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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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sie.
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    Gerade noch sah sie das triumphierende Zähneblecken der Schwarzen, bevor diese ihre Gesichtszüge wieder unter Kontrolle hatte. Dieser Sekundenbruchteil genügte, und Catherine wusste, wer das Äffchen dort vergraben hatte und warum. Und schlagartig wurde ihr auch klar, wer Zogile wirklich war.
    Eine der Sangomas, die ihr im Busch aufgelauert hatten und vor denen sie von Sicelo im letzten Moment gerettet worden war. Eine, die zu Umafutha, der alten Hexe, gehörte. Umafutha, die alle Umlungus verabscheute, deren besonderer Hass aber den Steinachs von Inqaba galt.
    Zogile trat aus dem Schatten hervor. Ihr Gesicht war zu einer unkenntlichen Fratze verzerrt. »Ihr Umlungus seid ein Geschwür, das über Zululands Rücken kriecht und alles verschlingt. Das Land unserer Ahnen, uns und unsere Kinder und Kindeskinder«, schrie sie. »Du wirst kein Kind bekommen, es wird in deinem Bauch zu einem Tier werden, und dann wirst du dich in ein Tier verwandeln.« Die Stimme stieg zu einem irrwitzigen Kreischen, die Zulu stieß ihre Hand vor und hielt die beiden mittleren Finger nach innen gebogen, Zeige- und kleiner Finger zeigten auf die Weiße.
    Erst wurde Catherine heiß und dann kalt, und dann holte sie aus und schleuderte Zogile das verweste Ding mitten ins Gesicht. Für eine Sekunde hing es dort wie festgeklebt, dann löste es sich auf und glitt in schleimigen Klumpen herunter. Zogile schrie wie abgestochen, sie kratzte sich mit allen Anzeichen größten Entsetzens das graugelbe Zeug von ihrer schwarzen Haut. Schrie und kratzte, bis sich ihr Blut damit vermischte. Als sie das Blut an ihren Händen entdeckte, hörte ihr Schreien abrupt auf, ihre Augen weiteten sich und wurden dumpf, wie die eines Tieres, das sich seinem Schicksal ergab.
    Catherine bückte sich, ließ sie dabei jedoch nicht aus den Augen, tastete auf dem Boden herum, bis sich ihre Finger um einen Stein schlossen. Den Stein in der Faust, hob sie den Arm und holte langsam aus. Die Drohung war überflüssig. Zogile, ihr Gesicht eine blutverschmierte Fratze, stolperte rückwärts und schlug sich schwerfällig in den Busch.
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    »Wage dich ja nie wieder hierher, dein Hokuspokus wirkt bei mir nicht«, schrie ihr Catherine auf Deutsch nach und warf den Stein gegen den nächsten Baumstamm. Er prallte ab und polterte über den Boden. Schwer atmend ging sie in die Küche, um ihre nach verwestem Fleisch stinkenden Hände zu schrubben.
    Johann stürzte aus dem Toilettenhäuschen in die Küche. »Was ist passiert? Ist etwas mit dem Baby? Um Himmels wil en, Liebling, sag es mir.«
    Bebend und noch immer außer Atem, aber erfüllt von Triumph berichtete sie ihm von dem Vorfall.
    »Umafutha«, knurrte er. »Umafutha und ihr Bruder, Khayi. Ich bring den Kerl um.« Er wollte aus der Küche stürmen, doch sie hielt ihn fest.
    »Unsinn, Khayi hast du selbst nach Natal gejagt, und Umafutha wirst du nichts beweisen können. Unserem Kind ist nichts passiert, und mir geht es gut. Vielleicht begreift die alte Hexe nun, dass ihr Zauber einer Umlungu nichts anhaben kann, und lässt uns in Frieden. Wenn du ihr etwas antust, bringst du auch alle anderen Sangomas gegen uns auf, und vielleicht verspielst du sogar das Wohlwollen des Königs. Versprich mir, dass du es nicht tust.« Sie sagte ihm nichts von Zogiles Fluch; sie wollte die Worte durch Wiederholung nicht in ihrem Gedächtnis verankern.
    Seine Gesichtsmuskeln arbeiteten, doch dann wich die Spannung aus seinen Schultern. Er wischte sich über die Stirn und nickte. »Du hast Recht.
    Sie kann uns nichts anhaben. Das ist der beste Weg, trotzdem würde ich liebend gern Khayi noch einmal in die Mangel nehmen. Zwar ist er in Natal, aber hat mit Sicherheit Verbindung zu seiner Schwester. Glaub mir, er steckt dahinter.« Er spannte seine Oberarmmuskeln unter seinen Hemds-
    ärmeln, dass eine Naht platzte.
    »Versprich, dass du nichts unternimmst.«
    Er versprach es ihr, auch wenn es ihm schwer fiel.
    Ein leichter Wind war aufgekommen, und sie erschauerte unwil kürlich.
    Sie wunderte sich darüber, denn die Sommerhitze 629
    hing wie eine Glocke über dem Land, und Mensch und Tier suchten Schutz vor der sengenden Sonne. Die Vögel hatten sich tief ins Blättergewirr des Büschs zurückgezogen, Napoleon lag hechelnd im Schatten unter dem Tisch, Romeo neben ihm. Wieder fegte ein kleiner Windstoß über die Veranda, und sie bekam erneut eine Gänsehaut. Immer noch fröstelnd rieb sie sich die Arme und ging in den

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