1 - Schatten im Wasser
diese Jahreszeit. Tierknochen lagen auf dem festgestampften Hüttenboden, erinnerten sie an die wundersame Heilung Mzilikazis und daran, dass Onetoe-Jack erzählt hatte, dass ihn eine Sangoma von seinem letzten Malariaanfall geheilt hatte. Nachdenklich ging sie am Kochhaus vorbei zurück ins Haus. Nofretete funkelte fauchend unter der Besteckkommode hervor, während Bepperl jaulend versuchte, sie mit den Pfoten herauszuziehen. »Lass das, Bepperl«, sagte sie, packte ihn am Kragen und beförderte ihn nach draußen.
»Catherine.«
Fast hätte sie seine Stimme, die sonst so voller Kraft und Energie war, nicht erkannt. Sie drehte sich um und erschrak. Johann stand da, und obwohl er sich am Türrahmen festhielt, schwankte er, zitterte, als stünde er im eisigsten Winterwind seiner baye-490
Tischen Heimat, und dabei lief ihm der Schweiß in Strömen herunter. Mit einem Schritt war sie bei ihm.
»Leg deinen Arm um meine Schultern, ich bringe dich ins Bett«, befahl sie. Sein Gewicht zwang sie fast in die Knie, aber sie schleppte ihn hinüber ins Schlafzimmer, und als er sich endlich in die Kissen fallen ließ, war auch sie schweißüberströmt. Sie nahm die Musselinvorhänge herunter, tauchte sie in Wasser und hängte sie wieder auf, damit sie ihm durch die Verdunstung wenigstens etwas Kühlung brachten.
»Schick Mzilikazi zu Sicelo«, flüsterte er mit geschlossenen Augen.
Sie riss die Tür auf und flog über die Veranda zum Kochhaus. »Mzilikazi, woza, shesha shesha!«, schrie sie, bekam aber keine Antwort. »Mzilikazi«, rief sie noch einmal. Aber nur ihre Milchkuh, die mit zwei Ziegen im Gatter neben dem Pferdeunterstand lebte, blökte laut. Ihre Euter waren offenbar noch voll. Eigentlich sollte der verwünschte Zulu sie schon gemolken haben, und nachdem er die Pferde abgerieben und das Zaumzeug geputzt hatte, sollte er jetzt Holz hacken. Nichts von all dem hatte er erledigt, und ohne Milch würden sie heute keine Butter haben. »Nun, wo ist Mzilikazi?«, fragte sie Jikijiki.
»Er ist nicht anwesend«, erklärte diese, heftigst mit den Töpfen klappernd, die sie gerade abwusch.
Catherine stemmte die Arme in die Hüften. »Ach, und wo ist er?«
Das junge Mädchen rollte mit den Augen und zuckte die Schultern.
»Weiß nicht. Weg.« Doch ihre selbstzufriedene Miene verriet, dass sie sehr wohl wusste, wo sich ihr Verlobter befand.
Catherine widerstand dem Impuls, aus ihr herauszuschütteln, wo dieser verdammte Kerl sich wieder herumtrieb. In fliegender Eile machte sie ihrem Mann, der kaum ansprechbar war, kühlende Wadenwickel, erklärte der skeptisch dreinblickenden Zulu, dass sie diese immer dann erneuern sollte, wenn sie begannen zu trocknen. Nur kurz erwog sie, Jikijiki zu Mzilikazis Umuzi zu senden und ihn zu beauftragen, Mila Arnim um Hilfe zu bitten. Es würde zu lange dauern, und es war zweifelhaft, ob Mzilikazi ihr überhaupt Folge leisten würde.
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Kurz entschlossen drückte sie den Sonnenhut mit der wallenden Straußenfeder tief ins Gesicht und sattelte Caligula. »Mein Mann schläft, wenn er aufwacht, sag ihm nicht, dass ich weggeritten bin«, befahl sie Jikijiki. »Wenn er fragt, sag ihm, ich komme gleich wieder.« Dann hackte sie Caligula die Fersen in die Seite und trabte den schmalen Pfad hinüber zu Sicelos Umuzi. Die Zulus mussten eine Medizin gegen das Fieber haben, denn obwohl auch viele von ihnen starben, trotzten sie als Volk doch schon seit Anbeginn der Zeit den heißen Sommern in Zululand.
Der Boden war noch weich vom Regen, das Land dampfte in der Mittagssonne, es rührte sich kein Wind. Die Natur hielt ihren mittäglichen Hitzeschlaf. Catherine klebte die Zunge am Gaumen, und sie verwünschte die Tatsache, dass sie vergessen hatte, eine Flasche mit Wasser mitzunehmen. Auch das Gewehr, das sie zwar seit ihren Schießübungen nie wieder abgefeuert hatte, aber doch inzwischen als getreuen Begleiter betrachtete, stand noch im Schlafzimmerschrank. Aber außer Schwärmen von bunten Schmetterlingen war ihr noch kein Tier begegnet, sah man von dem Stachelschwein ab, das geräuschvoll über den Weg raschelte und Caligula so erschreckte, dass er nervös schnaubend mit dem Kopf schlug.
Die Felder des Umuzis lagen am Hügelhang. Keine Menschenseele war zu sehen, nur ein kleiner Hirtenjunge döste weiter unten inmitten seiner Rinderherde im Schatten einer Akazie. In ihrem langsamen Zulu bat sie ihn, Sicelo zu holen. Sie saß nicht ab.
Sicelo erschien innerhalb von Minuten. »Nkosikasi.
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