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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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er sich an ihre Reaktion auf die
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    Hinrichtung der Mörder in Durban. Wie musste es jetzt in ihr aussehen? Er legte seine Hand auf ihre, die sich um die Zügel krampfte.
    »Vergiss, was du gesehen hast«, sagte er. »Es ist ihr Brauch, es betrifft uns nicht, und wir können auch nichts ausrichten. Du wirst nie wieder damit in Berührung kommen.« Flüchtig musste er an Khayi denken und auch an Piet Retiefs Schicksal, schob den Gedanken aber sofort beiseite. Ebenso empfand er es als unpassenden Augenblick, sie daraufhinzuweisen, dass auch in Europa regelmäßig öffentliche Hinrichtungen stattfanden, wenn auch erst nach ordentlichen Gerichtsverfahren. In Zululand war die Autorität des Königs absolut, sein Wort war Gesetz, und verfolgte man diesen Gedankengang weiter, musste man zugeben, dass es keinen Unterschied gab, nur die Urteilsfindung war eben anders. Die Parallele sah er in den Hexenverbrennungen, die angeblich immer noch hier und da in den unzivilisierteren Ecken Europas stattfanden. Doch im Augenblick war Catherine sicherlich nicht bereit, seine logischen Ausführungen anzuhören, also schwieg er. Stattdessen hakte er seine Wasserflasche vom Sattelknauf und reichte sie ihr. »Trink ordentlich, dann geht es dir etwas besser.«
    Dan de Vil iers drängte sich heran und hielt ihr eine flache Feldflasche hin. »Du brauchst Stärkeres als Wasser. Das ist Whisky, runter damit, Catherine, damit du uns nicht vom Pferd fällst«, befahl er.
    Gehorsam setzte sie die Flasche an, nahm einen tiefen Schluck und bekam einen Hustenanfall, der erst Minuten später aufhörte, aber die Wirkung hatte, dass ihr Kreislauf sich stabilisierte und ihr Gesicht wieder Farbe bekam.
    »D-d-dürfte ich vielleicht auch einen Schluck haben?«, fragte Tim Robertson mit schwankender Stimme. Auch er war weiß geworden, dass seine Sommersprossen hervorstanden. Der Schlangenfänger ließ den Whisky herumgehen, bis jeder ein paar Schlucke genommen hatte. In angespanntem Schweigen ritten sie weiter, keiner berührte die Vorkommnisse auch nur mit einem Wort.
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    Die Landschaft wurde bergiger, der Weg beschwerlicher. Sie kamen nur langsam voran. Sicelo blieb plötzlich stehen, kniete sich nieder und untersuchte die hart gebackene, rote Erde. Dann stand er auf und ging ein paar Schritte zurück. »Hier sind sie langgeritten«, sagte er und zeigte mit ausgestrecktem Arm auf einen Seitenpfad, der von Grün so überwuchert war, dass man ihn kaum erkennen konnte. »Noch nicht lange her. Mindestens ...«, sein Blick verfolgte eine für die anderen Anwesenden völlig unsichtbare Spur, »mindestens vier Leute auf Pferden, sechs Schwarze zu Fuß.«
    »Woher weiß er, dass es Schwarze waren?«, fragte Tim, den Stift gezückt.
    »Erstens gehen Weiße selten zu Fuß durch den Busch, und zweitens sind die Spuren von nackten Füßen gemacht, breit getretenen, nackten Füßen, die nie Schuhwerk gekannt haben. Außerdem laufen die Zulus mehr auf der Außenkante ihrer Sohlen«, diktierte Dan.
    »Ah«, machte Tim Robertson und kritzelte eifrigst.
    Im Schritttempo ritten sie weiter, immer Sicelo und den anderen Fährtenlesern folgend. Nach einer Stunde, kurz vor Sonnenuntergang, streckte Sicelo seine Nase in die Luft und witterte. »Rauch«, flüsterte er.
    »Da vorn.«
    Niemand sah etwas, aber Catherine, die eine ausgezeichnete Nase hatte, erhaschte den Duft eines würzigen Holzfeuers und nickte. Lautlos zogen sie sich über eine Meile hinter die nächste Kuppe zurück, bis sie sicher waren, vor Entdeckung vollkommen geschützt zu sein. Zwischen Dornengebüsch wucherten die ersten Ilalapalmen, die anzeigten, dass sie nicht weit entfernt von Wasser sein konnten. Al e saßen ab, und von Sicelo kommandiert, schlugen die übrigen Schwarzen eine Lichtung in den verfilzten Busch.
    Onetoe-Jack zog seinen Löwenmähnenhut vom kahlen Schädel und wischte sich den Schweiß ab. »Macht Feuer«, wies er seine Zulus an. Dann lief er auf seinen kurzen Beinen in den Busch und nestelte dabei an seinem Hosenbund. Catherine sah diskret weg. Onetoe-Jack musste buschen.
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    Nicht lange aber, und ein Aufschrei drang aus dem Dickicht und dann eine Reihe von derartig saftigen Flüchen, dass selbst Catherine, die bisher Seeleute als die Meister dieser Kunst angesehen hatte, beeindruckt war.
    Sekunden darauf brach der kleine, krummbeinige Mann wie ein wütender Büffel durchs Unterholz, seine Pluderhosen mit einer Hand am Bund gepackt, die andere hielt er hoch. »Es hat mich

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