Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
Vom Netzwerk:
Samtsäckchen bei sich trug, dessen Inhalt ihr erlauben würde, für die nächsten hundert Jahre in üppigstem Luxus zu schwelgen. Sie beschrieb dieses Samtsäckchen derart glaubhaft, dass die Polizei voller Energie danach sucht. Als hätten die Herren nichts Besseres zu tun.
    Hast du, als du Pauli verlassen hast, ein solches Säckchen bemerkt? Es soll blau gewesen sein mit goldenen Sternen darauf gestickt. (Wirklich scheußlich. Es passte zu ihm.)«

    Sie ließ das Blatt sinken. Ein Bild blitzte aus ihrer Erinnerung auf, sie hörte eine Stimme. »Hab was auszugeben«, hatte Paul Pauli auf dem Ball der Strassbergs geprahlt und einen großen Samtbeutel geschüttelt. Einen Beutel aus Samt in Königsblau, mit aufgestickten goldenen Sternen. Er hatte noch etwas hinzu
    311
    gefügt, daran erinnerte sie sich, aber nicht mehr an seine genauen Worte. Irgendetwas, dass er noch mehr von dem hatte, was der Beutel enthielt. Gebannt las sie weiter.
    »Solange das nicht vom Tisch ist, wirst du Wien noch fern bleiben müssen. Denn das unangenehmste Gerücht, das die unsägliche Emma verbreitet, ist ihre Behauptung, dass es gar kein Duell gewesen sei. Du kannst dir sicher denken, worauf sie anspielt. Ich traf die Dame kürzlich im Prater, und auf meine dringenden Vorhaltungen über die Verbreitung ungeheuerlicher, böswil iger Lügen und die rechtlichen Konsequenzen, die es für sie haben würde, wurde sie frech. Wo Rauch ist, da ist auch Feuer, rief sie so laut, dass alle Umstehenden es hören konnten. Es war mir entsetzlich peinlich.
    Es ist wirklich zu betrüblich, dass ihr ohne Sekundanten gekämpft habt.
    Dann wäre al es klar, du hättest Zeugen. Ich muss dir sagen, lieber Freund, dass du da eine kapitale Dummheit begangen hast. Ganz abgesehen davon, dass so ein Abenteurer wie Pauli, ein Neureicher aus kleinen Verhältnissen, doch nicht satisfaktionsfähig war! Beizeiten musst du mir noch erzählen, weswegen ihr dieses Duell ausgetragen habt. Ging es um eine Dame?
    Gott sei mit dir!
    Wie stets, dein Wilhelm«
    Sie starrte auf die Buchstaben. Hatte er sich etwa wegen einer Dame duelliert? Nachdem er ihr seine Liebe gestanden hatte? Das Blatt bebte in ihrer Hand. Die Säure lodernder Eifersucht verätzte ihre Seele, und sie brauchte Sekunden, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können.
    Oder war es kein Duell gewesen, wie diese grässliche Frau behauptete?
    Was meinte sie? Wie sonst sollte dieser Pauli zu Tode gekommen sein?
    Hatten sie sich gestritten, und Paul Pauli hatte Konstantin bedroht?
    Eine Weile wendete sie diesen Gedanken hin und her, betrachtete ihn von allen Seiten. Es war einleuchtend. So musste es gewesen sein, denn es konnte doch wohl niemand bei gesundem Verstand glauben, dass Konstantin von Bernitt einem Menschen außer in einem Ehrenhändel auch nur ein Haar krümmen, geschweige denn ihn vom Leben zum Tode befördern
    312

    würde. Pauli war lange am Kongo gewesen, und im Urwald wurden viele Männer zu Bestien. Sicher hatte er sich auf Konstantin gestürzt, ihn vielleicht gewürgt oder mit der Pistole bedroht, und der hatte sich gewehrt.
    Eine andere Möglichkeit gab es nicht. Ihr Puls raste, die Gedanken summten ihr wie ein Bienenschwarm im Kopf.
    Was konnte sie tun, um Konstantin zu helfen? Wie konnte sie ihn erreichen? Ein Brief über seinen Freund in Österreich würde ewig dauern.
    Sie konnte den Gedanken nicht zu Ende denken. Die Tür knarrte in den Angeln, und sie führ vor Schreck fast aus der Haut. Gerade konnte sie noch den Brief in die Innentasche knüllen und zurücktreten, als vier der Zulufrauen kichernd hereinschlüpften.
    Es waren schlanke, junge Mädchen mit vollen Brüsten und herzförmigen Gesichtern und einem Lachen, das ansteckte. Ihre Zähne schimmerten schneeweiß zwischen vollen Lippen, und obwohl sie so gut wie nackt waren, zeigten sie überhaupt keine Scham. Kichernd berührten sie ihr Kleid, pulten an den Knöpfen herum, zupften ihre zum Zopf geflochtenen Haare auseinander, betatschten ihre Haut, kratzten sie vorsichtig, kniffen sie, bis sie rote Stellen bekam. Es gab großes Gelächter und einen Schwall von kehligem Zulu. Eine roch an ihrer Haut und leckte sie geschwind, wie ein Kätzchen, das sich putzt, und stieß ein langes Wort mit vielen Klicks hervor, das augenrollendes Erstaunen bei den anderen hervorrief.
    Catherine verstand kein Wort und war noch so verwirrt, geradezu betäubt von dem, was sie gelesen hatte, dass sie alles mit sich geschehen ließ. Unter den zarten

Weitere Kostenlose Bücher