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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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darüber.
    »Sie trug Donna Elenas Kleid, also muss die Leiche des Mädchens hier auch irgendwo sein«, sagte er, während sie sich, so gut es ging, den Dreck von den Händen kratzten.
    Sie nickte. Im fahlen Licht, das durch die Öffnung im Kavernendach fiel, untersuchten sie die Höhle, jede Vertiefung, jede 708
    Unebenheit, jede Stelle, die sich auf irgendeine Weise von ihrer Umgebung abhob.
    »Nichts. Gar nichts«, sagte Catherine, kniff ihre Augen zu Schlitzen zusammen und ließ sie über die Höhlenwände wandern. »Ich spüre, dass hier etwas ist. Ich fange noch einmal von vorn an.« Mit dem Steinkeil schabte sie an verschiedenen Stellen den Lehm von den Wänden. Unter einem Überhang entdeckte sie eine Spalte zwischen zwei Steinen. »Hier liegt etwas«, rief sie und langte mit hart klopfendem Herzen hinein. Sie förderte einen Becher und einen verbogenen Silberlöffel zutage. Die Innenseite des Bechers war völlig verkrustet. »Donna Elena war offenbar nicht gewohnt, ihr Geschirr selbst zu waschen«, bemerkte sie, und ihre Spannung löste sich in befreitem Lachen.
    Doch Elenas Leiche fanden sie nicht, nicht die geringste Spur.
    »Sie war hier, das beweist ihr Kleid, und sie hat hier eine Zeit lang gelebt, das beweisen Becher und Löffel. Wohin ist sie danach gegangen?«
    Sie nagte an ihrem Daumen.
    »Wie hättest du dich verhalten?«, fragte da Johann.
    Catherine schloss die Augen, flog drei Jahrhunderte zurück, ließ den Horror, den die junge Elena erlebt haben musste, in ihre Adern fließen. Das junge Mädchen hatte ihre Mutter und Geschwister unter entsetzlichen Umständen verloren, ihr Vater war völlig von Sinnen in den Busch gerannt.
    »Ich hätte meinen Vater gesucht, den Einzigen, der von der Familie noch am Leben war«, sagte Catherine, ohne die Lider zu heben. »Seine Spur wird sie schnell gefunden haben, denn er wird sich keine Mühe gegeben haben, Geräusche zu vermeiden und Spuren zu verwischen. Er hatte nichts mehr zu verlieren.« Sie konzentrierte sich. »Die einzigen Überlebenden haben berichtet, dass Dom de Vila Flor mit zweien seiner Offiziere das Gold vergraben hat, bevor sie sich ergaben, und dass er allen Schmuck seiner Frau mit sich nahm, als er verschwand.« Wieder machte sie eine Pause, während Johann sie mit atemloser Faszination beobachtete. »Dom Alvaro hätte das Gold nie nur irgendwo versteckt, er hätte einen Ort gewählt, der vergleichsweise sicher und schwer zu finden war.«
    »Eine Höhle«, sagte Johann.
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    »Eine Höhle«, bestätigte sie, »und Donna Elena hat davon gewusst. Sie muss es gewusst haben. Wäre ich sie gewesen, hätte ich mein Lager in dieser Höhle aufgeschlagen und dann meinen Vater gesucht.« Jetzt öffnete sie ihre Augen. »Ich hätte mein Kleid ausgezogen, weil es weithin zu sehen war, und wäre in meiner Unterwäsche weitergelaufen. Es war Winter in Natal, ein kalter Winter, und sie hat eine Matrosenhose unter ihren Röcken getragen. Sie hat diesen unglaublichen, monatelangen Gewaltmarsch quer durch Natal überlebt, ihr wird es egal gewesen sein, ob es schicklich war oder nicht. Ich denke, sie ist in diesen Hosen weitergelaufen, um ihren Vater zu suchen, und sie wird nichts von dem Gold mitgenommen haben.
    Es wäre zu schwer gewesen.«
    »Es muss also noch hier sein«, sagte Johann.
    »Es muss noch hier sein«, bestätigte sie. »Wir müssen noch einmal von vorn anfangen. Als Erstes brauchen wir mehr Licht.«
    Johann suchte mehrere Holzscheite, entzündete sie und steckte einige in Felsspalten, gab ihr einen und hielt die anderen hoch. Zoll für Zoll suchten sie die Höhle noch einmal ab. »Achte auf Verfärbungen, auf Stellen, die anders aussehen als ihre Umgebung«, sagte er. »Ich hätte das Gold nicht im Boden vergraben, es hätte einfach zu lange gedauert, ein tiefes Loch in diesen harten Boden zu schaufeln. Ich hätte versucht, es hinter
    Steinen in der Wand zu verbergen.«

    *
Der Schatz des Dom Alvaro de Vila Flor lag ganz offen da, sie hätten ihn längst gefunden, hätten sie nur genau hingesehen. Catherine entdeckte ihn, als sie sich auf den altarförmigen Vorsprung setzen wollte, um sich auszuruhen, und vorher die Oberfläche sauber wischte, wobei sie feststellte, dass es keine solide Felsplatte war. Mit dem scharfen Stein schabte sie den Lehm herunter und fand, dass der Altar von Menschenhand aufgeschichtet worden war. Er bestand aus runden, fest mit Lehm verschmierten Steinen. Sie rief Johann, und danach ging alles sehr

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