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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Freunde, die meist tagelang geritten sind, um uns wil kommen zu heißen. Seit Wochen haben sie dieses Fest als Überraschung für uns geplant, sie haben gekocht und organisiert, dass jemand ihre Farmen beaufsichtigt, während sie auf Inqaba weilen.« Er holte tief Luft. »Es sind wunderbare Menschen, die meisten davon kenne ich schon sehr lange, und ich verdanke ihnen eine Menge. Bitte, zieh dich an und begrüße sie wenigstens. Du wirst sehen, es wird eine schöne Feier werden. Dan hat sogar seine Gitarre mitgebracht.
    Nach dem Essen werden wir bis in den Morgen tanzen können.«
    Es gibt zwei Möglichkeiten, dachte sie, entweder ich bringe ihn auf der Stelle um, oder ich warte, bis diese Leute weg sind.
    »Ich warte draußen bei den anderen«, nahm er ihr die Entscheidung unwissentlich ab und verließ den Raum, überzeugt, dass sie sich schnell beruhigen würde.
    Wortlos knallte sie die Tür hinter ihm zu. Sie musste hier weg, wenigstens für heute. Diesen Menschen da draußen jetzt gegenüberzutreten schaffte sie einfach nicht. Johann hatte von einer Emilie Arnim gesprochen, die nur einen halben Tagesritt 347
    entfernt von ihnen Richtung Durban am Fluss wohnte. Den Fluss würde sie wiederfinden, daran hatte sie keinen Zweifel, und dann brauchte sie wohl dem Gewässer nur zu folgen, um diese Emilie aufzustöbern. Wenn das mit der unbegrenzten Gastfreundschaft stimmte, dann würde sie diese Dame mit Sicherheit für ein oder zwei Tage aufnehmen. Sollte sich Johann nur Sorgen um sie machen. Es würde ihm eine Lehre sein.
    Eilig wusch sie sich, zog das gewendete Kattunkleid an und warf alles, was sie für ein paar Tage brauchte, in ihre Reisetasche. Sie öffnete ihre Tür um einen Spalt, vergewisserte sich, dass der Gang frei war, und glitt dann hinaus. Ihren Hut mit der wallenden Straußenfeder tief ins Gesicht gedrückt, gelangte sie ungesehen auf den Hof. Der Geruch nach gebratenem Fleisch wehte zu ihr herüber, Rauch wallte ums Grasdach des Kochhauses. Das Stimmengewirr, das von der Veranda herüberschallte, zeugte davon, dass die Feier schon in vollem Gange war. Keiner kümmerte sich um sie. So schnell es die schwere Tasche erlaubte, rannte sie hinüber zu den Pferden und fand Caligula vor einem Verschlag im Schatten stehend, doch er trug weder Zaumzeug noch Sattel. Shakespeare jedoch war gesattelt, und ohne irgendwelche Gewissensbisse band sie ihn los und führte ihn zu einem Stein, da sie sich noch nicht traute, ohne diese Hilfe aufzusteigen. Mit jagendem Puls lenkte sie den Wallach so lange neben der Auffahrt durch den lichten Busch, bis sie sicher sein konnte, vom Haus aus nicht mehr gesehen werden zu können. Dann trieb sie Shakespeare an.
    Kaum zwei Stunden später hatte sie sich hoffnungslos verirrt. Sie zügelte ihr Pferd und überlegte, in welche Richtung sie geritten war. Sie hatte die Sonne im Rücken gehabt, es war frühmorgens gewesen, also war sie anfänglich wohl nach Westen geritten. Jetzt fiel ihr Schatten schräg nach rechts. Hatte sie sich nach Süden gewandt? Oder war die Sonne nur am Firmament gewandert? Der schmale Pfad, dem sie gefolgt war, von dem sie angenommen hatte, es wäre derselbe, auf dem sie mit Johann nach Inqaba geritten war, war immer enger geworden, gewundener, und nun stand sie bis zu den Steigbügeln im hohem Gras 348
    einer verwunschenen Lichtung und wusste nicht mehr weiter. Shakespeare schlug heftig mit dem Kopf und schnaubte, versuchte so die Fliegen, die in seinen Ohren und Nüstern krabbelten, loszuwerden.
    Der Busch umschloss die Lichtung wie eine grüne Wand, schien näher zu kommen. Ein Singen und Wispern war um sie herum, Schatten flirrten, täuschten ihren Blick. Sie meinte Augen zu sehen, und dann waren es doch nur schwarze Bieren. Ein Vogel flatterte durch die Blätter, sie führ zusammen. Jemand hustete, ganz in ihrer Nähe, ein kurzer, trockener Laut, und ihr Herz machte einen Sprung. Ein Mensch? Nervös spähte sie ins Grün. Es raschelte, das Gras knisterte, etwas Schweres landete auf dem Boden, und ein kleines Tier quiekte in Todesangst. Ihr wurden die Hände feucht. Das hohe Sirren der Zikaden schmerzte in ihren Ohren, und der Ast über ihr bewegte sich plötzlich und verschwand im Blättergrün.

    Sich an den Zügeln festklammernd, unterdrückte sie die aufsteigende Angst und blickte sich um. Die Hügel sahen alle gleich aus, keiner hatte ein markantes Merkmal, das ihr bekannt vorkam. Über die alte Elefantenstraße waren sie von Durban direkt zum Fluss

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