1 - Schatten im Wasser
in den Nacken gelegt, schaute sie andächtig hinauf zum Himmel. »Sieh, die Sterne funkeln wie Mil ionen kostbarer Diamanten, und dort ist das Kreuz des Südens. Noch nie habe ich es so klar und prächtig gesehen.« Sie lehnte ihren Kopf an seine
Schulter. Ihr Herz tat weh, so schön war es.
*
Viktoria wuchs schnell. Catherine spürte ihr Gewicht, wenn sie sich die Kleine auf Zuluart in einem Tuch auf den Rücken band, während sie im Garten arbeitete oder Kräuter suchte. Sie wurde zu einem vertrauten Anblick, die junge weiße Frau in Männerhosen mit ihrem Baby, das sie wie eine Zulu trug, selbst wenn sie auf dem Pferd saß. Ab und zu besuchte sie Sicelos Umuzi, denn seine erste Frau Notemba hatte auch ein Kind geboren. Viktoria und der kleine Ziko lagen dann gemeinsam auf einem Antilopenfell vor Notembas Hütte, und die beiden jungen Mütter ergötzten sich an ihren munteren Kleinen. Sicelos zweite Frau, Nomiti, die sich äußerlich durch nichts mehr von einer
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Zuluehefrau unterschied, erwartete in drei Monaten ihr erstes Kind. Ihr Bauch unter dem Rindshautrock wölbte sich schon deutlich.
»Ich bin mit großer Freude und Stolz erfüllt, die Erwartungen meines Ehemannes nicht zu enttäuschen«, erklärte sie Catherine in ihrem fehlerlosen, geschliffenen Französisch und ging, einen Tonkrug auf dem Kopf balancierend, zum Wasserloch. Catherine sah ihr nach, dieser wunderschönen, braun schimmernden Göttin der Fruchtbarkeit, konnte immer noch nicht begreifen, wie sie ihre Metamorphose unbeschadet überstanden hatte. Ihre weißen Eltern hatten ihr den stolzen Brautpreis zum Geschenk gemacht, und seither war Sicelo ein vermögender Mann.
Mandisa schaute oft nach Viktoria. »Ich habe ihr Leben gerettet und bin nun verantwortlich dafür«, erklärte sie, brachte der Kleinen glatt polierte Holzstücke zum Spielen und einen besonders schönen Perlengürtel, der genau um Viktorias runden, kleinen Bauch passte.
*
Weihnachten feierten sie gemeinsam mit Pierre bei Mila, und wie Catherine es insgeheim erwartet hatte, verkündeten die beiden beim Nachmittagstee ihre Verlobung.
»So, du hackst mir damit meine rechte Hand ab«, knurrte Johann. »Wer soll dich auf Inqaba ersetzen, he?« Obwohl er lächelte bei diesen Worten, war es ihm bitter ernst. Charlie Sands war noch nicht so weit. Er war gewissenhaft, aber etwas langsam in seiner Auffassungsgabe.
Pierre winkte ab. »Mach dir keine Sorgen, Charlie bringe ich auf Vordermann. Wenn er erst einmal etwas kapiert hat, weicht er kein Jota davon ab, das hat auch seine Vorteile.«
»Sind wir die Einzigen, die mit euch feiern?«, fragte Catherine. Sie waren schon am Abend vorher in ihrem Ochsengespann angekommen, und morgen war Weihnachtsabend. Sie knöpfte ihr Kleid auf und schob Viktoria ihre Brustwarze in den Mund.
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Mila antwortete: »Nein, nein. Es kommen noch mehr, unter anderem ein Landsmann von dir, Johann. Graf Bernitt aus Bayern. Ein sehr charmanter Mensch. Eigentlich solltet ihr ihn kennen, er war auch auf Lil y Sinclairs Fest. Ihr müsstet ihn getroffen haben. Er sieht fantastisch aus und hat eine unglaubliche Ausstrahlung. Die Frauen umschwärmen ihn wie die Motten das Licht.«
Catherine fuhr hoch, ihre Brust rutschte aus Viktorias gierigem Mündchen. Die Kleine protestierte lautstark und griff danach, spuckte dabei ein wenig Milch auf das Kleid ihrer Mutter, die einen schmierigen Fleck hinterließ. Dankbar für die Gele genheit, nicht sofort reagieren zu müssen, rieb Catherine heftig darauf herum.
»Bernitt?«, fragte da Johann langsam. »Konstantin von Bernitt?«
»Genau der«, nickte Mila. »Er ist ein prächtiger Unterhalter und wunderbarer Tänzer.«
Er sah seine Frau von der Seite an. »Hieß nicht so der Freund der Familie, den du mich damals gebeten hast zu suchen, Liebling?«
»Ja«, krächzte sie und wünschte sich weit weg.
»Hast du ihn bei Lil y denn gesehen?« Seine Stimme war ausdruckslos.
»Jabisa, bitte wechsle Viktorias Windeln«, sagte sie schnell und übergab ihre kleine Tochter dem jungen Mädchen. Gehorsam verschwand diese mit dem Baby auf dem Arm im Haus. Catherine sah ihren Mann nicht an. Der Moment, vor dem sie sich so lange gefürchtet hatte, war gekommen. Sie räusperte sich. »Ja, ich habe ihn gesehen, aber nur ganz kurz. Die anderen Damen hingen in dichten Trauben um ihn herum. Es gab einfach keine Gelegenheit, euch bekannt zu machen.« Das wenigstens war die Wahrheit.
»Und dann habe ich es ehrlich gesagt
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