1 - Schatten im Wasser
er konnte, goss den Rest in die mitgebrachte Flasche und machte sich schleunigst auf den Weg nach Hause. Er spornte sein Pferd zu lockerem Trab an, streichelte das maunzende Fellknäuel in seiner Jackentasche und stellte sich wohlgemut vor, wie sehr sich Catherine freuen würde.
»Liebling, ich bin zu Hause«, rief er, als er vom Pferd sprang, dabei das Kätzchen gut festhaltend. Mit langen Schritten lief er über den Hof zum Kochhaus, entdeckte ein munter flackerndes Feuer und den großen, dreibeinigen Eisentopf mit einer brodelnden Suppe darauf. Er wedelte sich den Duft zu. Gar nicht schlecht, dachte er fröhlich, gar nicht schlecht. Meine Süße macht sich. Mit drei Schritten rannte er die Stufen zur Veranda hoch, dabei laut ihren Namen rufend. Er wollte sie schließlich nicht erschrecken.
»Johann!« Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft empfing sie ihn mit einem strahlenden Lächeln.
Sein Herz hüpfte. Suppe und dann noch dieses Lächeln! Vorsichtig zog er das miauende Kätzchen aus seiner Jackentasche und hielt es ihr auf der Handfläche hin. »Ich habe dir etwas mitgebracht. Dans Katze hat Junge bekommen. Ist es nicht entzückend?«
Behutsam nahm sie das Tierchen auf. »Mein Gott, ist das süß. Was ist es?« Sie drehte das Fellknäuel fachmännisch auf den Rü 391
cken. »Ein Weibchen! Sieh dir nur dieses edle Profil an. Ich werde sie Nofretete nennen.« Mit raschelnden Röcken ging sie ihm voraus in die Küche. »Wir haben noch ein wenig Sahne von der Feier. Mal sehen, ob sie die mag.«
Johann folgte ihr, hingerissen von dieser häuslichen Szene.
Überraschend musste er an seine Eltern denken, wie gerne er ihnen sein Glück zeigen würde, und stellte sich vor, wie stolz sie auf ihn wären. Er versuchte, ihre Gesichter zu sehen, aber ihre Abbilder verschwammen, bevor er ihrer habhaft werden konnte, waren nichts mehr als blasse Schatten in seiner Erinnerung. Vor vielen Jahren hatte er ihnen geschrieben. Ihre Antwort, die ihn erst nach fünfzehn Monaten erreichte, enthielt eine geharnischte Predigt seiner Mutter, die sein heimliches Fortlaufen betraf, und einen Nachsatz seines Vaters, in dem er von seinem Neid auf seinen Sohn sprach, der sich von seinen Träumen in ferne Länder tragen ließ, während er selbst höchstens einmal im Jahr ins Nachbardorf kam und das Meer nie gesehen hatte.
Versonnen lächelnd zündete er die neue Petroleumlampe an und hängte sie hoch an einen Holzdorn. Der Moment war gekommen, von dem er geträumt hatte. Seine Frau stand in der Küche seines Hauses, der Duft eines leckeren Abendessens kitzelte seine Nase, und im Schlafzimmer wartete ihr gemeinsames Bett. Er konnte sich nicht satt sehen. Das sanfte Licht glänzte auf Catherines Haar, schimmerte auf ihrer herrlichen Haut, als sie sich bückte und dem Kätzchen eine Schüssel Sahne hinstellte. Im zarten Schatten unter ihrem Ohr pochte sanft ihr Puls. Er beugte sich vor und küsste diese magische Stelle.
»Nicht jetzt«, sagte sie. »Erst muss ich das Essen fertig machen.« Sie hatte die Grundregeln zum Suppekochen in Wilmas Buch studiert und fand, dass sie lediglich Wasser und Salz als Basis brauchte. Dann hatte sie sich auf die Suche nach passenden Zutaten gemacht und fand harte Brotkrusten, ein paar getrocknete Bohnen und einen Knochen von der Warzenschweinkeule in der Vorratskammer, der schleunigst verwendet werden sollte, denn er war schon recht grün, und sie musste den Schim 392
mel abkratzen. In der hintersten Ecke entdeckte sie eigenartige Gebilde, fingerlang, bräunlich und papiertrocken. Sie roch daran, biss drauf. Es schien so etwas wie Biltong zu sein, und kurz entschlossen warf sie eine Hand voll mit den anderen Zutaten in den eisernen, dreibeinigen Topf und füllte ihn randvoll mit Wasser. Im Garten fand sie einen kleinen Kürbis, der reif war, aber nur wenige grüne Bohnen. Die Kürbisschale war bretthart, und sie schnitt sich, als sie ihn schälte und zerteilte. Dann schnippelte sie die Bohnen, tat sie in die Suppe und schüttete Mehl hinein, denn sie hatte gelesen, dass die Suppe davon dick würde. Dummerweise schwamm das Mehl in kleinen Klößen an der Oberfläche herum und wollte sich nicht auflösen, egal, wie heftig sie rührte. Nun gab es Klöße in der Suppe.
Nofretete maunzte zu ihren Füßen herum, bis zu den Ohren mit Sahne verschmiert. Ihre winzige rosa Zunge erschien, und in der possierlichen Art kleiner Katzen begann sie, sich zu lecken. Catherine lachte leise, während sie Schnittlauch hackte.
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