen essen müssen.«
    »Die Krumen vom Tisch meines Herrn und Gebieters«, spottete sie und stopfte aufgebracht die scharf gewürzten Gerichte in sich hinein.
    Nachdem sie gegessen hatten, legten sie sich sofort hin. »Wir müssen morgen vor Sonnenaufgang los, dann schaffen wir es vielleicht sogar nach Hause«, murmelte Johann und bettete seinen Kopf an ihre Schulter.
    Über ihr blinkten die schwarzen Glasaugen mit erschreckender Lebendigkeit aus dem Dunkel. Das Mondlicht, das durch die Schattenmatte sickerte, schimmerte auf den Hauern der Warzenschweine, den langen, spitzen Rhinozeroshörnern und den gewaltigen Stoßzähnen der Elefanten.
    »Wie soll ich denn schlafen können, wenn mich diese Viecher anstarren«, klagte sie.
    »Aber die sind doch schon tot, sie tun dir nichts mehr«, war seine schläfrige Antwort, dann vernahm sie nur noch seine tiefen, regelmäßigen Atemzüge. Der ausgestopfte

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