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1 - Wächter der Nacht

1 - Wächter der Nacht

Titel: 1 - Wächter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Binden benutzt.«
    »Wie jeder normale Mann, der regelmäßig Fernsehen guckt, habe ich es darin bereits zur Vollkommenheit gebracht. Man tränkt die Binde mit einer giftblauen Flüssigkeit und drückt sie dann kräftig mit der Faust aus.«

Zwei
    Ich verließ das Arbeitszimmer und blieb kurz stehen, gegen die Versuchung umzukehren ankämpfend.
    Jederzeit hätte ich aus dem Plan aussteigen können, den der Chef entwickelt hatte. Hätte nur kehrtmachen, ein paar Worte zu ihm sagen müssen – und Olga und ich wären in unsere eigentlichen Körper zurückgelangt. Nur dass ich in der letzten halben Stunde genug gute Gründe zu hören bekommen hatte, um einzusehen, dass der Körpertausch die einzige praktikable Antwort auf die Provokation seitens der Dunklen darstellte.
    Schließlich wäre es dumm, auf die rettende Behandlung zu verzichten, nur weil Spritzen wehtun.
    Die Schlüssel zu Olgas Wohnung lagen in meiner Handtasche. Neben Geld und einer Kreditkarte in einem winzigen Portemonnaie, einem Kosmetiktäschchen, einem Taschentuch, Binden – wozu das denn, die würde ich ja doch nicht brauchen –, einer angebrochenen Packung Tic Tac, einem Kamm, allerlei Kleingeld in den Tiefen der Tasche, einem Spiegel, einem fitzeligen Mobiltelefon …
    Die leeren Taschen der Jeans erweckten dagegen unwillkürlich das Gefühl, etwas verloren zu haben. Kurz kramte ich in ihnen herum, in der Hoffnung, wenigstens eine schäbige Münze zu finden, fand jedoch nur meine Überzeugung bestätigt, dass Olga wie die meisten Frauen alles in der Handtasche trug.
    Die leeren Hosentaschen waren gewiss nicht der schlimmste Verlust an dem Tag. Trotzdem ärgerte mich dieses Detail. Ich stopfte einige Geldscheine aus der Handtasche in die Hosentasche und fühlte mich gleich sicherer.
    Nur schade, dass Olga keinen MD-Player hatte …
    »Hallo.« Garik kam auf mich zu. »Ist der Chef allein?«
    »Er hat … hat Besuch … Anton«, antwortete ich.
    »Ist was passiert, Olga?« Garik schaute mich aufmerksam an. Ich weiß nicht, ob er etwas spürte: die fremde Intonation vielleicht, die unsicheren Bewegungen oder die neue Aura. Doch wenn schon ein Fahnder, mit dem weder Olga noch ich sonderlich viel zu tun hatten, den Tausch merkte, dann konnte ich mich gleich vergessen.
    Aber jetzt lächelte Garik unsicher und schüchtern. Das kam völlig unerwartet: Mir war noch nie aufgefallen, dass Garik mit den Mitarbeiterinnen der Wache zu flirten versuchte. Selbst Menschenfrauen lernte er nur schwer kennen, in Liebesdingen war er ein erstaunlicher Pechvogel.
    »Nein. Wir haben uns etwas gestritten.« Ich drehte mich um und ging zur Treppe, ohne mich von ihm zu verabschieden.
    Das war die Version für die Nachtwache – für den unwahrscheinlichen Fall, dass sich bei uns ein Agent eingeschlichen hatte. Soweit ich wusste, war das erst ein- oder zweimal in der Geschichte der Wache vorgekommen, aber wer weiß … Sollten ruhig alle denken, Boris Ignatjewitsch habe sich mit seiner langjährigen Freundin verzankt.
    Grund genug dafür gab es. Hundert Jahre lang war sie in seinem Arbeitszimmer eingesperrt gewesen, ohne Menschengestalt annehmen zu können, war jetzt zwar teilweise rehabilitiert, hatte aber den Großteil ihrer magischen Fähigkeiten eingebüßt. Das sollte ja wohl ausreichen, um sauer auf ihn zu sein … Zumindest ersparte es mir diese Version, die Freundin des Chefs zu mimen – was des Guten nun doch zu viel gewesen wäre.
    In solche Gedanken versunken, ging ich in den zweiten Stock hinunter. Ich musste zugeben, dass Olga alles getan hatte, um mir das Leben leichter zu machen. Heute hatte sie sich Jeans angezogen, nicht wie sonst ein Kostüm oder ein Kleid, dazu Turnschuhe statt hochhackiger Pumps. Noch nicht einmal der leichte Parfümgeruch wirkte zu benebelnd.
    Es lebe die Unisexmode, auch wenn sie von Homosexuellen erfunden wurde …
    Ich wusste, was ich jetzt tun musste, wusste, wie ich mich verhalten musste. Trotzdem fiel es mir nicht leicht. Nicht zum Ausgang zu gehen, sondern in einen abgelegenen ruhigen Korridor abzubiegen.
    Und in die Vergangenheit einzutauchen.
    Krankenhäuser sollen ja ihren eigenen unverwechselbaren Geruch haben. Natürlich. Das verwundert nicht weiter, es wäre sogar seltsam, wenn den Chlorlösungen und Schmerzen, Sterilisatoren und Wunden, der Krankenhausbettwäsche und dem nach nichts schmeckenden Essen nicht ein eigener Geruch anhaftete.
    Doch woher haben bitte schön Schulen und andere Lehreinrichtungen ihren eigenen

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