1 - Schatten im Wasser
irrst du dich. Ich habe noch andere Dinge mit meinem Leben vor.« Ihr Blick flog zwischen ihrem Mann und der jungen Zulu hin und her; sie konnte den Ausdruck auf dem goldbraunen Gesicht nicht deuten. »Worüber habt ihr euch gestritten?«
Johann druckste herum. »Ich kenne sie. Sie ist ein freches, verwöhntes kleines Ding, sie wird bestimmt nicht gut arbeiten«, presste er endlich heraus und fühlte sich dabei entsetzlich, auch der jungen Zulu gegenüber.
Inbrünstig hoffte er auf eine Ablenkung. Vielleicht einen Löwenangriff, einen Erdrutsch oder ein plötzliches Unwetter, irgendetwas, das dieser albtraum-haften Szene ein Ende bereitete. Aber es passierte nichts. Die beiden Frauen standen noch immer vor ihm. Catherine sprühte 395
vor Zorn, die bis auf ihr entzückendes Perlenröckchen nackte Jikijiki bebte aufs Verführerischste und flatterte mit den Lidern.
»Frech? Jikijiki war mir gegenüber immer nur freundlich und zutraulich.
Also, was ist hier wirklich los? Sag's mir besser gleich, denn ich schwöre dir, ich werde schnellstens Zulu lernen, und dann finde ich es heraus. Ich hasse es, nicht zu wissen, was um mich herum vorgeht.« Sie hob ihr Kinn und funkelte ihn an.
Es war kein Löwe in Sicht, nicht einmal ein klitzekleiner Erdrutsch, der ihn hätte verschlingen können. Ein letzter Rest von Widerstandskraft hielt ihn davon ab, ihr die Wahrheit zu sagen. Wie sollte die auch aussehen?
»Catherine, Liebe meines Lebens, als ich dich noch nicht kannte, habe ich die Einsamkeit einfach manchmal nicht mehr ausgehalten und bin zu Jikijiki gekrochen, wollte nur einmal wieder spüren, wie es ist, wenn eine Frau meine Haut streichelt, nur Wärme, Weichheit und Nähe fühlen. Sonst hatte es rein gar nichts zu bedeuten.«
Sollte er ihr das sagen? Er war überzeugt, dass sie ihn auf der Stelle verlassen würde. Aber das Schlimmste wäre, die Verachtung auf ihrem Gesicht zu lesen, den Schmerz, die gestorbene Liebe, die zerbrochene Zukunft. Ihre und seine.
Catherine stand sehr stil , ließ ihn nicht aus den Augen, und plötzlich wusste sie mit absoluter Sicherheit, dass ihren Mann und Jikijiki etwas ganz anderes verband als ein Herr-und-Diener- Verhältnis. Verstohlen glitt ihr Blick über die junge Zulu, über ihre goldbraun schimmernde Haut, die schlanken Glieder, das ebenmäßige Gesicht mit den hohen Wangenknochen und diesen herrlichen Augen, und blieb an Jikijikis Mund hängen. Die Unterlippe bebte, in den Augenwinkeln formte sich eine große, kristallklare Träne, zitterte für Sekunden in den Wimpern und tropfte auf ihre Wange. Obwohl sie die deutsche Sprache nicht beherrschte, hatte sie offensichtlich mitbekommen, was Johann über sie gesagt hatte. Impulsiv legte Catherine der jungen Schwarzen die Hand auf den Arm.
»Jikijiki bleibt hier. Basta«, sagte Louis le Roux' Tochter. »Sie wird heute Nacht in Sicelos Hütte schlafen. Morgen musst du 396
jemanden schicken, der ihr eine neue baut.« Nachher würde sie mit ihrem Tagebuch reden, alles aufschreiben, entwirren, was ihr jetzt so verworren erschien.
»Das ist Frauensache bei den Zulus«, platzte er heraus, bevor er die Worte zurückhalten konnte. Er biss die Zähne zusammen. Lieber Gott, hatte er sich nicht ohnehin schon in tiefsten Morast geritten?
Das war zu viel für Catherine. »Du meinst also, dass ich, Catherine le Roux-Steinach, zusammen mit einer jungen Zulufrau allein eine Grashütte bauen soll?«, fauchte sie, und ihre Stimme stieg in gefährliche Höhen.
»Nein, um Himmels wil en, nicht du, natürlich nicht«, stammelte er, nun vollends aus der Bahn geworfen. »Zulufrauen tun das... die können das ...
Jikijiki könnte ja ...« Er warf hilflos die Arme hoch. »Ich komme morgen als Erstes mit Mzilikazi hierher, und dann bauen wir ihr eine Hütte, versprochen«, haspelte er nervös. Wie er Mzilikazi dazu bewegen sollte, wieder zurückzukehren, war ihm noch nicht klar. Aber mit ihm zurückkehren würde er, und wenn er den undankbaren Kerl an seinen wolligen Haaren hierher schleifen und mit vorgehaltenem Gewehr zur Arbeit zwingen musste.
»Gut«, zischte Catherine, packte Jikijiki an der Hand und zerrte sie zu Sicelos Hütte. Nach ein paar Schritten drehte sie sich um. »Was heißt
>schlafen< auf Zulu?«
»Lala«, stotterte er, völlig von der Situation überfordert, als er hinter ihrem Rücken einen lasziven Blick und ein winziges Lächeln dieses verwünschten Zulumädels auffing. Jikijiki provozierte ihn nur, in aller Unschuld, das war
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