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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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versammelt.«
    Sie waren nahe genug, dass sie Einzelheiten erkennen konnten, und Catherine war beeindruckt. Mehrere tausend Menschen hockten dicht gedrängt auf dem Paradeplatz, auf einem thronähnlichen Sessel saß ein immens fetter Mann, und wie ihr Johann damals beschrieben hatte, schützte ihn auch heute einer seiner Männer mit einem an einem Stiel befestigten Schild
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    vor der Sonne. Neben dem königlichen Dorf leuchteten gelb blühende Mimosen von der Kuppe einer flachen Anhöhe.
    »Was machen die zwei Männer, die da durch die Reihen der Leute streifen? Kannst du sie erkennen?«, fragte sie Johann. »Sie tragen Felle und Federn um den Hals und auf dem Kopf.«
    Als ihm klar wurde, was er sah, durchfuhr ihn eiskalter Schrecken.
    Catherine durfte auf keinen Fall die Wahrheit darüber erfahren, was sich da abspielte. Bevor er etwas unternehmen konnte, kniff Onetoe-Jack die Augen zusammen.
    »Smelling out«, murmelte er. »Die Hexer schnüffeln.«
    Catherine verstand seine Worte. »Die Hexer schnüffeln? Was hat denn das zu bedeuten?«
    Johann warf seinem Freund einen wütenden Blick zu, und erst jetzt merkte Onetoe-Jack, was er angerichtet hatte, konnte aber nicht verhindern, dass Tim Robertson nachhakte.
    »Das ist ja faszinierend. Das müsst ihr mir genau erklären. Können wir nicht näher heranreiten? Besonders an den Traditionen der Wilden bin ich interessiert. Ich plane, einen Artikel darüber zu schreiben, den ich auch nach London schicken werde. Schnüffeln? Was bezwecken die damit?« Er zog sein Notizbuch hervor.
    Johann hatte keine Gelegenheit mehr einzuschreiten, denn in diesem Moment richtete sich eine der fellbehängten Gestalten hoch auf und zeigte mit einer dramatischen Geste auf einen Mann in der Menge.
    »Sieh nicht hin«, rief Johann, wollte sie an sich ziehen, verhindern, dass sie Zeuge dessen wurde, was jetzt unweigerlich folgen würden. Aber er schaffte es nicht mehr.
    Hinter demjenigen, den der Hexer ausgeschnüffelt hatte, standen plötzlich zwei baumlange Männer, die hohe Federkronen trugen. Sie packten den Mann, zerrten ihn auf die mit Mimosen bestandene Anhöhe und rissen, oben angekommen, seinen Kopf nach hinten. Johann meinte das Knacken zu hören, mit dem das Genick des Opfers brach. Gleichzeitig zeigte der andere Hexer, der durch die Reihen der Sitzenden gewandert war, wiederum auf einen Mann. Auch er wurde auf den Mimosen 451
    hügel geschleppt, und keine Minute später brach er unter den wuchtigen Schlägen eines Kampfstocks zusammen.
    »Die Hyänenmänner«, flüsterte Dan. »Die Henker des Königs.«
    Al e anwesenden Schwarzen waren zu aschfarbenen Säulen erstarrt.
    Catherine stopfte sich ihre Faust in den Mund, um nicht aufzuschreien, von der unsinnigen Angst gepackt, damit den König auf sich aufmerksam zu machen. Sie flog am ganzen Körper. »Bring mich hier weg«, stieß sie heraus, und Johann lehnte sich vor, packte ihre Zügel und riss Caligula herum. Im königlichen Dorf gingen die Hinrichtungen weiter.
    »Was haben diese armen Kerle getan?«, presste Tim Robertson durch die Zähne. Ihm fiel fast der Stift aus den bebenden Fingern, aber er konnte seine Augen nicht von dem grausigen Schauspiel wenden.
    Onetoe-Jack antwortete ihm. »Die Sangomas erschnüffeln die, von denen sie glauben, dass sie Schwarze Magie praktizieren. Oder einen Mann, der ihrer Meinung nach zu gut aussieht und damit den König überschatten würde. Oft genügt es, dass jemand in Anwesenheit des Königs niest. Ich habe von einem Mädchen gehört, das hingerichtet wurde, weil sie den Griff eines Schöpflöffels aus der königlichen Küche zerbrochen hat.«
    »Mädchen?«, ächzte Catherine und wurde kalkweiß.

    »Halt endlich deinen Mund«, führ Johann seinen Freund Jack an, zog Caligula in raschem Trab den Weg hinunter in entgegengesetzte Richtung und hielt nicht inne, bevor sie außer Sichtweite waren. Catherine hing nur noch im Sattel, hatte die Hand über den Mund gepresst, um sich nicht übergeben zu müssen. Die anderen waren ihnen im selben Tempo gefolgt, allen voran die Schwarzen, die zitterten wie Espenlaub im Sturm. Selbst Sicelo hatte sichtlich Farbe verloren.
    Johann zügelte Shakespeare. Seine Frau war noch immer fahlweiß und brachte kein Wort hervor. Er machte sich Vorwürfe, dass er ihren Bitten nachgegeben und sie auf diese Expedition mitgenommen hatte, und er hätte sich ohrfeigen können, nicht rechtzeitig erkannt zu haben, was da vor seinen Augen passierte. Nur zu gut erinnerte

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