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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Zimmer kritisch und hängte dann den Musselinvorhang wieder auf. »Sie sollten Johann bitten, große Bahnen von Kattun unter der Decke anzubringen, um Schlangen oder Ratten, die im Dach ihre Nester haben, davon abzuhalten, Sie nachts hier unten zu besuchen«, erklärte sie. »Ich komme gleich wieder.« Damit verschwand sie durch die Verandatür.
    Ratten? Schlangen? Catherine starrte wie betäubt hinter ihr her und fühlte sich allmählich wie ein Boxer, der zum wiederholten Mal einen Schlag auf den Kopf bekommen hat. Aus ihrer Reisetasche zog sie das kornblumenblaue, getupfte Tageskleid aus Seide mit Baumwolle, das sie sich in Kapstadt auf Elizabeths Anraten hatte machen lassen. Ein wunderbar leichtes Gewand. Doch sie entdeckte, dass es stockfleckig war, mit weißen Seewasserrändern übersät und völlig zerknittert. Sie hätte heulen können. Wie um alles in der Welt sollte sie diese Flecken herausbekommen?
    »Ein Königreich für eine Waschfrau«, murmelte sie, wühlte in ihrer Reisetasche herum und bekam auf einmal das Buch, das ihr Wilma geschenkt hatte, zwischen die Finger.
    »Unterricht für ein junges Frauenzimmer, das Küche und Haushaltung selbst besorgen wil «, las sie und blätterte mit spitzen Fingern darin, fand aber auf Anhieb nichts, was ihr jetzt weiterhalf.
    Emilie Arnim kehrte mit einem Krug voller frischer Blütenzweige zurück.
    Weiße Blumensterne leuchteten zwischen glänzend grünen Blättern und dufteten wie das schönste Parfüm aus Paris. »Amatungulu«, erklärte sie.
    »Sie tragen pflaumengroße, leuchtend rote Früchte, aus denen man ein wunderbares Fruchtgelee kochen kann. Ich werde Ihnen das Rezept zukommen lassen.«
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    »Ich kann nicht kochen«, platzte Catherine heraus.
    Emilie Arnim zwinkerte unter ihrem kurzen, silberweißen Haarschopf hervor und lächelte fröhlich. »Dann werden Sie es schnell lernen müssen, sonst verhungern Sie, und Johann auch.«
    Catherine verzog ihr Gesicht bei diesen Worten und betrachtete ihre Fingernägel, dann gab sie sich einen Ruck. »Frau Arnim, darf ich Sie etwas fragen? Sie kennen Johann offenbar schon länger. Warum hat er ... ich meine, was hat er sich gedacht ...«, stotterte sie und brach hilflos ab. Wie konnte sie diese an sich wildfremde Frau fragen, warum Johann sie geheiratet hatte?
    Emilie Arnim, die ihr Gegenüber sehr genau betrachtet hatte, lächelte fein. »Sie meinen, hat Johann Sie geheiratet, weil er ein Dienstmädchen brauchte?« Das Aufflammen der blauen Augen bestätigte ihr diese Annahme. »Ich kann Ihnen versichern, dass unser Johann bis über beide Ohren in Sie verliebt ist. Nein«, korrigierte sie sich, »er liebt Sie abgöttisch, das ist etwas völlig anderes, und eigentlich hätte er Sie nicht heiraten dürfen, denn ich bin mir überhaupt nicht sicher, ob Sie das Leben hier im Busch meistern werden. Und nennen Sie mich bitte Mila. Ich gehöre praktisch zur Familie.«
    Catherine starrte die ältere Frau an. Trotz regte sich in ihr. Wie konnte diese Frau, die sie nur wenige Minuten kannte, so etwas von ihr behaupten? »Das wollen wir doch erst einmal sehen«, bemerkte sie eisig.
    »Sie kennen mich doch gar nicht.«
    Ein zufriedener Ausdruck erhellte das Antlitz Milas. Widerborstigkeit war eine gute Voraussetzung für das Leben hier. Die junge Frau Steinach hatte den ersten Test bestanden, und da sie offenbar weder dumm war noch zum Jammern neigte, war die Hoffnung, dass sie auf Inqaba durchhalten würde, durchaus berechtigt. Sie lächelte ihren Schützling an. »Sie würden absolut entzückend in diesem Kleid aussehen, aber es ist etwas unpraktisch für diese Gegend. Ich hoffe doch, Sie besitzen noch eins, das weniger zart ist.« Sie nahm ihr das ruinierte Kleid ab und nibbelte an den Stockflecken und den weißen Seewasserkrusten. »O je, das wird schwierig werden. Aber Sie werden es hier
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    nur selten brauchen«, bemerkte sie, während sie die hochgekrempelten Ärmel ihres eigenen Kleides wieder zuknöpfte. »Die Mittagszeit ist schon fast vorüber, und da alle nur auf Sie warten und mittlerweile sicherlich halb verhungert sind, sollten wir sie nicht länger auf die Folter spannen und hinausgehen. Ich würde das gelbe Kleid anziehen, das ist sehr hübsch und passend.« Sie deutete auf das Musselinkleid, das aus der Tasche hervorsah.
    Mürrisch tat Catherine, was sie vorschlug. »Fertig«, sagte sie kurz darauf, und erst in diesem Augenblick erinnerte sie sich an etwas, was Onetoe-Jack gestern Abend gesagt und was sie

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