1 - Schatten im Wasser
schrumpfte.
Johann deckte es mit Grasmatten ab, trotzdem sank der Wasserspiegel.
Sie mussten das kostbare Nass sparen, wo sie konnten. Eine Reise nach Durban, um einige der Goldstücke in Rixdollars oder Pfund und Schil ing umzutauschen, war in dieser sengenden Hitze, ohne die Sicherheit, unterwegs genug Wasser zu finden, mit einem Kleinkind vollkommen ausgeschlossen.
Das sah sogar Catherine ein, vor allem, weil Viktoria in letzter Zeit unter Durchfall litt. Trug sie die Kleine nicht auf dem Rücken, lag sie neben ihr auf einer Decke, selbst während der Gartenarbeit, und steckte alles in den Mund, dessen sie habhaft werden konnte. Sie hatte wohl das Falsche erwischt. Seufzend fügte Catherine sich.
Den Händler, der kurz darauf auf den Hof führ, Strohhüte, Schokolade, Baumwollstoff, Samtbänder und einen himmlisch schönen Schal aus China vor ihren leuchtenden Augen ausbreitete, musste sie wegschicken. Als er peitschenknallend seinen Ochsenkarren wendete, rannte sie ins Schlafzimmer, warf sich aufs Bett und schrie, so laut sie konnte. Aber sie biss dabei ins Kissen, sodass niemand sie hören konnte, nicht einmal die kleine wollige Jabisa, die sehnsuchtsvoll die Schätze des Händlers bestaunt hatte.
Johann beobachtete mit Sorge, wie stil seine Frau wurde, ihre Miene grimmiger und ihr Verhalten oft brüsk. Der März, sonst ein regenreicher Monat, verging, ohne dass es auch nur einmal richtig ergiebig geregnet hätte. Getröpfelt, ja, auch ging ein- oder
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zweimal ein Schauer nieder, aber die Nässe drang nicht in die harte Erde, sondern verdunstete an der heißen Oberfläche. Die Sonne sog den Menschen die Feuchtigkeit aus den Poren, die Milch der Mütter versiegte, Säuglinge starben. Die allgemeine Lage in Zululand war verzweifelt.
Plötzlich hatte Johann genügend Leute, die für ihn arbeiten wollten, aber keine Arbeit. Es gab nichts zu ernten, keine Felder zu bestellen, kaum eine Kuh gab noch Milch. Das Land verbrannte unter der erbarmungslosen Sonne zu schmutzigem Graubraun. Charlie Sands packte sein Bündel und machte sich zu Fuß nach Durban auf, um sich nach Australien einzuschiffen und auf den Goldfeldern sein Glück zu suchen.
*
Al mählich wich die Hitze, und der Winter sickerte über die Hänge der Dralcensberge nach Zululand, der Himmel war klar, und die Nächte wurden angenehm kühl. Es fiel Regen, aber nie genug. Johann stellte zwanzig Zulus ein, die im Flussbett gruben, bis sie auf Wasser stießen. In einer Menschenkette trugen sie es eimerweise zum Haus, bis sie zumindest genug hatten, um kochen zu können, und für ihre persönliche Hygiene. Danach ließ er die Fässer füllen, die sonst als Vorrat für Reisen mit dem Ochsenwagen benutzt wurden, und transportierte sie auf die Weide zu den Rindern. Tagelang karrte er die Fässer voll hin und leer zurück, dann trieb er seine Herde hinunter zu einem verschlammten Wasserloch, wo das Gras, gespeist vom Grundwasser, stellenweise noch grün war. Ziegen und Schafe aber musste er sich selbst überlassen. Sie starben zu Dutzenden, und nur die Hyänen wurden fett und brachten ihre Jungen durch. Riesige Vogelschwärme besuchten ihr kostbares Wasserreservoir, saßen in dichten Reihen auf dem Rand, fielen zu Dutzenden hinein und ertranken in dem verzweifelten Bemühen, ein paar Tropfen trinken zu können. Jabisa und Sihayo bewarfen sie mit Steinen, um sie zu vertreiben, und wurden bald recht zielsicher. Die getroffenen Vögel steckten sie in ihren Kochtopf und brachten ihren Familien die, die sie nicht selbst aßen.
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Mila und Pierre kamen als einzige Gäste zu Catherines Geburtstag. Die Stimmung war gedrückt, denn kurz vorher hatte ein Buschfeuer einen großen Teil von Milas Haus zerstört. Die Steinachs erfuhren erst davon, als Mila zwei Tage vor ihrem Geburtstag in Begleitung zweier Zulus auf ihrem Planwagen auf den Hof ratterte. Bis in die Knochen erschöpft, bat sie mit grimmigem Humor um Asyl.
Es war so schnell gegangen, berichtete sie, dass sie froh war, mit heiler Haut davongekommen zu sein. Ein plötzlicher Windstoß hatte das Kochfeuer verwirbelt, Funken flogen aufs Dach, und Sekunden später stand das Haus in hellen Flammen. Das Feuer griff aufs Maisfeld über, überbrückte mit Leichtigkeit einen breiten Weg und fiel über ihren Garten und den angrenzenden Busch her.
»Ich habe gekämpft wie ein Berserker. Eimer um Eimer Wasser hab ich mit meinen Zulus ins Feuer geschüttet, sogar versucht, eine Schneise zu schlagen ...«Ihre
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