10 - Der Ölprinz
und laßt uns mit diesem eurem Ochsen in Ruhe! Wir haben mit dem Biest nichts zu schaffen.“
„Wahrscheinlich doch! Die Sache ist nämlich die, daß er fortgelockt und erstochen worden ist, mit einem schönen, regelrechten Stich zwischen die beiden betreffenden Wirbel, einem Stich, der den sofortigen und lautlosen Tod des Tieres zur Folge hatte. Das ist ganz die Art und Weise der Rinderdiebe, ihre Beute gleich in der Nähe abzuschlachten.“
„Well. So denkt ihr also, der Ochse sei euch gestohlen worden?“
„Das denken wir nicht nur, sondern wir sind überzeugt davon.“
„So jagt den Dieben nach! Vielleicht erwischt ihr sie. Das ist der einzige und beste Rat, den ich euch geben kann.“
„Wir haben ihn bereits befolgt. Sonderbarerweise nämlich fehlt an dem erstochenen Ochsen gerade nur die Lende!“
„Das finde ich nicht sonderbar, sondern ganz erklärlich. Die Diebe haben wohl gewußt, daß die Lende das beste und schmackhafteste Stück eines Rindes ist.“
„Well, sie sind also gleicher Ansicht mit euch gewesen, da ich ja sehe, daß euer Braten grad auch Lende war, wahrscheinlich die Lende eines Zugochsen, nicht aber diejenige eines Büffels.“
Da stand Buttler von der Bank, auf welcher er sitzen geblieben war, auf und fragte in drohendem Ton: „Was soll das heißen, Sir? Bringt Ihr etwa unsern Braten mit der Lende des gestohlenen Rindes zusammen?“
„Ja, das tue ich allerdings, und ich hoffe, daß ihr nichts dagegen habt.“
Im Nu hatte Buttler sein Gewehr in der Hand, und auch seine Gefährten sprangen auf, die ihrigen zu ergreifen.
„Mann“, rief er dem Führer zu, „wißt Ihr, was Ihr tut, was Ihr wagt? Wollt Ihr etwa behaupten, wir seien die Diebe, welche Ihr sucht? Seht diese zwölf Gewehre auf Euch gerichtet, und wiederholt die Anschuldigung, welche Ihr ausgesprochen habt!“
„Fällt mir nicht ein! Ich habe meine Pflicht getan und bin nun fertig. Ich bin der Führer der Männer, welche da hinter mir stehen; sie sind Deutsche und können nicht englisch sprechen. Was ich sagte, habe ich in ihrem Namen gesagt und kann nun gehen. Ich bin ihr Scout, aber nicht ihr Ochsenhirt; was nun zu tun ist, mögen sie selber tun.“
Er drehte sich um und ging fort. Dieser Mann hatte von seinem Standpunkt aus ganz recht; er war ein Mietling und tat nur das, wofür er bezahlt wurde. Er hatte eigentlich schon zuviel getan, indem er sich eines abhanden gekommenen Rindes wegen vor die drohenden Läufe dieser gefährlichen Leute wagte. Die Deutschen hatten wahrscheinlich gemeint, er werde diese Angelegenheit zu Ende führen, denn sie standen, als er sich entfernt hatte, zunächst wie ratlos da, bis dem alten Schmidt ein Auskunftsmittel in den Sinn kam. Er wendete sich nämlich an Sam Hawkens, welcher mit seinen beiden Freunden ruhig weitergegessen und scheinbar auf sonst nichts geachtet hatte: „Herr Falke, haben Sie gehört, was unser Führer gesagt hat?“
„So ziemlich“, antwortete der Kleine, indem er ein Stück Fleisch in den Mund schob.
„Wir haben es nicht verstanden. Hielt er diese Leute für die Diebe?“
„Ja.“
„Und das sagte er ihnen?“
„Ja.“
„Was war die Folge?“
„Die Folge? Hm, die Folge war, daß er dann fortging.“
„Alle Teufel! Soll ich mir etwa meinen Ochsen stehlen lassen?“
„Sollen? Sie haben sich ihn stehlen lassen, wenn ich mich nicht irre.“
Bei diesen letzteren Worten, auf welche er besonders aufmerksam gemacht worden war, horchte Schmidt auf. Dann fuhr er fort: „Das muß aber doch bestraft werden!“
„Von wem?“
„Vom Gericht. Und ich muß Schadenersatz bekommen!“
„Von wem?“
„Von den Spitzbuben.“
„So redet mit dem Gericht und auch mit den Spitzbuben.“
„Ich verstehe ja nicht englisch!“
„Ihr könntet auch nichts machen, wenn Ihr es verständet.“
„So helfen Sie mir doch! Sie sind ein Deutscher, also ein Landsmann von uns, und müssen sich unsrer annehmen.“
„Ich muß? Was könnt Ihr von der Hilfe eines Hanswurstes erwarten? Hättet Ihr meinen Rat befolgt, eure Wagenburg gebildet und Euer Vieh bewacht, so wäre Euch der Ochse nicht gestohlen worden. Ich kann nichts für Euch tun, gar nichts.“
„Aber hier sitzen, mit den Spitzbuben gemeinschaftliche Sache machen und von dem gestohlenen Braten essen, das können Sie wohl, nicht?“
„Ja, das kann ich, denn ich bin von ihnen zum Mitessen eingeladen worden, wenn ich mich nicht irre.“
Wieder horchte Schmidt auf, als er diese Worte hörte. Das war
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