10 - Der Ölprinz
letzten Tagen mit euch geschehen ist. Übrigens seid ihr mir nicht ganz unbekannt. Winnetou und ich haben euch schon gesehen.“
„Ah! Wann und wo?“ erkundigte sich der Bankier.
„Einen Tagesritt hinter dem Pueblo, wo ihr des Abends am Bach saßet. Wir krochen unter den Bäumen so nahe zu euch hin, daß wir euer Gespräch hören konnten.“
„Good luck!So erfuhrt ihr wohl, daß es sich um einen Petroleumsee handelte?“
„Ja.“
„Und daß wir nach dem ‚Gloomy-water’wollten?“
„Wo es kein Petroleum gibt, ja, das hörten wir.“
„Ihr meintet, daß es hier keins geben könne? Warum ließet ihr euch da nicht sehen? Warum warntet ihr uns nicht?“
„Warum? Weil es sich fragt, ob ihr uns geglaubt hättet. Ihr seid ja auch schon vorher von andrer Seite gewarnt worden, ohne daß es gefruchtet hat. Übrigens hatten wir keine Zeit, uns sogleich mit eurem famosen Ölprinzen abzugeben. Wir mußten nach dem Pueblo, um die Gefangenen zu befreien.“
„Das ist euch gelungen, Sir?“
„Wie ihr seht, ja.“
„Wer hat euch da geholfen; Ihr hattet noch andre bei euch, Westmänner, erfahrene Prärieleute?“
„Nein; wir waren allein.“
„Allein?“ rief Rollins aus, indem er vor Erstaunen die Augen weit öffnete. „Ihr beide allein? Und da habt ihr die Gefangenen befreit?“
„Ja“, antwortete Old Shatterhand, innerlich belustigt über die ungeheure Verwunderung des Bankiers.
„Das ist aber doch gar nicht möglich! Zwei Männer! Niemand weiter dabei! Wie habt Ihr das nur angefangen, Sir?“
„Das laßt Euch später einmal erzählen, Mr. Rollins. Jetzt möchten wir von Euch erfahren, wie Ihr vom Pueblo entkommen seid und was dann bis jetzt geschehen ist. Setzt Euch nieder und erzählt!“
Die ganze Gesellschaft nahm im Grase Platz, und der Bankier berichtete über die Erlebnisse der letzten Tage. Man kann sich denken, in welcher Weise er sich schließlich über Grinley, Buttler und Poller aussprach; da fiel ihm aber Old Shatterhand in die Rede: „Räsoniert nicht bloß über sie, sondern auch über euch, Sir! Ein solches Vertrauen, wie ihr diesen Kerls entgegengebracht habt, ist mir unbegreiflich. Und die – ich will sagen Harmlosigkeit, mit welcher ihr in die euch gestellte Falle gelaufen seid, ist mir recht unverständlich. Nehmt es mir nicht übel, aber ihr seid an dem, was euch betroffen hat, selber schuld. Ihr vertraut euch, beide allein, unerfahren und ohne allen Schutz, solchen Halunken an! Das ist stark!“
„Ich hielt Grinley für einen ehrlichen Menschen“, verteidigte sich Rollins kleinlaut.
„Pshaw! Dem spricht der Schurke doch gleich aus den Augen. Und wenn es sich um eine so hohe Summe, um ein solches Unternehmen handelt, trifft man doch ganz andere Vorbereitungen!“
„Das wollte er nicht. Es sollte alles heimlich betrieben werden.“
„Aha! Ist denn Mr. Baumgarten hier Sachverständiger in Beziehung auf Petroleum?“
„Nein.“
„Was seid ihr doch für Menschen! Ihr hättet doch wenigstens einen Fachmann mitnehmen müssen!“
„Grinley meinte, dies sei fürerst nicht nötig. Da das Petroleum offen auf dem Wasser schwimme, so bedürfe es nur eines Blickes, um mir zu beweisen, daß das Geschäft ein wahrhaft glänzendes für mich sei.“
„Und als ihr dann kamt und das schöne Öl so schwimmen saht, da wart ihr wohl ganz entzückt?“
„Natürlich! Ihr gebt doch zu, Sir, daß es hier ein ganz außerordentliches Placer für Öl ist?“
Old Shatterhand warf einen fast betroffenen Blick auf den Sprecher, ehe er antwortete: „Es scheint, ihr wißt selbst jetzt noch nicht, woran ihr eigentlich seid. Ihr haltet diesen See für ein natürliches Ölbassin?“
„Allerdings. Darin hat Grinley die Wahrheit gesagt; aber nachdem er meine Anweisung in den Händen hatte, sind wir niedergeschlagen und eingesperrt worden, um zugrunde zu gehen. Wahrscheinlich will er nun den See an einen zweiten verkaufen.“
„Habt ihr euch denn nicht in der Höhle umgeblickt?“
„Wie konnten wir das? Als wir aus unsrer Betäubung erwachten, war es finster um uns her. Aber es roch so gewaltig nach Petroleum, daß in der Höhle wahrscheinlich der eigentliche Quell des Petroleums zu suchen ist.“
„Das ist richtig; nur handelt es sich nicht um einen Quell, sondern um viele Quellen, welche aus hölzernen Dauben gefertigt sind.“
„Dauben? Ich verstehe Euch nicht.“
„Na, habt ihr euch denn auch jetzt nicht drin umgesehen?“
„Nein. Wir haben vor lauter Wonne für nichts
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