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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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angenehm ausfallen.
    Ihm kamen da nicht nur die Schlangen in den Sinn, die es sich nachts auf dem aufgewärmten Terrassenboden bequem machten, sondern auch der Leopard, der kürzlich die Eingangstür zerkratzt hatte. Es hatte Stunden gedauert, ehe es ihm gelungen war, die tiefen Ril en wegzuschmirgeln. Die Elefanten kamen seltener bis zum Haus. Meist taten sie sich nur am Obst und jungen Schösslingen gütlich, rissen Zweige herunter, zer-318
    rampelten Früchte zu Brei und hinterließen im Maisfeld eine ustenei, wo vorher Halm an Halm gestanden hatte. Er nahm hre Hand. »Sei geduldig, mein Liebling, es dauert nicht mehr lange, und dann wirst du Inqaba sehen, dein Haus, in dem wir den Rest unseres Lebens verbringen werden.«
    Shakespeare stolperte, und er wurde abgelenkt, bemerkte so nicht, wie ihr die Tränen in die Augen schössen und sie noch bleicher wurde.
    Energisch blinzelte sie, bis ihr Blick wieder klar war, wütend über sich selbst, dass sie sich fast verraten hatte. In Zukunft würde sie ihre Gefühle besser unter Kontrolle halten müssen. Sie sehnte sich danach, Konstantin einen Brief zu schreiben. Auch hatte sie seit ihrer Ankunft in Durban keine Gelegenheit gehabt, sich ihrem Tagebuch anzuvertrauen. Es half ihr stets, ihre Gedanken zu ordnen, und oft wurde sie sich beim Schreiben über etwas klar, was sie vorher nicht verstanden hatte. Gereizt trieb sie ihr Pferd an.
    Sie ließen das buschbewachsene Grasland hinter sich und folgten dem alten Elefantenpfad durch ein weites Tal hinunter zum Umfolozi. Palmen flüsterten, das Ried raschelte sanft, der Fluss unter ihnen gluckste träge um rund geschliffene Felsen. Flusspferde trieben im lehmgelben Wasser, prusteten gelegentlich und zuckten mit den Ohren, wenn ein Madenhacker zu forsch nach Beute suchte. Es war früher Nachmittag, windstil und sehr schwül. Außer lautlos jagenden Schwalben regte sich kein anderes Tier.
    Bläuliche Feuchtigkeitsschleier hingen in den Palmen und den riesigen, lappigen Blättern der wilden Bananenstauden, drifteten sacht über die Flussoberfläche den steilen, buschbewachsenen Hang hinauf, der das andere Ufer begrenzte. Es roch nach Verwesung und frühem Tod. Ihr fielen Papas warnende Worte ein, derartige Gegenden zu meiden, und sie hütete sich, tief durchzuatmen. Mal Aria. Schlechte Luft. So hieß die Krankheit schließlich nicht umsonst.
    Johann dagegen war bestens gelaunt, denn wenn sie das Tempo beibehalten konnten, würden sie rechtzeitig zu Hause sein. »Noch höchstens drei Stunden, Liebling, dann bist du erlöst«, rief er und trieb Shakespeare so kräftig an, dass dieser erstaunt 319
    ein paar bockige Galoppsprünge machte. »He, vorwärts, Alter, dein Stall wartet.«
    Catherine antwortete nicht. Die modrige Luft füllte ihre Lungen, ihre Beinmuskeln schrien Zeter und Mordio ob der ungewohnten Beanspruchung, und ihr Hinterteil fühlte sich an, als würde jemand eine brennende Kerze darunter halten. Sicher hatte sie sich wieder blutig geritten. Schweigend folgte sie ihrem Mann und atmete auf, als sie das Flussufer verließen, das Buschland allmählich anstieg und die Luft frischer und trockener wurde. Einmal meinte sie weit entfernt Hundegebell zu vernehmen. »Kannst du die Hunde hören?«
    »Hunde?« Johann lauschte angestrengt und schüttelte dann den Kopf.
    »Ich glaube, du hast dich geirrt, obwohl es nicht unmöglich ist, dass dort gejagt wird. Onetoe-Jack und andere haben hochgezüchtete Jagdhunde aus Europa mitgebracht. Die meisten von den verweichlichten Tölen sind allerdings entweder aufgefressen worden oder an irgendwelchen Krankheiten verreckt.« Er lachte, seine Augen glänzten, aufgeregt reckte er den Hals und wies über die Baumkronen. »Da, ich glaube, ich sehe schon das Dach von Inqaba. Sieh doch, lass deinen Blick entlang meinem Finger laufen. Nun, siehst du es? Kannst du es erkennen?«
    Doch so sehr sie sich bemühte, sah sie nichts als grünen Busch, Palmengruppen und Bananenstauden. Links dehnte sich endloses Grasland, nur unterbrochen von einzelnen Schirmakazien, in deren Schatten Springböcke und Gnus grasten. »Nein«, erwiderte sie, »noch sehe ich nichts, aber ich bin schon sehr gespannt.« Das war an sich reichlich untertrieben. Nach der Erfahrung der letzten Tage, der Erinnerung an Onetoe-Jacks Unterkunft, schlug ihr das Herz bis zum Halse vor Angst.
    »Nur noch ein paar Minuten, Liebling, nur noch ein paar Minuten«, rief er und lenkte Shakespeare um mehrere enorm große, mit

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