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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Hippopotamusfett und Tierhäute.
    »Umafutha wird dich hassen«, warnte Johann. »Du stiehlst ihr bestes Geschäft und beschädigst ihr Ansehen. Das wird sie nicht einfach so hinnehmen. Kein Mensch würde das.« Er sagte es leichthin, denn er wollte sie nicht beunruhigen, aber tief drinnen bohrte ein ungutes Gefühl, wenn er an die rachsüchtige Alte dachte.
    »Es gibt so viel Leid, ich kann die Leute nicht abweisen. Du selbst hast mich doch zu Mzilikazis Vater geschickt, um nach seiner Frau zu sehen.
    Damit hat es doch angefangen.«
    Darauf fand er keine Antwort. »Sei wachsam«, sagte er zu ihr, hörte aber selbst, wie lahm das klang. »Nimm dein Gewehr mit, wenn du den Hof verlässt.«
    Eines Tages dann, als sie aus dem Haus trat, um nachzusehen, wie viele Patienten heute warten würden, lag der Hof leer im Sonnenschein vor ihr. Es war niemand gekommen. Nur Zogile hockte im Kochhaus und schrubbte einen Topf. »Weißt du, was
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    geschehen ist?«, fragte sie Zogiles Rücken. »Wo sind die Leute geblieben?«
    Die Schwarze drehte sich nicht um, sah nicht hoch, scheuerte weiter und schüttelte nur den Kopf.

    »Steckt Umafutha dahinter?« Ihr war wieder schlecht geworden heute Morgen, und ihr Geduldsfaden war kurz und brüchig. »Antworte endlich, du weißt doch etwas.«
    Die Zulu hörte auf zu schrubben, ließ Topf und Bürste fallen. Ruckartig wandte sie den Kopf, und ihr Blick flackerte für den Bruchteil einer Sekunde über die Weiße. Er war von einer solchen Feindseligkeit, dass Catherine zurückprallte, als hätte sie einen heftigen Schlag erhalten.
    Von einer unbestimmten Angst überfallen, machte sie auf dem Absatz kehrt, dass ihre Röcke flogen. Jabisas Stimme, die aus dem Gemüsegarten herüberklang, hielt sie zurück. Vielleicht würde sie von ihr eine Antwort bekommen. Die Kleine vertraute ihr. Sie fand das Mädchen im Schatten eines Guaven- baums. Mit einem rauen Stein polierte sie die Außenkante ihrer Füße, bis sie glatt und weiß waren, wie die Zulus es liebten, und sang dabei mit dünner Stimme vor sich hin. Hacke und Schaufel lagen auf dem halb umgegrabenen Beet. Catherine schluckte eine Rüge herunter und fragte sie stattdessen, ob sie wüsste, was passiert war.
    Jabisa sprang erschrocken auf. Den Blick auf den Boden gerichtet, klimperte sie mit ihren Perlenketten, malte mit dem Zeh Kringel in den roten Staub, kratzte sich. Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie sich weit fort wünschte. Für einen Moment war Catherine versucht, die Antwort aus ihr herauszuschütteln, aber dann nahm sie sich zusammen, befahl ihr nur barsch, gefalligst ihre Arbeit zu beenden und nicht herumzutrödeln.
    »Sie werden nicht wiederkommen.«
    Erstaunt wandte sie sich um. Sicelo saß auf einem Felsvorsprung vor seiner Hütte und polierte den Kugelkopf eines neuen Kampfstocks. Seit seiner Hochzeit war er nur noch selten hier anzutreffen. »Woher weißt du das? Hat Umafutha etwas damit zu tun?«
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    Emsig polierte der große Zulu das Holz. Catherine wartete geduldig. Das zumindest hatte sie gelernt. Zeit hatte keine Bedeutung für die Zulus. Sie wurde nur in Handlungen gemessen. So lange wie ein Herz für hundert Schläge braucht, so lange wie es dauert, eine Kuh zu melken, oder so lange es braucht, eine Hütte zu bauen. Oder einfach so lange, wie es dauert. Also wartete sie.
    »Es sind Zulus«, sagte Sicelo endlich und rieb Hippopotamus- fett über seinen Stock. »Sie werden nicht wiederkommen.« Bei den letzten Worten sah er ihr voll ins Gesicht, und sie las die unmissverständliche Warnung in seinen dunklen Augen. »Du bist keine Zulu«, sagten diese Augen, »du bist keine von uns. Misch dich nicht in unsere Angelegenheiten.«
    Sie senkte ihren Blick. »Yabonga. Sala gahle«, sagte sie, ehe sie langsam zurück ins Haus ging.

    Als sie später Johann davon berichtete, zeigte dieser deutlich seine Erleichterung. Die Entwicklung war ihm unheimlich geworden, war er sich doch nur zu sehr der Macht der alten Sangoma bewusst. »Sei froh, es wurde eh zu viel für dich, das musst du doch zugeben.«
    Insgeheim gab sie ihm Recht. Als sie am nächsten Morgen, von ihrer täglichen Übelkeitsattacke noch ganz zittrig, ihre Hausarbeit erledigte, die Hühner gefüttert hatte und nun den Stall reinigte, merkte sie, wie sehr sie das doch anstrengte. Nachdem sie das Kräuterbeet gejätet hatte, gedachte sie es sich bequem zu machen und zu lesen, denn Tim hatte ihr außer Papier auch einige Bücher geschickt. Sie streckte ihren

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