1 - Schatten im Wasser
schnell.
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»Ich hab's«, flüsterte Johann, und seine Stimme klang wie Sandpapier auf Holz.
In den brettharten, zerfallenen Überresten des Ledersacks, der noch die Bruchstücke eines Wappens trug, schimmerten die Goldstücke in so reinem Glanz, als wären sie frisch geprägt worden.
»Nimm eins heraus«, sagte er leise, und sie tat es.
Schwer und von eigenartiger Wärme lag das Goldstück auf ihrer Handfläche. Es trug ein Balkenkreuz im Kranz einer Inschrift. »Hoc Signo Vinces. Emanuel Punkt R Punkt Portugalie«, buchstabierte sie und drehte die Münze um. Ein Wappen, gekrönt von einer mehrzackigen Krone, leuchtete ihr entgegen. »Ethiopie, Arabie, Persie«, las sie vor. »Mehr kann ich nicht entziffern.«
»Der größte Teil des Goldes wird bei Hochwasser aus der Höhle gespült worden sein, aber es reicht immer noch«, sagte Johann und stand auf. »Wir brauchen etwas, um das Gold zu transportieren. Ich bin gleich wieder da.«
Eine halbe Stunde später kehrte er mit einer seiner Satteltaschen zurück.
Catherine griff in die Goldmünzen, sie gaben einen satten, vollen Ton. Mit beiden Händen schaufelte sie das Gold in die Tasche, vier Hand voll wurden es. Am Grund des zerfallenen Sacks lag eine prächtige goldene Kette. Vor Verzückung funkelnd, legte sie sich die schwere Halskette um und drehte sich im Kreis. »Steht sie mir?«, rief sie.
Johann hob seinen brennenden Scheit und betrachtete sie. Ihre Haare hatten sich aus dem Knoten gelöst, den sie wegen der Hitze trug, ihr Hemd war verdreckt, die Hose mit getrocknetem Lehm verkrustet, aber ihre blauen Augen strahlten, ihre Zähne schimmerten im Feuerlicht, und ihre Haut hatte einen samtigen Glanz. »Du siehst aus wie eine Königin«, lächelte er. »Aber du solltest die Kette wieder abnehmen. Keiner darf von unserem Fund erfahren, es würde eine Lawine auslösen. Ich werde Isaac Lewin in Durban ersuchen, mir ein paar Münzen einzuwechseln. Er ist verschwiegen.«
Mit Bedauern folgte sie seinem Rat. Bevor sie ihren Fundort jedoch verließen, suchte sie die Umgebung ab, bis sie einen Büf 711
feldornbaum fand. Sie brach einen Zweig. »Ich werde Umafü- thas Seele heimbringen, das bin ich ihr schuldig«, sagte sie zu Johann.
Am nächsten Morgen machten sie sich mit ihren Begleitern vor Sonnenaufgang auf den Weg und ritten stramm durch. Catherine war in Hochstimmung, und die ganze Zeit träumte sie davon, wie ihr Leben sich jetzt ändern würde. Das Bild des weißen Schlosses nahm wieder Gestalt an.
Am Tag, nachdem sie Inqaba erreicht hatten, suchte sie Sicelo auf und berichtete ihm von dem Sterben der alten Sangoma, aber nicht, wo sie die Alte gefunden hatten, und bat ihn, den Büffeldornzweig zu dem Platz zu bringen, wo sie gelebt hatte.
Sicelo hörte ihr mit steigendem Erstaunen zu. »Umafutha?«, fragte er ungläubig, als sie zu dem Moment kam, wo ihr die Sterbende die Hand entgegenstreckte und um Hilfe bat.
Mit einem langen Blick auf die Frau seines Freundes Johann nahm er dann den Büffeldornzweig an sich.
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Von Onetoe-Jack und Dan de Vil iers hörten sie einige Tage später, dass sie auf der Spur des Grafen weit bis in den Nordosten vorgedrungen waren und schließlich die Jagd abbrechen mussten. »Wir waren nicht gut genug vorbereitet. Um diesen Menschen zur Strecke zu bringen, müssen wir eine große Jagdgesellschaft organisieren, mit Spürhunden und den besten Fährtenlesern. In der Kolonie kann er sich nicht mehr sehen lassen, jeder weiß dort Bescheid und würde ihn sofort gefangen nehmen. Wir kriegen ihn, das verspreche ich«, sagte Dan de Vil iers. »Ich werde Andrew Sinclair, Rupert Farrington und auch diesem Francis Court Bescheid sagen. Er ist ein hervorragender Schütze. Wir sollten gut zweihundert Leute zusammenkriegen, und dann geht es dem feinen Grafen an seinen hochwohlgeborenen Kragen.« Er wrang sein
Schnupftuch zwischen seinen Pranken, bis der Stoff riss.
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Jetzt hatten sie Geld, genug für alles, was Catherine sich wünschte, aber die Hitze ließ nicht nach. Die letzten Wasserlöcher trockneten zu lehmigen Pfuhlen, die Wildtiere zogen in großen Herden davon, und die Rinder magerten ab, weil das Gras nicht nachwuchs. Die Früchte auf den Feldern waren klein und verkrüppelt, selbst die Ananas hatten nur die halbe Größe, lediglich Thymian, Rosmarin und Majoran gediehen in Inqabas Kräutergarten auf dem krümeltrocknen Boden. Das Schlimmste aber war, dass der Wasservorrat ihres eigenen Reservoirs täglich
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