1 - Schatten im Wasser
nächste Entwurf schon Gestalt an: Jabisa und Zogile bei der Arbeit im Kochhaus.
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KAPITEL 18
Der Hochsommer kam früh, mit glühender Hitze und gewaltigen Gewittern.
Die Flüsse schwollen an, Feuchtigkeitsschleier zogen übers Land, die Pflanzen wucherten, und aus Tümpeln und Sümpfen stieg wie giftiger Brodem das Fieber. Es kroch über die Hügel und in die Täler, säte seinen Samen von Leid und Tod. Weiße Händler starben irgendwo im Busch, ihre Pferde verhungerten neben ihnen, ganze Zulufamilien wurden ausgelöscht, und Mpandes Krieger wurden in so alarmierender Zahl dezimiert, dass der König einem Missionar erlaubte, sich in Zululand anzusiedeln, weil dieser viel von den Krankheiten des menschlichen Körpers verstand.
Catherine strotzte vor Gesundheit. Ihr Glück schützte sie wie eine unsichtbare Mauer. Es gelang ihr, die Notizen über Heilpflanzen, die sie zwischen den Papieren ihres Vaters gefunden hatte, endlich völlig zu entziffern, aber aus einem der Bücher, das die Termiten glücklicherweise nur gering beschädigt hatten, zog sie das meiste Wissen. Anhand der Abbildungen konnte sie zahlreiche der Kräuter bestimmen, die auch Sicelo verwendete. Die meisten wuchsen in der unmittelbaren Umgebung ihres Hauses. Stundenlang streifte sie auf Inqaba herum, suchte Pflanzen, experimentierte und schrieb alles akribisch auf. Nur das Fieberkraut fand sie nicht, und so hütete sie das kleine Bündel, das nach Johanns Rückfall übrig geblieben war, hütete es wie ihren Augapfel.
Bei Sicelos Mutter Mandisa, die eine ausgezeichnete Töpferin war, gab sie zwei Dutzend kleine Tonkrüge in Auftrag. Sie bezahlte mit Glasperlen, die sie bei einem der fliegenden Händler gegen eine gepökelte Rindskeule und den Balg eines langschwän- zigen Witwenvogels, der kürzlich im Wasserreservoir ertrunken war, eingetauscht hatte. Die prächtigen Schwanzfedern würden bald die Federkrone eines hochrangigen Zulus schmücken.
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Sie köchelte für Tage, zerstieß Verkohltes zu Puder und mischte es mit Wasser, rührte Breis und brühte Tees auf. Al es füllte sie in die Töpfchen, beschriftete sie und spannte Schweineblasen darüber. Die trockneten, zogen sich zusammen und verschlossen ihre kostbaren Mischungen luftdicht. Sie stellte sie in die kühlste Ecke ihrer Vorratskammer und präsentierte sie stolz ihrem Mann. »Meine Apotheke«, strahlte sie. »Sogar eine Salbe, von der ich sehr hoffe, dass sie gegen Natalgeschwüre wirkt, habe ich entwickelt.«
Die kostbare Rinde des Kampferbaums, von dem es nur ein einziges Exemplar im Garten der Sinclairs gab, Silberweiden- und verkohlte Kaffirbaumrinde und der eingekochte Aufguss aus Kamil enblüten waren die Zutaten, die sie in ausgelassenes weißes Brustfett eines Hippopotamus eingerührt hatte, bis die Mischung zu einer steifen Salbe erkaltet war.
Von Jabisa, Sicelos kleiner Schwester, hörte sie, dass ihr Bruder krank in seinem Umuzi lag, und am selben Abend trottete einer von Dan de Vil iers Treibern mit der Nachricht auf den Hof, dass es auch dem Schlangenfänger schlecht ginge. Catherine schickte Jabisa in die Küche, um dem Boten Maisbrei, Fleisch und einen Krug Bier zu holen. »Was plagt den Schlangen- fanger?«, fragte sie den Mann.
»Uqhuqho. Es schüttelt ihn«, antwortete er und führte als Demonstration einen veritablen Veitstanz auf, dass die Kuhschwänze um seine Hüften auf alarmierende Weise hüpften.
Malariafieber also, und offenbar ziemlich schlimm, dachte Catherine und verfluchte schweigend dieses Land, unter dessen verführerisch schöner Oberfläche alle Teufel der Hölle lauerten. Sie zupfte einige Blätter von ihrem getrockneten Kraut, um einen Brei zuzubereiten, und fand, dass in dem Tongefäß ein Überrest der Fiebermedizin zu einem festen Keks getrocknet war. Nachdenklich zerbröselte sie die Masse zwischen den Fingern. Nur das Wasser war verdunstet, eigentlich mussten die Wirkstoffe noch vorhanden sein, überlegte sie und erinnerte sich an die Experimente von Doktor Borg, der verschiedene Heilkräuter zerhackt, erwärmt, getrocknet und daraus Pastil en her-618
gestellt hatte, die leicht in einem Döschen zu transportieren waren.
Vorsichtig kostete sie einen Krümel und stellte fest, dass er, vom Speichel durchnässt, genauso bitter war wie der ursprüngliche Brei. Vielleicht wusste Pierre etwas darüber. Es war ihr schon zur Gewohnheit geworden, bei fast allen Problemen Pierre nach seiner Meinung zu befragen.
Der Franzose zerrieb ein paar
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