1 - Schatten im Wasser
Die warme Last der jungen Zulu in ihrem Rücken spürend, zwang sie ihm Schritttempo auf, auch wenn er ganz offensichtlich liebend gern eine schnellere Gangart eingeschlagen hätte.
Laute schwebten aus der Ferne über das weite Tal zu ihr hinauf, und als sie menschliche Stimmen erkannte und feststellte, dass sie aus der Richtung kamen, in der Inqaba liegen musste, lächelte sie. Ganz war ihr Plan offenbar nicht fehlgeschlagen,
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denn Johann und, wie es nach dem Stimmengewirr schien, der Rest ihrer Gäste waren ausgeschwärmt, um sie zu suchen. Sicher hatte er einen gehörigen Schrecken bekommen, das hatte sie ja bezweckt. Sie schlug Shakespeare die Hacken in die Seiten und ritt ihnen entgegen.
Der Lärm wurde lauter, etwas Großes krachte durch die Büsche, ein Pferd wieherte, Hunde bellten. Johann und die anderen mussten unmittelbar vor ihnen sein. Sie wischte ihr Lächeln aus dem Gesicht. Er sollte nicht glauben, dass sie ftoh war, ihn zu sehen.
Die Hunde entdeckten sie als Erste und umsprangen sie kläffend, bis Shakespeare nervös umhertänzelte. Sekunden später teilte sich der Busch, und Johann auf Caligula stand vor ihr. Hinter ihm erschienen Dan, der Schlangentöter, und Onetoe-Jack, beide ebenfalls zu Pferd.
Keck hob sie ihr Kinn, wartete auf seine Reaktion. Als sie kam, war sie völlig anders, als sie es sich ausgemalt hatte.
Seine Stimme war tief und aufgeladen mit Zorn. »Was fallt dir ein, so eine bodenlose Dummheit zu begehen?«, fragte er. »Ist dir eigentlich klar, was dir hätte passieren können?« Kein Lächeln milderte seinen Ton.
Sie fuhr zurück. Das war ein Johann, den sie bisher noch nicht erlebt hatte. »Was ... was sollte mir denn schon passieren?«, stotterte sie trotzig, aber ihr wurde heiß, als sie diesen Gedanken zu Ende dachte. Trotzdem brauchte er sie doch deswegen nicht gleich vor den anderen bloßzustellen.
Die Knöchel seiner Hände waren weiß. »Auf diese dumme Frage brauche ich dir wohl keine Antwort zu geben. Selbst du musst wissen, dass Afrika keinen Fehler verzeiht. Es gibt dir keine zweite Chance. Nur um das zu il ustrieren, lass dir gesagt sein, dass wir keine halbe Meile von hier Leopardenspuren gefunden haben. Frische. Vielleicht hast du ihn ja husten hören.«
Sie erinnerte sich an das trockene Husten, und ehe sie die Tatsache verdaut hatte, dass der Leopard in ihrer unmittelbaren Nähe gewesen sein musste, trieb Johann Caligula neben ihr Pferd und nahm ihr die Zügel aus der Hand. Erst jetzt schien er
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zu bemerken, dass sie nicht allein war. Sein Blick traf den der jungen Zulu, seine Augen weiteten sich, als hätte er einen Schlag bekommen, und alle Farbe wich aus seinem Gesicht.
»Verflucht, Jikijiki«, flüsterte er heiser auf Deutsch.
Jikijiki schlug die Augen nieder, doch ein Lächeln umspielte ihre vollen Lippen, ihre Wimpern flatterten, und die zarten Nasenflügel blähten sich.
Catherine, noch gedanklich mit dem Leoparden beschäftigt, hatte seine Worte nicht verstanden. Sie hörte das Mädchen hinter sich lachen, leise und ganz tief in der Kehle, es war mehr ein Gurren als ein Lachen. Dann sagte sie etwas auf Zulu, und Johann antwortete in derselben Sprache.
»Sie hat sich den Fuß aufgeschnitten«, mischte Catherine sich ein; sie fand das Lachen der Zulu und seine Reaktion eher befremdlich, dachte aber nicht weiter darüber nach. »Ich habe ihn verbunden, aber ich hatte keine Medizin da. Die Wunde wird eitern, wenn sie nicht behandelt wird.«
Dan de Vil iers schob sich mit seinem großen Braunen dazwischen. »Ich erledige das«, sagte er leise zu Johann, lehnte sich hinüber, pflückte das junge Mädchen ohne Federlesens mit einem Arm aus Catherines Sattel und setzte sie vor sich auf seinen. »Ich habe gehört, dass der Sohn des Häuptlings des Nachbarclans ein Auge auf sie geworfen hat. Sobald er den Brautpreis zusammen hat, bist du dieses Problem los«, raunte er seinem Freund zu und gab seinem Pferd die Sporen.
Johann, zutiefst erleichtert über diese Neuigkeit, händigte seiner Frau die Zügel wieder aus. »Wenn du erst länger hier lebst, wirst du begreifen, in welche Gefahr du dich begeben hast. Du kennst die Gegend nicht, du hättest leicht vom Weg abkommen können. Warst du schon einmal des Nachts allein im afrikanischen Busch?« Sein Ton war sanfter geworden. Als er ihre Abwesenheit bemerkt hatte, war er vor Angst wie gelähmt gewesen -
zu farbig hatte er sich ausmalen können, welchen Gefahren sie ausgesetzt war.
Catherine
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