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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Kopf und schnüffelte, sog die Luft ein wie ein witterndes Tier.
    »Die Umlungu«, ächzte sie. »Ist das die Umlungu, die mir meine Seele stahl?«
    Catherine wurde es eiskalt, sie wollte schon aufspringen und fliehen, aber da geschah etwas, das sie völlig um ihre Fassung brachte. Die alte Frau hob langsam ihre Hand und streckte sie ihr entgegen. Es war eine Geste, die so klar sprach, als hätte sie Worte benutzt. Sie bat um Hilfe.
    Instinktiv griff Catherine zu. Die zitternde Hand in ihrer war klein und hart, wie eine Vogelklaue. Mit der anderen Hand griff Umafütha in die goldene Seide über ihrem Schoß und zerknüllte sie. Der brüchige Stoff zerfiel. Ein Teil des rechten Beins lag frei.
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    »O Gott«, brach es wieder aus Catherine heraus. Das Bein war eine wimmelnde Masse von weißlichen Würmern. Der Oberschenkelknochen lag frei, hörte da auf, wo sich das Knie hätte befinden müssen. Der Gestank war unsäglich.
    Johann beugte sich vor und presste Viktoria dabei fest an sich. »Das war ein Tier«, sagte er, »ein sehr großes Tier.«
    »Wir müssen ihr helfen«, sagte Catherine. »Sie muss entsetzliche Schmerzen haben. Wir müssen das Bein irgendwie reinigen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Es hat keinen Zweck. Sie überlebt die nächste Stunde nicht. Der Wundbrand hat sich zu weit ausgebreitet.« Er hatte die deutlichen Zeichen des nahen Todes erkannt. »Ich hole Trinkwasser, das ist jetzt das Wichtigste. Sie ist ja völlig ausgetrocknet.«
    »In meiner Satteltasche habe ich einige meiner Medikamente, bitte bring sie mit.«
    Johann kehrte schnell zurück und stützte die sterbende Sangoma, während Catherine ihr tropfenweise Wasser einflößte. »Es ist unwürdig, dass ein Mensch so stirbt. Ich muss diese widerlichen Würmer entfernen«, sagte sie. Dann erhitzte sie etwas Wasser, das sie von den Wänden aufgefangen hatte, auf der Glut und goss es über das, was von dem Bein übrig war, bis alle Maden weggespült waren.
    »Yabonga ghakulu, Umlungu«, hauchte die Alte und verzog ihren zahnlosen Mund zu der Grimasse eines Lächelns.
    Catherine starrte in diese fast blinden Augen. »Sie hat mich wirklich erkannt«, sagte sie mit schwankender Stimme. Die Tränen liefen ihr übers Gesicht, während sie aus ihren Kräutern und Medikamenten einen Trank gegen die entsetzliche Qual Umafuthas mischte. Dann setzte sie der Alten den Becher an die Lippen. »Trink, Umafutha. Es wird dir die Schmerzen nehmen.«
    Gehorsam nahm diese den starken Aufguss aus wildem Dagga zu sich, der auch Onetoe-Jack bei seinem Schlangenbiss Erleichterung gebracht hatte. »Yebo«, murmelte sie dabei und nickte. Dann schloss sie ihre Augen.
    Al mählich wurden ihre mühsamen Atemzüge seltener und ruhiger, die Schmerzenslinien glät
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    teten sich, ihr altes Gesicht entspannte sich, wurde kleiner. Es war, als fielen Jahre von ihr ab.
    Catherine und Johann saßen neben ihr und begleiteten sie auf ihrer letzten Reise. Die einzigen Laute in der hohen, dämm- rigen Höhle waren das Girren und Glucksen der kleinen Viktoria und das stetige Tropfen des Wassers. Irgendwann hob sich die zerschlissene goldgelbe Seide über Umafüthas Brustkasten zum letzten Mal und fiel dann langsam zusammen.
    »Sie hat es geschafft«, flüsterte Catherine erstickt und kämpfte um Fassung.
    »Sie hat dich erkannt, und sie hat dir vertraut, ausgerechnet dir«, sagte Johann und versuchte eine Erklärung dafür zu finden, dass er plötzlich eine Kraft in dem stil en Gewölbe spürte, die sich wie die Wellen in einem Teich ausdehnte, in den man einen Kiesel geworfen hatte. Das Zentrum dieser Kraft schien seine Catherine zu sein. Er blieb in der Hocke sitzen und starrte auf die winzige, braune Gestalt in dem zerschlissenen Seidenkleid der Donna Elena, die vor dreihundert Jahren im Busch verschollen war. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, und er stand auf, um die Beklemmung abzuschütteln, die sich seiner bemächtigt hatte.
    »Wir können sie so nicht liegen lassen, wir sollten sie beerdigen«, sagte Catherine leise.
    Die alte Sangoma war leicht wie eine Feder, als sie ihre Leiche in die flache Grube legten. Johann hatte einen Stein gespalten, und sie hatten das Grab mit diesen Steinkeilen gegraben. Der goldene Steckknopf fiel bei der ersten Berührung ab, und das Seidenkleid löste sich auf. Catherine steckte den Juwelenknopf in ihre Hosentasche. Dann bedeckten sie den Leichnam mit den Seidenfetzen, schoben die Grube zu, und Johann wälzte mehrere große Steine

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